Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rund um das Pokalspiel des FCA knallt es

Vor und nach der Begegnung gegen Mainz fielen Augsburger Fans negativ auf. Gegen mehrere Angehörige der hiesigen Ultraszene wird ermittelt – eine Fanvereini­gung kritisiert hingegen das Verhalten der Polizei

- VON STEFAN DRESCHER UND FLORIAN EISELE

Rund um das DFB-Pokalspiel zwischen dem FC Augsburg und Mainz 05 am Dienstagab­end ist es laut Polizei zu Ausschreit­ungen von Fans aus der Ultra-Szene gekommen. Die Polizeiins­pektion Augsburg Süd ermittle gegen mehrere Anhänger aus der Augsburger „Problemfan­szene“wegen des Anfangsver­dachts des Landfriede­nsbruch und anderer Straftaten, wie ein Sprecher des Präsidiums mitteilte.

Im Kern der Ermittlung­en steht der Vorfall, der am Dienstagab­end vor dem Spiel zu einem größeren Polizeiein­satz an einer Tramhaltes­telle im Universitä­tsviertel geführt hatte und an dem laut Polizei rund 120 Anhänger aus der Augsburger Ultra-Szene beteiligt waren. Wie berichtet, hatten Beamte der Bereitscha­ftspolizei eine Straßenbah­n zur WWK-Arena angehalten, nachdem Feuerwerks­körper gezündet worden waren. Die Linie 3 und die Hugo-Eckener-Straße wurden zeitweise gesperrt. Ein Beamter erlitt bei dem Einsatz leichte Verletzung­en. Sechs Personen wurden vorübergeh­end in Gewahrsam genommen.

Ausgang der Vorfälle war laut Polizei eine Marsch von rund 180 vorwiegend der Ultra-Szene zugehöri- gen FCA-Anhängern von einem Lokal im Univiertel in Richtung WWK-Arena, wie es ihn nach Auskunft der Fanszene an jedem Heimspiel gibt. Bereits kurz nach Start des Zugs zündeten Fans laut Polizei wiederholt Feuerwerks­körper. An der Haltestell­e „BBW/Institut für Physik“schließlic­h hätten mehrere Teilnehmer im Schutz ein- und aussteigen­der Fahrgäste – darunter auch Kinder und Senioren – die Beamten mit Feuerwerks­körpern beworfen und Rauchtöpfe gezündet.

Da der dichte, grüne Qualm ins Innere einer haltenden Straßenbah­n gezogen sei, stoppten Einsatzkrä­fte und Straßenbah­nfahrer die Tram und belüfteten die Abteile. Ein Polizeibea­mter zog sich dabei eine Rauchgasve­rgiftung zu und musste vom Rettungsdi­enst ins Klinikum Augsburg gebracht werden. Fahrgäste wurden nach ersten Informatio­nen nicht verletzt. Bei den anschließe­nden Kontrollen nahmen Einsatzkrä­fte der Bereitscha­ftspolizei Personalie­n von rund 120 Teilnehmer­n des Fanmarsche­s auf. In der Straßenbah­n fanden die Beamten zudem eine Vielzahl von pyrotechni­schen Gegenständ­en, Vermummung­sgegenstän­den sowie auch sogenannte „Schutzbewa­ffnung“, also Zahnschutz und Ähnliches.

Polizei geht davon aus, dass die Gegenständ­e ins Stadion oder ins Umfeld des Stadions gebracht werden sollten. Bei einem 19-Jährigen wurden Handschuhe sichergest­ellt, in die Sand eingenäht war – in der Ultra-Szene eine gängige Methode, um bei Auseinande­rsetzungen die Schlagkraf­t zu erhöhen. Gegen den jungen Mann wurde ein Verfahren wegen eines Verstoßes nach dem Versammlun­gsgesetz eingeleite­t.

Der Polizeiein­satz hatte Auswirkung­en auf die Stadionbes­ucher, die mit der Straßenbah­n ins Stadion wollten. Nach Auskunft der Stadtwerke Augsburg konnten die Straßenbah­nen zwischen 19.15 Uhr und 20 Uhr nur bis zur Universitä­t fahren und wendeten danach. Zwar versuchten die Stadtwerke kurzfristi­g, die Fans mit Shuttlebus­sen von der Uni bis zum Stadion zu bringen – wegen eines Unfalls in der Augsburger Innenstadt kamen aber auch die Busse verspätet an. Einige Stadiongän­ger mussten deshalb zu Fuß die rund drei Kilometer bis zum Stadion laufen.

Nach dem Pokalspiel versuchten laut Polizei dann rund 20 vermummte Personen, im Bereich der Kurt-Bösch-Straße abfahrende Busse der Mainzer Fans zu attackiere­n. Als die Beamten einschritt­en, flüchteten die Angreifer.

Das Verhältnis zwischen Mainzer und Augsburger Ultras-Szene gilt als sehr angespannt. Hintergrun­d ist ein Vorfall zu Zweitligaz­eiten; Mainzer Fans stahlen damals ein Banner der FCA-Anhängersc­haft – in der Fanszene eine schwere Demütigung. Vom FC Augsburg gab es auf Nachfrage keine Stellungna­hme.

Am Donnerstag­nachmittag meldete sich hingegen die Fanszene zu Wort. In einer Stellungna­hme der Rot-Grün-Weißen-Hilfe, einer Vereinigun­g in der nach eigener Auskunft sowohl Ultras als auch Fans der nicht-aktiven Szene vertreten sind, wird das Verhalten der Polizei kritisiert. Demnach hätten Teilnehmer „von ruppigem Verhalten der Beamten und Provokatio­nen gegenüber den Fans“berichtet. UnDie gewöhnlich sei auch die Größe des Polizeiauf­gebots gewesen, was die Situation zusätzlich eskalieren habe lassen. Die Stimmung in dem Fanzug, sei deswegen umgeschlag­en. Dass Pyrotechni­k gezündet wurde, bestreitet die Fanvereini­gung nicht und distanzier­t sich davon. Dies soll „nicht durch ein mögliches Fehlverhal­ten der Ordnungskr­äfte gerechtfer­tigt werden“. Von der Augsburger Polizei gibt es bis dato dazu keine Stellungna­hme.

Die Polizei bittet Zeugen der Vorfälle sowie Personen, die durch den Einsatz pyrotechni­scher Gegenständ­e möglicherw­eise verletzt wurden, sich mit der Polizeiins­pektion Augsburg Süd unter der Telefonnum­mer 0821/323-2710 in Verbindung zu setzen.

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Foto: Polizei Augsburg Diese Gegenständ­e stellte die Polizei an der Straßenbah­n und an der Haltestell­e sicher.

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