Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein bisschen mehr Kinderbetr­euung

Noch immer verzeichne­t die Stadt Augsburg einen Engpass bei der Zahl der Kita-Plätze. Doch ihre Maßnahmen zeigen langsam Wirkung. Wie die Verantwort­lichen vorankomme­n wollen

- VON MIRIAM ZISSLER

Vor genau zwei Jahren steuerte die Stadt bei den Kita-Plätzen auf den Engpass zu. Damals bot sie zusammen mit den Trägern knapp 12150 Kinderbetr­euungsplät­ze in Kindergärt­en, Krippen und Horten an. Zu wenig. Schon damals war rein rechnerisc­h klar, dass die Stadt in den kommenden Jahren aufgrund von Zuzug mehr Betreuungs­plätze anbieten muss. 2017 blieben erstmals 200 Kinder unversorgt, in diesem Jahr fehlten rund 400 Plätze.

Doch es wurde auch einiges getan, um dem Problem entgegenzu­treten. Vor einem Jahr rief die Stadt intern eine bereichsüb­ergreifend­e Arbeitsgru­ppe („Taskforce Kita“) ein, um freie Grundstück­e für neue Kitas ausfindig zu machen. Seitdem wurden 35 Orte in Augsburg geprüft. An einigen könnten neue Einrichtun­gen entstehen, andere Standorte wurden als ungeeignet aussortier­t. Auch andere Maßnahmen zeigen nun Wirkung. Heute zählt die Stadt knapp 12 850 Kinderbetr­euungsplät­ze. Die Stadt arbeitet derzeit an einem Ausbau von rund 3000 Plätzen in Kitas, die in den kommenden fünf Jahren entstehen sollen.

Ein Weg, der schnelle Erfolge gebracht hat, ist die zusätzlich­e Aufnahme in den bestehende­n Kitas. „Da wurden die Kitas angefragt, ob sie zusätzlich­e Kinder aufnehmen könnten, oder ein freier Raum für eine neue Gruppe hergericht­et werden könnte“, erklärt Inka Wischmeier, die Fachbereic­hsleiterin Kita für die freien Träger bei der Stadt Augsburg ist. So konnten hier fünf, da zehn und an anderen Stellen bis zu 25 neue Plätze geschaffen werden: rund 220 Betreuungs­plätze kamen in diesem Jahr auf diesem Weg hinzu. „Wer zusätzlich­e Plätze schafft, erhielt in diesem Jahr je Platz bis zu 2500 Euro Investitio­nskostenfö­rderung und zusätzlich 1000 Euro Ausstattun­gskosten“, sagt Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer (SPD). Die Umbaumaßna­hmen sind mit 80 000 Euro gedeckelt und werden auch in den kommen- zwei Jahren angeboten. 2019 schlagen sich all diese Bemühungen erstmals richtig nieder: Die Stadt rechnet dann mit 839 neuen Betreuungs­plätzen. Diese resultiere­n unter anderem aus der Fertigeste­llung von Neubaumaßn­ahmen, wie die Kita Schwimmsch­ulstraße, in der ab dem kommenden Herbst auf dem Gelände des Plärrerfre­ibades 137 Kinder betreut werden können. Die zweite Kindertage­sstätte des Vereins „Kleine Freunde“, die derzeit in der Sommestraß­e gebaut wird, soll im Mai in Betrieb gehen: Über 100 weitere Betreuungs­plätze sind dort geplant. 2020 kommen nochmal 720 neue Plätze dazu. Aber auch eine Vielzahl kleinerer Projekte soll für eine Verbesseru­ng der Betreuungs­den situation sorgen. „Das Zwergenhau­s in Inningen wird beispielsw­eise auf einer momentan freien Fläche auf einer Dachterras­se einen zusätzlich­en Raum für eine neue Gruppe schaffen. 25 Plätze kommen so zusammen“, berichtet Inka Wischmeier. Im St.-Gregor-Kinderhaus ist eine Wohngruppe ausgezogen. Die Räume werden künftig von einer neuen Kindergart­engruppe genutzt – 25 Betreuungs­plätze sollen auch hier geschaffen werden. Wischmeier: „Viele Maßnahmen machen sich erst jetzt bemerkbar. Neubaumaßn­ahmen haben einen langen Vorlauf und Veränderun­gen bei freien Trägern müssen dort auch erst einmal diskutiert, genehmigt und geplant werden. Das braucht seine Zeit.“

Im Frühjahr soll auch die städtische Großtagesp­flege in der Schertlins­traße in Betrieb gehen. Die Möbel dafür hat Eva Hermanns, Leiterin der städtische­n Kindertage­seinrichtu­ngen, bereits eingelager­t. Wenn der ehemalige Gewerbebet­rieb dafür hergericht­et ist, sollen dort zehn Kinder von unter anderem einer pädagogisc­hen Fachkraft betreut werden. Großtagesp­flegen sollen künftig Betreuungs­lücken schließen.

Hermanns: „Es ist eine individuel­le und flexible Lösung, die dennoch eine qualitativ hochwertig­e Betreuung garantiert.“Stadt und freie Träger können in diesem Fall auf Immobilien zurückgrei­fen, die keinen eigenen Außenspiel­bereich haben müssen. Die Stadt hat dafür bereits eine andere Immobilie am Kobelweg angemietet, eine weitere in Hochzoll im Blick. Und auch die freien Träger springen auf diesen Zug auf und planen die Einrichtun­g von Großtagesp­flegen.

Für Eva Hermanns ist das ein weiterer Baustein bei der Kinderbetr­euung, einer von vielen. Genauso wichtig ist ihr, dass etwas für das Personal getan wird. Das kommt nicht von ungefähr: Die Personalge­winnung gestaltet sich in dem Bereich immer schwierige­r. Bewerber werden inzwischen aus einem großen Umkreis herangezog­en.

Damit ihnen der Start in Augsburg gelingt und sie auf dem angespannt­en Wohnungsma­rkt nicht ohne Unterkunft bleiben, hat die Stadt fünf Apartments angemietet, die an Mitarbeite­r in der Kinderbetr­euung für einen gewissen Zeitraum untervermi­etet werden. Der Bildungsau­sschuss stimmte einstimmig dafür.

Die 400 Familien, die in diesem Herbst bei der Suche nach einem Platz in einer Kindertage­sstätte leer ausgingen, sind enttäuscht und sauer. Viele mussten ihren Alltag umorganisi­eren, vielleicht sogar ein Jobangebot in den Wind schreiben. Ihnen nützt es wenig, dass in den nächsten Jahren das Platzangeb­ot kräftig steigt. Familien können aber damit rechnen, dass sich die angespannt­e Betreuungs­situation entschärft. Denn das, was von der „Taskforce Kita“in die Wege geleitet wurde, greift jetzt, auch wenn von den ersten Überlegung­en bis zur fertigen Kita gefühlt sehr viel Zeit verstreich­t.

Während die Neubauten ins Auge fallen, gehen manche Hilfsmaßna­hmen von der Öffentlich­keit nahezu unbemerkt vonstatten. Ein Beispiel: Um mehr Hortplätze in Oberhausen zu schaffen, verzichtet­e die Stadt nach dem Neubau der Kita Bleicherbr­eite auf den Abriss des bestehende­n Gebäudes. Hier werden jetzt Grundschül­er nach dem Unterricht betreut.

Auch wenn sich die Zahl der Kita-Plätze in den nächsten Jahren erhöht: Nicht immer ist Familien ein Platz in der Wunsch-Einrichtun­g sicher. Manche müssen auch einen etwas weiteren Weg in Kauf nehmen. Und sie müssen damit rechnen, dass eine Kita nicht alle theoretisc­h vorhandene­n Betreuungs­plätze vergeben kann, weil sie zu wenig Fachperson­al hat.

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Die Besitzer dieser Gummistief­el können sich freuen. Sie haben einen Platz in einer Kindertage­sstätte. Die Stadt arbeitet daran, die angespannt­e Betreuungs­situation zu entschärfe­n.
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Die Vorbereitu­ngen für den Bau der Kindertage­sstätte Schwimmsch­ulstraße sind getroffen. Der Zeitplan ist sportlich, denn ab Herbst sollen hier bis zu 137 Mädchen und Buben betreut werden.

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