Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wege aus dem Lehrermangel
Der Interessenverband BLLV hat im Landkreis Augsburg ein neues Führungsteam. Dort gibt es Ideen, wie der Beruf attraktiver werden und Unterricht garantiert werden kann
Spricht man heute über Schule, spricht man automatisch auch über Lehrermangel. Ist das auch bei Ihnen das große Thema?
Ganz sicher. Wir sind in der etwas skurrilen Situation, dass das Geld für zusätzliche Lehrkräfte da wäre, aber es fehlt an Köpfen. Es gibt einfach keine Grund- und Mittelschullehrer, die eingestellt werden könnten.
Realschul- und Gymnasiallehrer stattdessen nachzuqualifizieren ist aber eher eine Art Verschiebebahnhof als eine echte konzeptionelle Weiterentwicklung. Die Schulen sind nur scheinbar ausreichend mit Lehrkräften versorgt.
Wir haben jetzt aber noch keine Krankheitswelle oder Pensionierungen zum Halbjahr. Tatsächlich müsste eine Schule mit 110 Prozent ihres Bedarfs an Lehrerstunden ausgestattet sein. Sind tatsächlich alle Lehrkräfte im Haus, könnten die sich um individuelle Förderung von Schüler kümmern.
Das ist nämlich einer der Bereiche, die schnell unter den Tisch fallen, wenn es in einer Schule zu wenig Lehrkräfte gibt. Individuelle Förderung ist dann gar nicht mehr möglich.
Wie kann man das Problem denn in den Griff bekommen?
Tatsächlich hat der Freistaat ja 700 neue Stellen geschaffen für die Lehrerausbildung. In vier oder fünf Jahren werden die ersten davon verfügbar sein. Aber strukturell ändert das noch nichts. Es gibt einen Vorschlag des BLLV, Lehrkräfte nach einem Stufenkonzept auszubilden, also für die Grundstufe und schulartübergreifend für die Unter- und Mittelstufe sowie die Oberstufe. Alle Lehrer, die die gleiche Ausbildung haben, sollen auch die gleiche Besoldung erhalten. Das gilt übrigens in allen Ebenen. Selbst die Verwaltungskräfte, oft die Seelen der Schulen, verdienen an Grundund Mittelschulen weniger als an Realschulen oder Gymnasien.
Was belastet denn die Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen, das sind ja vor allem Ihre Verbandsmitglieder, besonders?
Kurz gesagt: An Grund- und Mittelschulen sind die Aufgaben zu umfangreich. Das kann nicht mehr geleistet werden.
Was meinen Sie damit genau?
Ein Beispiel sind Schüler mit Autismus. Ein Psychologe studiert jahrelang für den Umgang mit Patienten. Ein Lehrer bekommt zwei Stunden Fortbildung soll dann auf einen Schüler mit diesem Problem eingehen können. Helfen könnten da multiprofessionelle Teams, in die beispielsweise auch Sozialpädagogen eingebunden sind. Lehrkräfte, die sich um die komplette Medienausstattung einer Schule kümmern sollen, bekommen dafür nur eine Unterrichtsstunde angerechnet.
Überlastet sind nicht nur die Lehrkräfte, sondern auch die eben angesprochenen Verwaltungskräfte.
Und die Schulleiter. Die bekommen nur wenige Stunden für ihre Verwaltungstätigkeit angerechnet. Das reicht nicht aus.
Wie verändert sich denn der Unterricht? Ich denke da an das Thema Medienkonzept, das jede Schule auf Wunsch des Kultusministeriums für sich selbst erstellen soll.
Den großen Wurf gibt es da noch nicht. Wir versuchen, nicht zu viel und nicht zu wenig zu machen, sondern Medien sinnvoll einzusetzen.
Dabei gibt es auch absurde Vorschläge. Etwa, den Kindern eine virtuelle Brille aufzusetzen und einen Rundgang auf einer Wiese zu simulieren. Da gehen wir lieber gleich raus.
Es geht auch besser. Unser Vorschlag ist, für Schulen mit vergleichbaren Voraussetzungen ähnliche Konzepte auszuarbeiten. Das wäre auch für die Kommunen besser, sie wüssten dann, was auf sie als Sachaufwandsträger zukommt. Zu viel hängt heute davon ab, ob es in den jeweiligen Schulen Einzelne gibt, die sich für das Thema einsetzen. Das Grundund problem des Konzepts ist zudem: Man kommt nie an. Schon jetzt drehen wir mit Kindern kleine Filme, wo das sinnvoll ist, oder machen Podcasts. Doch die Entwicklung in der Medienerziehung ist im Fluss, ein Konzept jedoch fix.
Beim Thema Schule geht es ganz viel um Zeit. Würde die Ganztagsschule nicht mehr Freiräume für alle bieten?
Sicher, Familien verändern sich, das kann auch die Schule verändern. Eine flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen ist aktuell strukturell gar nicht möglich.
Wobei diese Art von Unterricht vielen Kindern wahnsinnig guttun würde. Mit einem richtigen Konzept kann auch ein gebundener Ganztag noch für ältere Schüler ansprechend gestaltet werden. Gerade über die Ganztagsschule kann die Verbundenheit zwischen Elternhaus und Schule gestärkt werden. Immer noch sind gerade auf dem Land die Schulen wichtige Argumente für die Attraktivität eines Wohnorts.
Das wird sich entwickeln wie bei der Kinderbetreuung. Irgendwann wird der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz kommen.
Wie sollte sich Schule Ihrer Meinung nach entwickeln?
Mein Wunsch: lieber weniger Druck und mehr Lust an der Sache für alle Beteiligten. Inhalte sollten entzerrt und Eltern und Schülern sollte mehr Zeit für wichtige Entscheidungen gegeben werden. Schule kann auch entspannt sein. Aber das kostet eben auch Geld.
Interview: Jana Tallevi
Mit der Türkei verbinden viele Menschen Urlaub, Döner, Tradition. Doch hinter diesen Klischees verbirgt sich mehr. Eine Gelegenheit, in diese Kultur hineinzuschnuppern, bietet die Gersthofer Eyüp-Sultan-Moschee zu den Tagen der offenen Tür. Auch wenn viele der Türken dort unter sich sind und es schwierig ist, sich auf Deutsch zu unterhalten, bekommen Besucher trotzdem einen Einblick in das Gemeindeleben. Die Organisatoren bemühen sich, nach außen offen aufzutreten und deutsche Führungen anzubieten. Besonders für die Besucher, die noch nie eine Moschee von innen gesehen haben, ist das eine einfache Möglichkeit, um die türkische Kultur und den Islam etwas kennenzulernen. Manche der Veranstalter gehen auch durchaus kritisch mit typischen Fragen und Vorurteilen um und lassen sich auf Diskussionen ein. Das hilft Außenstehenden, die eigenen Vorurteile abzubauen und eventuell zu korrigieren. Leise Kritik an der eigenen Religion und deren Ausübung sollte man aber nicht erwarten. Wer sich mit Kultur und Religion auseinandergesetzt hat, der kann in der Eyüp-SultanMoschee bei den Tagen der offenen Tür die Türkei auch kulinarisch mit Grillfleisch und Süßspeisen näher kennenlernen.