Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Immer weiter bis nach Hamburg
Helmut Pfanz aus Neusäß ist für den guten Zweck bis in die Hansestadt gejoggt. Was ihn anspornt
Neusäß Eine kleine Runde nach dem Feierabend oder ein paar Kilometer am Morgen – für viele ist Joggen ein sportlicher Ausgleich. Für den Neusässer Helmut Pfanz ist die kleine Feierabendrunde aber nicht genug. Für eine Spendenaktion ist er von seiner Heimat bis in den hohen Norden nach Hamburg gejoggt – 765 Kilometer in nur 17 Tagen.
Klar, etwas verrückt müsse man da schon sein, sagt Pfanz. Aber: „Normal ist langweilig“. Vor zwei Jahren ist der Malermeister schon einmal mehrere Hundert Kilometer gejoggt. 460 Kilometer waren das damals, von Neusäß bis an den Gardasee. Nun hat Pfanz für den guten Zweck aber noch einmal über 300 Kilometer daraufgelegt. Für jeden Kilometer, den der 55-Jährige zurücklegte, sammelte er Spenden. Insgesamt sind so über 4000 Euro zusammengekommen. Sie sollen dem Bunten Kreis Augsburg zugute kommen, einer Stiftung, die sich für Familien mit chronisch, krebs- und schwerstkranken Kindern in der Region einsetzt.
Die Route von Helmut Pfanz führte über Schweinfurt durch Thüringen, Hessen, Niedersachsen „und dann immer gerade aus“, sagt Pfanz. Für gewöhnlich habe er sich morgens die Strecke auf der Karte angesehen und sei dann einfach losgelaufen. An den meisten Tagen legte Pfanz rund 50 Kilometer zurück. Das ist mehr als die Strecke eines Marathons. Den Großteil der täglichen Route habe er schon am Morgen hinter sich gebracht, sagt Pfanz. „Nachmittags musste ich mich auf die Suche nach einer Unterkunft für die Nacht machen“. Denn ein gemütliches Bett sei eines der wenigen Dinge, die er sich während der Reise gegönnt habe. Viel Luxus gab es auf der Joggingtour dennoch nicht. Zwei T-Shirts, zwei Hosen und eine Wasserflasche. „Man merkt ja jedes Kilo an Gepäck beim Joggen“, sagt Pfanz. Die Kleidung musste jeden Abend im Waschbecken des Hotelzimmers gewaschen werden. Tagsüber habe er die Wechselklamotten zum Trocknen über seinen Rucksack gespannt. Zum Glück spielte das Wetter mit. „Hätte es geregnet, hätte ich vielleicht abbrechen müssen“.
Für den 55-Jährigen waren es vor allem die vielen interessanten Begegnungen, die seine Reise einmalig machten. Immer wieder sei er wegen des Aufdrucks „Helmut läuft“auf seinem T-Shirt angesprochen worden, wohin er denn unterwegs sei. „Je weiter nördlich ich kam, desto überraschter waren die Leute“, sagt Pfanz. Die meisten seien aber von seiner Aktion begeistert gewesen. Er berichtet von spontanen Einladungen auf ein Bier oder eine Mahlzeit. „Die Gastfreundschaft war riesig“. Einmal habe ihm ein Fremder sogar ein Bett für die Nacht angeboten, als wegen einer Messe kein Hotelzimmer mehr frei war. Ein anderes Mal sei Pfanz auf ein Ehepaar aus Krumbach getroffen, das ihm Medikamente gegen seine Fußschmerzen gegeben habe. „Wenn man freundlich auf die Men- schen zugeht, bekommt man eine Menge zurück“, meint Pfanz.
So sportlich, wie der 55-Jährige heute ist, war er nicht immer. Vor etwa 15 Jahren erst habe er mit dem Joggen angefangen. „Ich war damals wirklich fett“, sagt Pfanz. Eines Tages habe er beschlossen, dass es so nicht weitergehen könne. Er wollte etwas ändern und abnehmen. Zum Joggen sei er gekommen, weil man dafür nichts braucht, keinen Partner, keine Ausrüstung, nur die eigenen Füße. „Ich bin einfach losgelaufen“, sagt Pfanz. Anfangs war er allerdings noch weit entfernt von den heutigen Etappen. Doch das Ziel war klar: „Ich wollte einen Marathon laufen.“Doch das sei nur etwas für Profis, habe er damals gedacht. Zwei, drei Kilometer sei er gejoggt und völlig fertig gewesen. Doch er gab nicht auf. Jeden Tag steigerte er sich ein bisschen. Durch den Sport und eine Trennkost-Diät habe er in kürzester Zeit 20 Kilo abgenommen. Mit 43 dann, nach ein paar Jahren Training, habe er schließlich seinen ersten Marathon gestartet. „Seitdem mache ich jedes Jahr mindestens zwei“, sagt Pfanz. Nie wieder möchte er so aussehen, wie vor seiner sportlichen Karriere.
Mit der Tour nach Hamburg habe die aber in gewisser Weise ihren Zenit erreicht. „Das ist nicht mehr zu toppen“, meint Pfanz. Den ein oder anderen Marathon möchte er noch mitnehmen. „So eine weite Strecke werde ich aber nicht mehr joggen.“Aber, wer weiß. Die Strecke nach Berlin oder Paris soll auch schön sein.