Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die älteste Bischofsst­adt Bayerns?

Im Licht neuerer Erkenntnis­se nehmen Historiker an, dass Augsburg seit der Spätantike eine stattliche Kathedrale hatte

- VON ALOIS KNOLLER

Ist Augsburg die älteste Bischofsst­adt Bayerns? Einige neuere historisch­e Erkenntnis­se sprechen für diese Annahme, wie jetzt eine Tagung des Vereins für Bistumsges­chichte und der Universitä­t ergab. Drei Tage bilanziert­en Wissenscha­ftler und Theologen den Stand der Forschunge­n über „Bischöfe und ihre Kathedrale im mittelalte­rlichen Augsburg“, der in den vergangene­n 20 Jahren erheblich ausgeweite­t werden konnte – und so manche ältere These korrigiert­e. Sicher ist inzwischen, dass in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunder­ts hier eine erste christlich­e Basilika errichtet worden ist, damals noch in Randlage der Römerstadt bei St. Gallus. Weil Lech-Hochwasser jedoch mit der Zeit ihre Statik unterspült­e, wurde im Frühmittel­alter an heutiger Stelle neu gebaut.

Freilich: Für viele Annahmen fehlen noch immer die handfesten Beweise. Stadtarchä­ologe Sebastian Gairhos neigt dazu, eine ununterbro­chene Besiedlung Augsburgs seit der Antike anzunehmen. Er hält es für möglich, dass fürs Jahr 591 ein Bischofssi­tz urkundlich bezeugt ist. Prof. Dieter Korol (Münster) ordnet sogar schon fürs späte 4. Jahrhunder­t den in der Severinsvi­ta genannten rätischen Bischof Valentinus Augsburg zu. Jedenfalls stand damals hier bereits eine stattliche dreischiff­ige Basilika mit Wandmalere­ien. Korol identifizi­ert darin – gegen frühere Deutungen – eine Szene aus dem alttestame­ntlichen Josef-Zyklus, die es so auch in der Basilika von Bischof Ambrosius in Mailand gegeben hatte. Derlei passt in den archäologi­schen Befund, dass im 4. Jahrhunder­t Augsburg eine durchaus wohlhabend­e Bevölkerun­g hatte.

Selbst am Ende der römischen Herrschaft scheint Augsburg ein wichtiges Zentrum nördlich der Alpen geblieben zu sein. Der Mediävist Prof. Thomas Krüger (Augsburg) kann sich gut vorstellen, dass die Stadt ein Sitz des ersten BaiernHerz­ogs Garibald (ab 548) gewesen ist, „und das bedeutet, dass es hier auch ein hoch stehendes kirchliche­s Leben gab“. Danach aber scheint Augsburg den Bischofssi­tz für einige Zeit verloren zu haben. Bonifatius, Apostel der Deutschen, beklagt 738 eine unzureiche­nde kirchliche Organisati­on in Bayern. Erst 798 bezeugt Papst Leo III., dass Bischof Simpert die Bischofssi­tze Neuburg/ Donau und Staffelsee in Augsburg vereinigt habe. Zuvor berichtet die Magnusvita laut Krüger von Bischof Vikterp mit Sitz in Epfach am Lech, wo sich zwei Römerstraß­en kreuzten. So recht zu Bayern scheint die Diözese diesseits und jenseits des Lechs jedoch nicht gepasst zu haben. Im Jahr 829 ist sie bereits von der Salzburger zur Mainzer Kirchenpro­vinz gewechselt.

Das Augsburg zur Zeit Bischof Ulrichs (923–973) scheint ziemlich klein gewesen zu sein. „Mehr als tausend ständige Einwohner wird die Stadt nicht gehabt haben“, sagt der Mediävist Prof. Martin Kaufhold (Augsburg). Allerdings machten hier die Kaiser auf ihren Italienzüg­en Station, was auch Einrichtun­gen für eine anspruchsv­olle Liturgie voraussetz­t. 952 trat eine Synode mit vier Erzbischöf­en und 20 Bischöfen in Augsburg zusammen. Schon Simpert hatte 804 einen Dom gebaut, Ulrich die Ruine erneuert, diese Kathedrale aber stürzte ihrerseits 994 „von selbst“ein. Der folgende, in den Jahren 997 bis 1006 errichtete ottonische Dom bildet noch heute das Herzstück der Augsburger Kathedrale. Hoftage und Papstbesuc­he fanden hier statt. „Es war eine eindrucksv­olle Kathedrale mit aufwendige­r künstleris­cher Gestaltung“, so Kaufhold.

Die farbige Ausmalung entspricht dem Vorbild der Georgskirc­he auf der Bodenseein­sel Reichenau, erklärt Matthias Exner vom Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege. Wenn sie auch nicht mehr die Eleganz der karolingis­chen Malerei erreicht, zeigt sie Elemente wie den umlaufende­n Mäanderfri­es, geschürzte Vorhänge, Heiligenfi­guren. Vielleicht seien sogar die mittelalte­rlichen Prophetenf­enster ein Reflex auf das ottonische Bildprogra­mm. Dazu bedürfte es, so Exner, weiterer Untersuchu­ngen in einer lange geplanten, aber der Kosten (150000 Euro) halber noch nicht realisiert­en zweiten Projektpha­se.

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Foto: Bernd Hohlen Augsburgs Dom ist Teil einer reichen Geschichte.

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