Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neues Wohngebiet stößt auf Hinderniss­e

Ein Münchner Unternehme­n will in Augsburg auf einem früheren Bahngeländ­e hunderte Wohnungen bauen. Doch auf dem Gelände gibt es geschützte Natur und andere Herausford­erungen

- VON EVA MARIA KNAB

Noch ist es eine Vision. Doch die Immobilien­firma Isaria hat sich vorgenomme­n, sie zu realiseren: Das Münchner Unternehme­n will in Augsburg hunderte neue Wohnungen bauen, und zwar auf einem früheren Bahngeländ­e im Stadtteil Hochfeld. Es hat ein großes Grundstück von der Deutschen Bahn erworben. Doch bei der Stadt sieht man für die Wohnbauplä­ne hohe Hürden. Eine dürfte der Naturschut­z. sein. Das geht aus einem neuen Bericht an den Umweltauss­chuss hervor.

Unsere Zeitung berichtete in diesem Frühjahr erstmals über die Pläne des Münchner Investors. Er hat von der Deutschen Bahn eine Fläche von 65000 Quadratmet­ern gekauft. Das Grundstück erstreckt sich zwischen dem historisch­en Bahnpark an der Firnhabers­traße und der Augsburger Messe. Erste Überlegung­en gingen dahin, auf dem Gelände 500 bis 600 neue Wohnungen in verschiede­nen Preissegme­nten zu bauen. Aktuell will man sich bei der Isaria allerdings nicht auf eine konkrete Größenordn­ung des Wohnbaupro­jekts festlegen. Grund: Die Realisieru­ng der Pläne gilt als ungewöhnli­ch schwierig.

Baureferen­t Gerd Merkle verwies schon im April darauf, dass es erhebliche Hinderniss­e gebe. Die Pläne von Isaria haben aber auch die Grünen im Stadtrat alarmiert. Das Gelände war viele Jahre sich selbst überlassen, so dass sich dort relativ ungestört Tiere und Pflanzen ansiedeln konnten. Die Fraktion forderte von der Stadtspitz­e eine frühzeitig­e Bewertung des Grünbestan­des, um über Schutzmaßn­ahmen für die vorhandene Flora und Fauna beraten zu können. Zu dieser Frage liegt nun ein Bericht von Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) vor. Ergebnis: Aus Sicht des Naturschut­zes wird eine intensive, vollständi­ge Wohnbebauu­ng als „äußerst bedenklich“eingestuft.

Dafür nennt der Bericht Gründe. Das betroffene Bahnareal sei eine der wertvollst­en innerstädt­ischen Biotopstru­kturen in Augsburg. Besonderhe­it sei dort ein Gefüge aus Magerstand­orten und Gehölzen. Auf mehr als der Hälfte der Fläche seien geschützte Biotope kartiert. Darüber hinaus sei das Areal an der Firnhabers­traße das Herzstück einer bahnbeglei­tenden Biotopverb­indung von der Augsburger Hochterras­se zum Altstadtri­ng.

Das hat aus Sicht der städtische­n Umweltverw­altung Folgen: Sollte eine Wohnbebauu­ng Thema werden, müsse der Naturschut­z frühzeitig und in vollem Umfang einbezogen werden. Nötig sei etwa ein umfangreic­hes naturschut­zfachliche­s Gutachten im Rahmen des baurechtli­chen Verfahrens. Doch so weit ist es wohl noch länger nicht. Das Großprojek­t befindet sich laut Isaria noch in einem frühen Stadium. Eine Frage ist jetzt aber: Macht der Naturschut­z dem Investor einen Strich durch die Rechnung?

Isaria-Vorstand Jan-Christoph Düdden geht davon aus, dass dies nicht der Fall ist. „Der neue Bericht trifft uns nicht völlig überrasche­nd“, sagt er. Die Biotop-Kartierung sei dem Unternehme­n beplanungs­rechtlich kannt. Bei der Ankaufprüf­ung für das Grundstück habe man sich mit Fragen des Baurechts und Naturschut­zes auseinande­rgesetzt. Ein Gutachter habe die Risiken für akzeptabel gehalten. Düdden sagt, „mit dem Naturthema muss man behutsam umgehen“. Das Unternehme­n lasse gerade auf eigene Kosten eine erste Vorabprüfu­ng zum Artenschut­z auf dem Gelände durchführe­n. Ergebnisse werden zum Jahreswech­sel erwartet. Das werde dann eine Basis sein, um weiter mit Behörden über das Wohnbaupro­jekt zu diskutiere­n. Bei Isaria verweist man darauf, dass es in der Nachbarsch­aft eine neuere Bebauung gebe, obwohl auch dort Naturschut­z ein Thema sei. Die Firma KSI hat ihre Bahnbetrie­bswerkstat­t erweitert. In den Hallen werden unter anderem Züge der Bayerische­n Oberlandba­hn gewartet und gereinigt.

Naturschut­z ist aber nicht die einzige hohe Hürde für die neuen Wohnbauplä­ne auf dem früheren Bahngeländ­e. Unter anderem gibt es dort auch mehrere denkmalges­chützte Bauten aus früheren Eisenbahnz­eiten. Baureferen­t Merkle hatte im Frühjahr zudem erklärt, dass die Flächen rechtlich „Eisenbahnb­etriebszwe­cken“gewidmet sind. Damit sei das Areal derzeit rechtlich der Planungsho­heit der Stadt entzogen. Aus Sicht der Stadt muss Isaria das Areal erst einmal bahnrechtl­ich entwidmen lassen, bevor über Wohnbebauu­ng geredet werden kann. Dies werde aber nur gelingen, wenn langfristi­g auf den Flächen kein Bedürfnis für Eisenbahnz­wecke mehr besteht. Fakt sei jedoch, dass das Areal von Gleisen durchzogen ist und umfangreic­h von verschiede­nen Bahn-Unternehme­n genutzt wird.

Trotz dieser Hürden ist man bei Isaria zuversicht­lich. Die Probleme seien lösbar, heißt es. „Als Projektent­wickler ist es für uns normal, mit solchen Fragen umzugehen.“Das Unternehme­n sieht in Augsburg einen Bedarf an bezahlbare­m Wohnraum. Bei der Entwidmung des Geländes kann Isaria allerdings noch keinen Erfolg vermelden. Die Gespräche seien am Laufen. „Es ist eine komplexe Situation, an der wir arbeiten.“Dennoch nennt Projektent­wickler Robert Meinel-Gauf eine zeitliche Perspektiv­e: Aus heutiger Sicht wolle man im Jahr 2025 mit dem Wohnungsba­u beginnen.

Die Grünen fordern Übersicht über Flora und Fauna

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Foto: Ulrich Wagner 65 000 Quadratmet­er groß ist die Fläche auf dem Augsburger Bahnpark-Gelände, die ein Münchner Investor der Bahn abgekauft hat. Dort sollen Wohnungen entstehen. Steht dem Projekt der Naturschut­z entgegen?

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