Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eltern brauchen Zeit zu zweit

Die Geburt eines Babys ändert vieles. Ratschläge, damit es nicht zu viel wird

- VON STEFFI BRAND

Landkreis Augsburg Die Geburt ihres Sohnes Elias war für Vater Thomas und Mutter Antonia das größte Glück auf Erden. Zumindest war es das, was die Gesellscha­ft den frischgeba­ckenen Eltern suggeriert­e. Und obwohl sie natürlich glücklich über ihren kleinen Schatz waren, erlebten sie beinahe gleichzeit­ig, was es auch bedeutet, dieses Glück zu haben: Schlaflose Nächte, das Gefühl von Überforder­ung und totaler Erschöpfun­g machte sich breit.

Helga Simon-Saar, die Leiterin der Psychologi­schen Beratungss­telle für Ehe-, Familien- und Lebensfrag­en beim Bistum Augsburg weiß: „Dieser Zustand ist total normal.“Keiner muss deswegen glauben, den falschen Partner zu haben oder gar in die Rubrik „schlechte Eltern“zu gehören. Und genau das ist auch die wichtigste Botschaft ihres Vortrags zum Thema „Auch als Eltern Paar bleiben“. Es geht darum, Anregungen zu liefern auf die Frage: Wie können Eltern diese Herausford­erung meistern?

Statistisc­h belegt ist, dass die Zufriedenh­eit mit der Partnersch­aftsqualit­ät nach der Geburt des ersten Kindes sinkt. Häufig geht das Auseinande­rdriften der Paare auch auf das Auseinande­rdriften der unterschie­dlichen Lebenswelt­en zurück. Denn in der Regel kommt es bei den meisten Paaren erst einmal zu einer traditione­llen Rollenauft­eilung: Väter arbeiten mehr, Mütter sind zu Hause. Wann es hingegen passiert, dass Eltern als Paar auseinande­rdriften, kann nicht auf einen bestimm- Zeitpunkt festgelegt werden. Stattdesse­n bezeichnet die DiplomPsyc­hologin Simon-Saar den Prozess als „schleichen­d“. Ehepartner fühlen sich allein, unglücklic­h, sprechen wenig miteinande­r oder streiten mit der Zeit immer häufiger.

„Eltern sollten sich auf den Kern der Familie besinnen – und das ist ihre Partnersch­aft“, rät die Psychologi­n. Wohlwollen und Wertschätz­ung sind dabei die Verhaltens­grundregel­n in einer Partnersch­aft, die auch auf das Familienle­ben und die Eltern-Kind-Beziehung einen großen Einfluss haben. Krankt es an Wertschätz­ung und Freundlich­keit in der Beziehung, kann es auch nötig werden, die Rollen zu Hause neu auszuhande­ln.

Helga Simon-Saar rät zur Prävention­sarbeit, bevor eine Eskalation zu Hause droht. Eltern sollten sich dazu mit der Frage auseinande­rsetzen, wie sie gemeinsame Paarzeit je nach ihren individuel­len Möglichkei­ten aufrechter­halten können. „Auch kurze Zeit zu zweit ist besser als keine“, verrät die Psychologi­n. Auch rät sie, wachsam zu bleiben. Kleine Gesten im Alltag zeugen von Zuneigung, Liebe und Wertschätz­ung. Auch wer sich gegenseiti­g den Rücken freihält und individuel­l nutzbare Freiräume schafft, unterstütz­t den Partner. Ist Unterstütz­ung seitens einer Beratungss­telle nötig, rät die Psychologi­n dazu, diese rasch anzunehmen. Je länger dieten se Verletzung­en die Partnersch­aft beeinträch­tigen, desto größer ist die Verbitteru­ng – und desto schwierige­r ist der Weg zurück in eine gesunde Partnersch­aft.

Sich gegenseiti­g den Rücken freihalten

 ?? Symbolfoto: Richard Lechner ?? Auch wenn ein Kind da ist, sollten junge Eltern etwas für ihre Beziehung tun und manchmal etwas zu zweit unternehme­n, wie etwa eine kleine Wanderung.
Symbolfoto: Richard Lechner Auch wenn ein Kind da ist, sollten junge Eltern etwas für ihre Beziehung tun und manchmal etwas zu zweit unternehme­n, wie etwa eine kleine Wanderung.

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