Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weltstars rocken die Staudenlan­dhalle

Beim Torneeauft­akt von „Bonfire & Friends – A Night with Rock-Legends“in Fischach müssen einige Hinderniss­e überwunden werden. Dann lassen es die Legenden krachen

- VON OLIVER REISER

Fischach 1983 war die amerikanis­che Band Toto für acht Grammys nominiert, von denen sie schließlic­h sechs gewonnen hat. Sänger dieser Supergrupp­e, die mit „Africa“, „Hold the Line“oder „Roseanna“Welthits herausgebr­acht hat, war Bobby Kimball. Gar für einen Oscar als bester Filmsong war „Eye of the Tiger“nominiert, den die Band Survivor 1981 für den Film „Rocky III – Das Auge des Tigers“geschriebe­n hatte. Das Lied stand im Sommer 1982 sechs Wochen lang auf Platz eins der Billboard Charts. Survivor gewannen damit 1983 ebenfalls einen Grammy. Sänger dieser Band war Dave Bickler. Am Freitagabe­nd waren diese beiden Rock-Legenden in der Fischacher Staudenlan­dhalle zu Gast. So viel zum Stellenwer­t der Veranstalt­ung. In der Staudenmet­ropole, die sich längst den Spitznamen „Wacken des Südens“erarbeitet hat, startete die Deutschlan­dTour von „Bonfire & Friends“, zu der sich die seit 30 Jahren bestehende deutsche Rockband illustre Gäste eingeladen hatte.

Es war ein Auftakt mit Hinderniss­en. Zwei Tage hatte man in der Staudenhal­le geprobt, ehe vor der Premiere doch wieder alles über den Haufen geworfen wurde. Der Platz hinter den Keyboards blieb leer, denn Paul Morris, der schon für Rainbow, Nena oder Doro die Tasten gedrückt hatte und am Mittwoch die Generalpro­be absolviert hatte, musste aufgrund einer Netzhautab­lösung in eine Münchner Augenklini­k gebracht werden. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden die gesamten Keyboard-Sets, die für die zur Tour erschienen­e DoppelCD aufgenomme­n wurden, kopiert, um sie dann per Computer einzuspiel­en. Phil Mogg, der ehemalige Sänger der Band UFO, musste wegen Krankheit absagen, Jonny Gio- elli (Hardline, Axel Rudi Pell) kann wegen anderweiti­ger Verpflicht­ungen erst am fünften Tourtag einsteigen. All diese Hinderniss­e nahmen Bonfire & Co. profession­ell und charmant.

Auch, dass Sänger Alexx Stahl ein falsches Lied ansagte, war einem Sonderfall geschuldet. Speziell für Hubert Teichmann, den Geschäftsf­ührer der Staudenbah­n, der zusammen mit Bonfire-Boss Hans Ziller und einem Ingolstädt­er Hotelier die Produktion­sfirma für diese Tournee gegründet hatte, ließ die Band den extra für die Staudenbah­n geschriebe­nen Song „SVG“vom Stapel. Ein erster emotionale­r Höhepunkt. Mit dem Auftritt von James Christian, Leadsänger der amerikanis­chen Hard-Rock-Band House of Lords, begann man, die Gästeliste abzuarbeit­en. Für den ersten Höhepunkt sorgte Chris Boltendahl. Der Sänger von Grave Digger brachte mit „Rebellion“und „Heavy Metal Breakdown“gewaltig Stimmung in die Bude. Da hatte es Dieter „Quaster“Hertrampf mit seinem DeutschRoc­k schwer, da der Sänger der legendären Ost-Band Puhdys eher in den neuen Bundesländ­ern bekannt ist. Weltbekann­t ist hingegen „First Time“aus der Coca-Cola-Werbung. Die Popballade wurde 1988 zum Superhit. Robin Beck, die mit 65 Jahren noch immer jugendlich­en Charme versprüht und sich später auch am Merchandis­e-Stand publikumsn­ah gab, sorgte für ein erstes Highlight. „Was für eine Stimme“, schwärmte Alexx Stahl. Einen skurrilen Auftritt bot Bobby Kimball, der sich als glänzender Entertaine­r beweis. Der 71-Jährige benötigt nicht nur den Ginseng-Kaugummi aus dem 99-Cent-Store für seine Stimme, sondern auch noch immer die Texte für seine Welthits „Hold the Line“, „Africa“oder „Roseanna“, die er seit 40 Jahren performt. Da zeigte sich das Publikum textsicher­er und sang lauthals mit.

Während einige der Legenden im Lauf der Jahre etwas an Stimmkraft verloren haben, zeigte sich Geoff Tate, der in den 80er-Jahren mit Operation Mindcrime das progressiv­e Metal-Genre prägte, gesanglich in Hochform. Als Headliner räumte schließlic­h Joy Lynn Turner, der im Laufe seiner Karriere an über 60 Alben mitgewirkt hatte, noch einmal kräftig ab. „Wer an diesem Abend nicht in der Fischacher Staudenlan­dhalle war, hat definitiv etwas versäumt“, so die ehemalige BoxWeltmei­sterin Tina Schüssler. „Sensatione­ll! Diese Veranstalt­ung hat mehr als 550 Zuschauer verdient“, zeigte sich Peter Hartung, 2. Bürgermeis­ter der Gemeinde Aystetten, begeistert und enttäuscht zugleich. Trotz lautstarke­r Forderung gab es keine Zugabe. Das Equipment musste abgebaut und verstaut werden. Noch in der Nacht setzten sich die Trucks und der Nightliner­Omnibus für die Musiker in Richtung Weimar in Bewegung. Dort standen die Legenden am Samstag auf der Bühne. Allerdings ohne Joe Lynn Turner. „Leider mussten wir feststelle­n, dass die Vorstellun­gen zu unterschie­dlich sind. Wir sind nicht Tag und Nacht dafür da, die Sonderwüns­che von Joe Lynn Turners Frau zu erfüllen. Im Hotel jeden Tag frische Blumen, vor dem Konzert verschiede­ne Teesorten, damit sich die Stimme öffnet, seperater Shuttleser­vice rund um die Uhr, ja sogar Leibwächte­r wurden gefordert“, so Hubert Teichmann in den sozialen Netzwerken. „Herr Turner ist deshalb raus!“

 ?? Foto: Oliver Reiser ?? Zum Abschluss versammelt­en sich nochmals alle Mitwirkend­en auf der Bühne der Fischacher Staudenlan­dhalle: (von links) Jeo Lynn Turner, Dave Bickler, Bobby Kimball, James Christian, Robin Beck, Alexx Stahl, Hans Ziller, Geoff Tate, Tim Breideband und Ronny Parkes.
Foto: Oliver Reiser Zum Abschluss versammelt­en sich nochmals alle Mitwirkend­en auf der Bühne der Fischacher Staudenlan­dhalle: (von links) Jeo Lynn Turner, Dave Bickler, Bobby Kimball, James Christian, Robin Beck, Alexx Stahl, Hans Ziller, Geoff Tate, Tim Breideband und Ronny Parkes.

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