Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Maaßens Kreuzzug
Ein Geheimdienstchef, der Teile der Regierung, für die er arbeitet, vor seinen europäischen Amtskollegen als „linksradikal“bezeichnet – unvorstellbar. Doch Hans-Georg Maaßen hat genau das getan und damit auf gröbste Weise seine Pflicht zur Loyalität verletzt. Maaßen hat Bundeskanzlerin Merkel nicht verziehen, dass sie seine Bedenken in der Flüchtlingspolitik ab 2015 nie ernst genommen hat. Seither führt er einen Kreuzzug gegen seine oberste Dienstherrin. Schutz bot nur sein direkter Vorgesetzter Horst Seehofer, der ihn gewähren ließ, weil er die Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik teilt. Doch dass Seehofer Maaßen nach dessen umstrittenen Äußerungen zu Chemnitz stützte, trug dazu bei, der CSU-Chef selbst immer heftiger wackelt. Maaßen hat nun mit seiner bizarren Abschiedsrede die riesige goldene Brücke, die Seehofer ihm gebaut hat, in Brand gesteckt. Vieles deutet darauf hin, dass Maaßen gezielt auf seine Versetzung in den Ruhestand hingearbeitet hat – um anschließend mit dem Nimbus des „Unbeugsamen“eine neue Karriere zu starten. Wird die Quittung, die er jetzt zu Recht für seine Illoyalität bekommen hat, Maaßens Fahrkarte in die Politik?