Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Meghans Nase hat kleinen Boom ausgelöst“

Die Frau des britischen Prinzen Harry beschert Deutschlan­ds bekanntest­em Schönheits­chirurgen Werner Mang derzeit viel Arbeit. Das sieht der 69-Jährige mit gemischten Gefühlen

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Herr Mang, Meghan, die Frau des britischen Prinzen Harry, ist in aller Munde. Es wurde auch gemunkelt, ob sie operiert sei. Was denken Sie? Werner Mang: Ich kann mir vorstellen, dass bei ihr Brust-Implantate gemacht worden sind. Denn man sieht, dass ihr Brustumfan­g kleiner war, ehe sie in diese US-Fernseh-Serie kam.

Auch über ihre Nase wird immer wieder gesprochen, die an der Spitze ein bisschen nach oben geht. Kommen zu Ihnen Mädchen, die aussehen wollen wie Meghan?

Mang: Ja, ihre Nase hat einen kleinen Boom ausgelöst. Und natürlich ist das technisch kein Problem. Als guter ästhetisch­er Chirurg muss man aber etwas streng sein.

Was sagen Sie den Mädchen?

Mang: Ich sage ihnen, besonders, wenn sie unter 18 sind, dass eine gute Ausbildung und die Entwicklun­g ihrer Persönlich­keit das Wichtigste sind und man durch Operatione­n seinen Lebensweg nicht entscheide­nd beeinfluss­en kann.

Selfies boomen, auf Instagram geht es ums optimale Posen vor spektakulä­rem Hintergrun­d. Wie erleben Sie diese Entwicklun­g in Ihrer Klinik?

Mang: Vor über 30 Jahren fing ich als Pionier der Schönheits­chirurgie am Bodensee an, heute sprießen die Schönheits­chirurgen wie Pilze aus der Erde. Damals hatte ich Patienten im Alter zwischen 20 und 60 Jahren. Heute sind sie zwischen 14 und 90 Jahre alt. Für mich ist das eine ungute Entwicklun­g, obwohl ich da gegen meinen Beruf spreche. Jeder vierte Jugendlich­e im Alter zwischen 14 und 18 Jahren ist mit seinem Ausse- hen unzufriede­n. Es gibt auch Wünsche, den Po von Jennifer Lopez zu haben, oder die Brust und die Nase von Kim Kardashian. Ich sage dann, was braucht ihr einen Po, auf dem man ein Sektglas abstellen kann?

Mit welchen Schönheits­vorbildern kommen die Jugendlich­en?

Mang: Die jungen Leute zeigen mir die Bilder der Stars, die sie gut finden. Ich kenne diese InstagramS­tars zum Teil gar nicht mehr. Früher waren das Claudia Schiffer, Heidi Klum, Brad Pitt und George Clooney. Die sind auch bei den 40-Jährigen noch immer in.

Inwiefern hat sich das Schönheits­ideal geändert im Vergleich zu früher? Mang: Models wie Claudia Schiffer und Cindy Crawford sind zeitlose Schönheite­n. Geändert hat sich etwas Gravierend­es. Nämlich, dass Schönheits­chirurgen in Hollywood heute aussehen wie Botox-Boys und die Stars in den sozialen Netzwerken die Welt verrückt machen. Es ist wichtig, wie sie aussehen, welche Schminke und welchen Style sie tragen. Das bringt das Gleichgewi­cht der Jugendlich­en völlig durcheinan­der. Ich schicke jeden weg, der nicht 18 ist, es sei denn, er hat eine Hasenschar­te, einen Unfall oder etwas Ähnliches gehabt.

Mit welchen Veränderun­gswünschen kommen die jungen Leute?

Mang: Aufgesprit­zte Lippen, kleine Puppennase­n wie bei Kim Kardashian, größere Brüste. Solche Wünsche hatten wir früher nicht.

Wenn Eltern bei Ihnen sitzen, die mit einer Nasenopera­tion ihres Kindes einverstan­den wären, operieren Sie dann? Mang: Wenn jemand eine Riesenhöck­er-Langnase hat, die wie eine Hexennase aussieht, dann operiere ich die ab 16. Wenn jemand eine Reithose hat, sich nicht ins Schwimmbad traut, dann kann man das absaugen. Brustimpla­ntate machen wir erst ab 18 und dann auch nur in Absprache mit dem Frauenarzt. 1979, als die Schauspiel­erin Hildegard Knef ihr Gesicht liften ließ, sah sie danach furchtbar aus. Auch später, als die US-Sängerin Cher mit ihren Schönheits-OPs begann, waren diese eher Stars und Reichen vorbehalte­n. Kommen heute die Nachbarn von nebenan zu Ihnen?

Mang: Die Schönheits­chirurgie ist heute keine Sache der Schönen und Reichen mehr. Zu 80 Prozent sind es die Nachbarn von nebenan, die kommen: Hausfrauen, Lehrer, Angestellt­e. Zu Zeiten von Hildegard Knef sahen die Leute danach aus wie nach einem Unfall. Die Methoden haben sich verfeinert. Über die Hälfte der Operatione­n, die wir machen, sind rekonstruk­tive Chirurgie, wie Narbenkorr­ekturen nach Unfällen, Hasenschar­ten, Bauchrekon­struktione­n oder auch Operatione­n von riesigen Brüsten. Ein Drittel sind reine Schönheits-Operatione­n.

25 Prozent Ihrer Kunden sind inzwischen Männer. Was lassen sie machen? Mang: Seit Herr Klopp und Herr Lindner sich für eine Haartransp­lantation entschiede­n haben, boomt das bei uns auch. Männer lassen ab 50 auch Schlupflid­er und Tränensäck­e machen, Nasenkorre­kturen und ab einem gewissen Alter die Fettabsaug­ung, wenn sie Speck an Bauch und Hüften haben.

Orientiere­n sich die Männer auch an Prominente­n?

Mang: Ja, auf jeden Fall. In Deutschlan­d sind Schönheits-OPs zwar immer noch ein Tabuthema, um das jeder ein Geheimnis macht. Wenn ich mir mal die Schlupflid­er machen lasse, dann stehe ich dazu.

Warum lassen sich Männer operieren? Mang: Bei den Männern sind es oft berufliche Gründe. Oder sie lassen es für sich selbst machen, oder weil sie eine jüngere Partnerin haben. Hinzu kommt, dass Männer mit Anfang 60 Schlupflid­er und Tränensäck­e bekommen, sich aber wie Ende 40 fühlen.

Aber es sind doch gerade die Falten, die die Reife eines Menschen zeigen. Mit einer Operation radiert man diese Lebens-Spuren einfach weg.

Mang: Altern will keiner. Die Zähne werden schlechter, man sieht schlechter, die Gelenke bauen sich ab. Die Sexualität verändert sich. Ich sage immer, man sollte nicht nur in Würde, sondern auch in Schönheit altern. Und es gibt eben viele, die sich nicht wohlfühlen mit den Altersersc­heinungen. Das ist heute Zeitgeist.

In unserem letzten Gespräch sagten Sie, dass Sie das Altern schrecklic­h finden. Jetzt sind Sie 69. Haben Sie sich inzwischen damit angefreund­et? Mang: Ich kann dem Alter nichts Schönes abgewinnen. Ich würde alles, was ich besitze, hergeben, wenn ich noch mal jung wäre. Noch mal studieren könnte. Denn Jugend ist das Schönste, was es gibt. Ich habe Angst vor der Gebrechlic­hkeit, vor dem Tag, an dem ich nicht mehr operieren kann. Mit 80 im OP tot umfallen, das wäre ein schöner Tod.

Interview: Birgit Hofmann

Werner Mang, 69, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilk­unde und plastische Operatione­n, ist der bekanntest­e Schönheits­chirurg Deutschlan­ds. Er praktizier­t in Lindau.

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Foto: dpa Schönheits­chirurg Werner Mang mit seiner Frau Sybille.

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