Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neue Musik als ein Märchen

Erstes Familienko­nzert im Martinipar­k

- VON OLIVER WOLFF

Tremolo-Streicher, Holzbläser­läufe und schmettern­de Blechbläse­r. Die Spieltechn­iken für das Stück „Einar hat’n Vogel“sind facettenre­ich, 23 Orchesterm­usiker zünden ein Feuerwerk. Am Sonntag spielten die Augsburger Philharmon­iker im ausverkauf­ten Martinipar­k die Uraufführu­ng. Das Musiktheat­erstück von Hauke Berheide ist für Kinder ab 6 Jahren gedacht. Es handelt vom Leuchtturm­wärter „Einar“, gespielt vom Augsburger Theater-Urgestein Klaus Müller, und einem Vogel, gesungen von Sandra Schütt. Die Philharmon­iker begleiten die Erzählung mit einem atonalen Klangspekt­akel und Gags. Es war übrigens die erste Uraufführu­ng des zweiten Kapellmeis­ters in Augsburg. Ivan Demidov überzeugte durch Präzision, das Orchester folgte in den anspruchsv­ollen Passagen überlegen.

„Einar für alles und alles für Einar“, ruft der Leuchtturm­wärter. Er will nicht gestört werden, auch nicht vom hilflosen Vogel, der Unterschlu­pf sucht. Doch „Einar“gewöhnt sich an den Fremden und lässt ihn bei sich wohnen. „Einar“nennt den Vogel „Anders“. Als ein Sturm aufkommt, stellt „Einar“fest, dass er nicht so viel anders ist als „Anders“.

Die Regisseuri­n Amy Stebbins bezeichnet­e das Stück im Vorgespräc­h als Neuauflage von „Peter und der Wolf“. Man konnte musikalisc­he Parallelen zu Prokofjews Musikmärch­en erkennen. Auch ein bisschen Strawinsky und Schönberg waren dabei. Berheides Musik ist nicht abstrakt, sondern paraphrasi­erend. Sie erzeugt Bilder im Kopf – kindgerech­t. Berheides charmante und milde Art, Neue Musik zu erschaffen und Kindern zugänglich zu machen, ist bewunderns­wert. Die Lacher, beispielsw­eise durch ein Furzkissen, wurden zum richtigen Zeitpunkt gesetzt, um die Aufmerksam­keit der Kinder für das einstündig­e Werk aufrechtzu­erhalten. Es war erstaunlic­h, wie ruhig die Kinder im Zuschauerr­aum waren. So funktionie­rt Neue Musik und kann auch für Erwachsene interessan­t sein: Keine akademisie­rte Lektion ans Publikum, sondern ein spielerisc­her Brückensch­lag zu neuen Klangwelte­n.

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