Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Drahtseil-Attacke auf ICE: Waren es Extremisten?
Die Ermittler tappen offenbar weiterhin im Dunkeln. Und es gibt widersprüchliche Berichte über mögliche Täter
München/Allersberg Ein ICE rast mit hoher Geschwindigkeit in ein Drahtseil, das über die Gleise gespannt ist. Über dem Fall brüten seit Wochen die Behörden. Nun meldete sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zu Wort: „Das ist eine ganz ungewöhnliche Art eines Anschlagversuchs“, sagte er am Dienstag. „Es ist klar, dass man einen solchen Anschlag auf eine Hochgeschwindigkeitstrasse der Deutschen Bahn schon sehr ernst nehmen muss.“
Anfang Oktober war nachts ein ICE auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Nürnberg nach München in das über den Gleisen gespannte Drahtseil gerauscht. Der Zug wurde beschädigt, verletzt wurde niemand. Der Lokführer hatte laut Ermittlern ein verdächtiges Geräusch wahrgenommen. Die Bahn kontrollierte tags drauf die Stelle nahe Allersberg im Landkreis Roth, konnte aber nichts Verdächtiges finden. Erst zweieinhalb Wochen später entdeckten Bahn-Mitarbeiter Reste des Drahtseils und alarmierten die Polizei. Diese stellte dreieinhalb Kilometer davon entfernt ein mehrseitiges Drohschreiben in arabischer Sprache sowie Holz und Eisenteile sicher, die vermutlich auf oder an den Schienen befestigt waren. Daneben entdeckte die Polizei zudem ein Graffiti mit arabischen Schriftzeichen.
Mit rund 50 Beamten ermittelt das Landeskriminalamt an dem Fall. Nach Angaben von Sprecher Ludwig Waldinger werde auch ein Zusammenhang zu anderen Straftaten geprüft. Dazu habe man Ermittler in ganz Europa angefragt, ob ihnen die Vorgehensweise bekannt sei. Bislang habe es aber keine positiven Rückmeldungen gegeben. Auch zu anderen Fällen, bei denen Drohoder Bekennerschreiben in arabischer Sprache gefunden worden waren, gebe es bislang keine Parallelen.
In den vergangenen Tagen hatte es unterschiedliche Berichte gegeben, in welche Richtung die Ermittlungen gehen. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland zitierte einen Ermittler mit den Worten: „Wir halten es für möglich, dass es sich um einen radikalisierten Einzeltäter aus dem extrem rechten Milieu handelte, der kurz vor der Landtagswahl in Bayern Stimmung gegen Flüchtlinge provozieren wollte.“Die Welt am Sonntag hatte gemeldet, eine Verbindung zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) werde geprüft. Die Behörden betonten daraufhin explizit, dass in alle Richtungen ermittelt werde.