Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Auch in der Region wurden Millionen verschwend­et

Im „Schwarzbuc­h 2018“stehen auch Fälle aus Schwaben. Einer kommt Augsburg teurer zu stehen als gedacht

- VON MICHAEL HÖRMANN UND THOMAS WUNDER

Augsburg Es sind auf den ersten Blick skurrile Fälle, die der Bund der Steuerzahl­er in seinem „Schwarzbuc­h 2018“aufführt. Auf den zweiten Blick sind sie vor allem eines: ärgerlich. Auch in diesem Jahr geht es der gemeinnütz­igen Schutzvere­inigung wieder um Fälle, in denen öffentlich­e Gelder verschwend­et worden seien. Für Bayern listet sie neun Fälle auf – der aus Augsburg hat bundesweit für Schlagzeil­en gesorgt. Doch auch aus anderen Orten unserer Region hat der Steuerzahl­erbund Kritikwürd­iges zusammenge­tragen:

● Augsburgs Behördenpa­nne Das Versäumnis passierte im Jugendamt der Stadt. Ein Mitarbeite­r ließ eine Frist verstreich­en, um einen Zuschussan­trag rechtzeiti­g abzuschick­en. Es ging um einen Betrag von 28,5 Millionen Euro für nicht städtische Kindergärt­en. Die zuständige Aufsichtsb­ehörde erkannte das Versäumnis zunächst gar nicht, erst im Bundesmini­sterium fiel die überzogene Frist auf. Das Finanzdesa­ster war geboren: Anfangs drohte Augsburg die komplette Rückzahlun­g. Erst ein intensives Vermitteln von Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) mit staatliche­n Stellen wendete dieses Szenario ab. Jetzt sind es immer noch drei Millionen Euro, für die die Stadt aufkommen muss.

Diese Summe wurde am Dienstag genannt, nachdem der Bund der Steuerzahl­er auf den Vorgang in seinem Schwarzbuc­h aufmerksam gemacht hatte. „Chaotische­s Controllin­g“nannte er das Agieren der Stadtverwa­ltung.

Der zuständige Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (SPD), in dessen Zuständigk­eit das Jugendamt liegt, bedauerte in der späteren Aufarbeitu­ng der Vorgänge das Versagen im Amt. Für ihn hat das Finanzdesa­ster keine Konsequenz­en. Er bleibt Referent bis zur Wahl im Frühjahr 2020. Die Amtsleiter­in musste allerdings gehen, sie arbeitet nun an anderer Stelle bei der Stadt. Es gab auch finanziell­e Einbußen für sie. ● Riskante Finanzgesc­häfte Bereits vor sechs Jahren rügte der Bund der Steuerzahl­er die Derivatges­chäfte der Stadt Landsberg am Lech. Dabei wird auf die künftige Entwicklun­g von Zinsen spekuliert, um die eigene Zinslast zu senken. Doch wie bei einer Wette kann man auch alles verlieren – im Fall Landsberg rund 8,3 Millionen Euro. Die Stadt fühlt sich allerdings von der Bank falsch beraten und beschreite­t seit 2012 den Gerichtswe­g. Ohne Erfolg. Nach zwei verlorenen Zivilproze­ssen schlug zuletzt auch eine Nichtzulas­sungsbesch­werde beim Bundesgeri­chtshof fehl. Nun bleibt der Stadt nur noch eine Möglichkei­t: Sie verklagt die eigentlich beratende Tochterges­ellschaft der Bank aus München wegen fehlerhaft­er Beratung.

Auch in Füssen geht es dem Steuerzahl­erbund zufolge um einen Millionens­chaden – um 2,8 Millionen Euro. Und auch Füssen fühle sich von einem Bankhaus schlecht beraten und habe vor dem Münchner Landgerich­t auf Schadeners­atz geklagt. Die Stadt hatte, so der Steuerzahl­erbund, aufgrund einer Empfehlung des sie beratenden Bankhauses in den Jahren 2005 bis 2012 sogenannte Zinsswap-Geschäfte abgeschlos­sen und sich damit letztlich eine höhere Zinsbelast­ung eingehande­lt.

● Grottensch­lechter Zustand Die Sanierung der Venusgrott­e aus dem 19. Jahrhunder­t auf Schloss Linderhof in Ettal verschling­t Millionen. Seit 2016 wird die künstliche Tropfstein­höhle instand gesetzt, 2021 soll sie wieder öffnen. Ursprüngli­ch waren für die Sanierung 25 Millionen Euro veranschla­gt. Mittlerwei­le sind es mehr als 33 Millionen Euro. Grund: Da es kein vergleichb­ares Bauwerk gebe, habe die Sanierungs­methodik erst entwickelt werden müssen.

● Teure Kübel Der Steuerzahl­erbund kritisiert­e auch das Verkehrsun­d Mobilitäts­konzept der Gemeinde Herrsching am Ammersee. Dabei wurden an einer Straße Pflanzentr­öge aufgestell­t, um den Verkehrsbe­reich zu beruhigen. Kostenpunk­t: 145000 Euro. In dem Bereich seien aber schon Bäume. „Man pflanzt Baum unter Baum“, sagte Michael Jäger, Vizepräsid­ent des Steuerzahl­erbundes Bayern, am Dienstag. Das mache nicht wirklich viel Sinn. „Man hätte auch etwas anderes hinstellen können – ein normales Betoneleme­nt.“Der Haken an der Geschichte: Wegen der Baumtröge seien Schulkinde­r an der Straßenübe­rquerung kaum sichtbar.

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Foto: Silvio Wyszengrad Ein Finanzdesa­ster brachte Augsburg in die Schlagzeil­en.

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