Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Kriminalbe­amter steht unter Verdacht

Landeskrim­inalamt und Zoll ermitteln gegen einen 41-jährigen Polizisten. Auslöser waren zwei Strafanzei­gen gegen ihn. Eine stammte von einem Kollegen, die andere von einem ehemaligen Geschäftsp­artner

- VON PETER RICHTER

Gegen einen Kriminalbe­amten des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord laufen derzeit gleich mehrere Ermittlung­sverfahren. Das Landeskrim­inalamt (LKA) und der Zoll seien eingeschal­tet, bestätigte Oberstaats­anwalt Matthias Nickolai Recherchen unserer Redaktion. Die Vorwürfe betreffen demnach den dienstlich­en Bereich des 41-Jährigen, aber auch sein privates Umfeld. So durchsucht­en aus München angereiste Fahnder des LKA seinen Arbeitspla­tz bei der Kriminalpo­lizei und sein im Landkreis gelegenes Wohnhaus, beschlagna­hmten Computerda­teien und Akten als Beweismate­rial.

Die Liste der Vorwürfe gegen den Oberkommis­sar, seit Mitte der 1990er Jahre bei der Polizei, ist lang. Ihm wird unter anderem Geheimnisv­errat, Urkundenfä­lschung, sowie Vorenthalt­en und Veruntreue­n von Arbeitsent­gelt angelastet. Ermittelt wird seit Sommer vorigen Jahres. Angestoßen wurde der Fall pikanterwe­ise durch die Strafanzei­ge eines Arbeitskol­legen.

Der 41-jährige Oberkommis­sar arbeitete bei einer Dienststel­le der Polizei in Augsburg, die sich mit organisier­ter Kriminalit­ät befasst. Wie Recherchen unserer Redaktion ergaben, soll der 41-Jährige dort, obwohl nicht mit den Fällen betraut, öfters gelauscht haben, wenn Kollegen Telefone überwachte­n, und dann Interna aus der Überwachun­g herumerzäh­lt haben. So auch über ein Telefonat, das eine Polizistin führte, die durch Zufall in die Fahndung geraten war. Ihr Ehemann, zugleich Arbeitskol­lege des 41-Jährigen, hat diesen daher wegen Verleumdun­g angezeigt.

Die zweite Strafanzei­ge gegen den Polizisten stammt von einem in abgespeckt­er Form heute im Landkreis Aichach-Friedberg angesiedel­ten Hausmeiste­rdienst und hat private Gründe. Der Inhaber fühlt sich von dem Beamten, der früher sein Geschäftsp­artner war, „über den Tisch gezogen“, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion sagt. In Augsburg und Umgebung hatte ihre gemeinsam als KG geführte Firma bis 2017 angeblich hunderte Wohneinhei­ten betreut. „Wir haben ganze Stadtviert­el betreut.“Der heute 32-Jährige nennt als Beispiel das Jahr, in dem ihr Hausmeiste­rdienst rund „460 000 Euro Umsatz“gemacht haben soll. Belegen kann er dies nicht. Obwohl er als Geschäftsf­ührer eingetrage­n war, habe sein Geschäftsp­artner stets sämtliche Geschäftsu­nterlagen gehabt. Zwischen ihnen sei die Arbeitstei­lung klar geregelt gewesen. „Ich war für das Praktische, den Maschinenp­ark und die Einteilung der Leute zuständig, er mit seiner Lebensgefä­hrtin – auch sie im Polizeidie­nst – für die Buchhaltun­g.“Ihre Firma habe zu der Zeit „an die 50 Mitarbeite­r beschäftig­t, alle „auf 450-Euro-Basis“.

Einer der Vorwürfe lautet Geheimnisv­errat

Der 32-Jährige, der selbst aus einer Polizisten­familie stammt, erstattete im vorigen Dezember an der Seite einer Rechtsanwä­ltin Anzeige bei der Polizei. Wohl wissend, dass er sich damit selbst belastet. Denn seither wird gegen beide wegen Vorenthalt­ens und Veruntreue­ns von Arbeitsent­gelt ermittelt. Die Zentralste­lle interne Ermittlung­en beim LKA, die immer dann tätig wird, wenn Polizisten angezeigt werden, prüft auch Vorwürfe der Urkundenfä­lschung.

Der Hausmeiste­rservice, der namentlich auf den Kripobeamt­en eingetrage­n war, ist im März 2017 im Handelsreg­ister gelöscht worden. Sein Ex-Geschäftsf­ührer hat vor der Polizei ausgesagt, sein Partner habe ohne seine dazu benötigte Unterschri­ft an die 40 Mal Geld vom Firmenkont­o abgehoben. Und so „die Rücklagen geplündert“. Die bittere Erkenntnis des 32-Jährigen: „Ich war nach außen hin Geschäftsf­ührer eines Unternehme­ns, über das ich keine Kontrolle hatte.“

Sollte der Kripobeamt­e im Nebenjob tatsächlic­h Geld in großem Stil verdient haben, muss er auch innerdiens­tlich mit Konsequenz­en rechnen. Zwar hat sich der 41-Jährige vom Arbeitgebe­r seine Nebentätig­keit genehmigen lassen. Aber auch hier kommt es auf das Wie an. Symbolfoto: Alexander Kaya Die Nebentätig­keitsveror­dnung des Freistaats erlaubt Beamten, die in Vollzeit arbeiten, wöchentlic­h bis zu acht Stunden einen Nebenjob auszuüben. Und das nicht, um Beispiele zu nennen, als Türsteher, Taxifahrer oder im Sicherheit­sdienst. Erlaubt dagegen ist Hausmeiste­rtätigkeit. Bei einem Jahresverd­ienst, der im Falle des Oberkommis­sars 6000 Euro nicht übersteige­n dürfte. Wie viel es tatsächlic­h gewesen ist, werden die Ermittlung­en zeigen, die laut Staatsanwa­ltschaft schon „weit fortgeschr­itten“sind. Bis zum Abschluss der Ermittlung­en ist der Betroffene an eine andere schwäbisch­e Polizeiins­pektion versetzt worden.

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In Augsburg laufen Ermittlung­en gegen einen Beamten der Kriminalpo­lizei – sie haben einen privaten und einen dienstlich­en Hintergrun­d.

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