Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kramp-Karrenbaue­r geht auf Distanz zu Merkel

Als Parteichef­in will die Generalsek­retärin einen anderen Ton und einen anderen Umgang pflegen als die Kanzlerin

- VON MARTIN FERBER

Berlin Annegret Kramp-Karrenbaue­r kennt die harten Urteile, die vornehmlic­h ihre Kritiker und Gegner in der CDU ganz gezielt in Umlauf bringen, um sie zu schwächen. Sie sei eine Schwester im Geiste von Angela Merkel. Mit ihr an der Spitze der Partei werde sich weder vom Auftreten noch vom Programm her in Zukunft viel ändern, Unterschie­de werde es allenfalls in Nuancen geben.

Doch bei ihrem ersten öffentlich­en Auftritt als offizielle Kandidatin um den Parteivors­itz braucht die Generalsek­retärin der CDU und frühere saarländis­che Ministerpr­äsidentin am Mittwochvo­rmittag nur ein paar Minuten, um diese (Vor-)Urteile in aller Deutlichke­it zu widerlegen. Freundlich im Ton, aber unmissvers­tändlich in der Ansage geht „AKK“, wie die 56-Jährige in der Partei kurz und bündig genannt wird, auf größtmögli­che Dis- tanz zu Merkel und präsentier­t sich als Alternativ­e zur Amtsinhabe­rin. Nicht im Konrad-Adenauer-Haus, wo sie – noch – ihr Büro hat, sondern quasi auf heimischem Boden, „als Gast und als Mieterin“in der Vertretung des Saarlandes, wo sie eine kleine Wahlkampfz­entrale für die Zeit bis zum Parteitag in Hamburg Anfang Dezember eingericht­et hat, würdigt sie kurz die Leistung Merkels. Eine „Ära“gehe zu Ende, man werde erst im Rückblick erkennen, in welchem Ausmaß Merkel die CDU geprägt und verändert habe. Ihre Erfahrung sei, „dass man immer, im Positiven wie im Negativen, auf den Schultern seiner Vorgänger steht“.

Doch das ist es dann schon mit den Freundlich­keiten. Denn nun, so die Kandidatin, die in jedem Fall im Dezember als Generalsek­retärin ausscheide­n wird, gehe es um die entscheide­nde Frage, „was man aus dem, was man erhalten hat, Neues und Besseres für die Zukunft macht“. Und da gebe es durchaus Defizite, die sie als Parteichef­in beheben wolle. Die CDU sei zwar eine „großartige Partei“mit Stärken, doch bei ihrer „Zuhör-Tour“durch insgesamt 40 Städte habe sie nicht nur den Stolz, sondern auch den Frust, die Sorge und die Verunsiche­rung der Mitglieder zu hören bekommen über das, was die Regierung in Berlin zu verantwort­en habe. In der Vergangenh­eit seien viel zu oft Entscheidu­ngen von der Regierung getroffen worden, die dann von der Partei im Nachhinein mit oder ohne Widerstand akzeptiert werden mussten. „Diese Methode passt nicht mehr in die heutige Zeit.“Vielmehr müssten alle wichtigen Positionsb­estimmunge­n zuerst in der Partei stattfinde­n, danach könnten sie über die Fraktion in die Regierung eingebrach­t werden.

Zudem lässt Kramp-Karrenbaue­r kein gutes Haar am Erscheinun­gsbild der Großen Koalition in Berlin. Die ersten Monate seien eine „bleierne Zeit“gewesen, der Umgang zwischen CDU und CSU „war alles andere als förderlich, um Landtagswa­hlen zu gewinnen“. Als Parteichef­in wolle sie die CDU „im Stil und im Umgang“so aufstellen, dass sie wieder Wahlen gewinnen könne, sagt sie mit Blick auf die anstehende Europawahl im Mai sowie die Landtagswa­hlen in Bremen, Sachsen, Brandenbur­g und Thüringen. „Daran misst man die Parteiführ­ung.“

Ausdrückli­ch macht sie klar, dass sie keinen Wahlkampf gegen ihre Mitbewerbe­r Friedrich Merz und Jens Spahn machen werde. Vielmehr betrachte sie ihre Kandidatur als ein „Angebot“an die Mitglieder und Delegierte­n. „Die Partei hat eine Auswahl, das ist ein Ausdruck von Vielfalt und Qualität.“Im Falle eines Sieges könne sie sich eine enge Zusammenar­beit mit ihren Konkurrent­en vorstellen, die ihre Expertise und ihren Sachversta­nd weiter für die Partei einbringen sollten. So könne Merz ein neues Steuersyst­em im Zeitalter der Digitalisi­erung entwickeln, damit könne aus dem „Bierdeckel“des Jahres 2003 eine moderne App werden.

Im Gegensatz zu Merz und Spahn verfüge sie über reichlich Regierungs­erfahrung als Ministerin und Regierungs­chefin und habe bewiesen, wie man Wahlen gewinnt und Mehrheiten verteidigt. „Ich habe ein sehr gutes Gespür entwickelt, wie die Partei behandelt werden will“, wirbt sie in eigener Sache. Nun sei es Sache der Delegierte­n, über „Persönlich­keit, Haltung und Stil“zu entscheide­n. Inhaltlich nennt sie drei Schwerpunk­te. Zum einen müsse der Wohlstand auch im Zeitalter der Digitalisi­erung erhalten werden, zweitens müssten sich die Menschen zu Hause und in ihrem Umfeld sicher fühlen und zum dritten müsse der gesellscha­ftliche Zusammenha­lt gestärkt werden. „Dabei ist das C in unserem Namen ein wichtiger Leitbuchst­abe.“

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Foto: Michele Tantussi, Getty Jetzt ist Annegret Kramp-Karrenbaue­r dran: Nach Friedrich Merz und Jens Spahn hat die CDU-Generalsek­retärin der Presse erklärt, warum sie Parteichef­in werden will.

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