Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die ungewisse Zukunft der EU
Wenn Europas Christdemokraten am heutigen Donnerstag ihren Spitzenkandidaten bestimmt haben, wird es beginnen: das Ringen um die Stimmen von mehr als 300 Millionen Wahlberechtigten in den dann 27 Mitgliedstaaten. Dabei ist noch nicht einmal absehbar, in welchem Zustand diese Gemeinschaft zum Wahltermin Ende Mai nächsten Jahres sein wird.
Der Brexit – ob mit oder ohne Deal – steht Ende März an und kann die EU im schlechtesten Fall in ein Chaos stürzen. Kurz darauf wollen die Staats- und Regierungschefs bei einem Sondertreffen ein neues Credo zum europäischen Zusammenhalt unterschreiben. Noch ist nicht absehbar, welche Wunden der Konflikt mit der italienischen Regierung der EU schlagen wird. Beim gemeinsamen Asylrecht tritt man auf der Stelle – immer mehr Regierungen bereiten längst eine Trendwende vor. Am Ende wird von der lange beschworenen Solidarität der Mitgliedstaaten kaum noch etwas übrig bleiben.
Kurzum: Die Europäer werden ein neues Parlament wählen und dabei womöglich auch über einen neuen Kommissionspräsidenten abstimmen, während die Union äußerst angeschlagen ist. In dieser Lage sind politische Experimente wie die Stärkung der politischen Ränder das Letzte, was die Europäische Union gebrauchen kann.