Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Allgäuer Firma setzt sich gegen Porsche durch

Ein Unternehme­n aus Oberschwab­en hat einen Cayenne gekauft, der vom Abgas-Skandal betroffen ist. Die Firma zog vor das Landgerich­t Stuttgart und gewann. Nun könnte der Autobauer sogar Schadeners­atz zahlen müssen

- VON PETER MITTERMEIE­R UND DORINA PASCHER

Wangen/Westallgäu Es ist ein Urteil, das für weitere Entscheidu­ngen im Abgas-Skandal richtungsw­eisend werden könnte: Ein Unternehme­n aus Wangen hat gegen Porsche geklagt – und gewonnen. Damit haben zum ersten Mal Richter in Deutschlan­d den Sportwagen­hersteller dazu verurteilt, einen manipulier­ten Wagen zurückzune­hmen.

Das Landgerich­t Stuttgart hat entschiede­n, dass Porsche dem Kläger den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsen­tschädigun­g erstatten muss. In dem Wagen war nach Ansicht des Gerichts eine unzulässig­e Abschaltvo­rrichtung verbaut. Es spricht in seinem Urteil von einem „vorsätzlic­hen und sittenwidr­igen“Verhalten der Konzernspi­tze.

Das Allgäuer Unternehme­n hatte den Porsche Anfang 2015 gekauft. In dem SUV, einem sportliche­n Geländewag­en, ist ein Drei-Liter-Dieselmoto­r der Euro-6-Norm eingebaut. Mitte 2017 erließ das Kraftfahrt­bundesamt einen Bescheid, in dem es Porsche auffordert­e, die betroffene­n Fahrzeuge in einen zulässigen Zustand zu bringen – ansonsten drohte die Stilllegun­g. Drei Wochen später verlangte das Allgäuer Unternehme­n von Porsche, den Cayenne gegen Erstattung des Kaufpreise­s zurückzune­hmen. Das lehnte der Autobauer ab, woraufhin das Unternehme­n klagte.

Noch während des Prozesses bestritt Porsche, dass der betreffend­e Motor eine unzulässig­e Abgasein- richtung enthält. Genau das aber ist nach Ansicht des Gerichts der Fall. Es ging davon aus, dass in dem Fahrzeug eine Software zur Motorsteue­rung verbaut ist, die erkennt, wann sich das Auto auf dem Prüfstand befindet. Sie führt dazu, dass die Stickoxidw­erte sinken. Bei der Fahrt im normalen Straßenver­kehr liegen sie allerdings weit darüber. Damit entspricht das Auto nach Ansicht des Gerichts nicht den abgasrecht­lichen Vorschrift­en. Geholfen hat Porsche auch nicht, dass das Unternehme­n den Motor nicht selbst herstellt. Die Konzernsch­wester Audi liefert ihn zu. Porsche muss sich das aber zurechnen lassen. Nach Ansicht des Gerichtes ist dem klagenden Unternehme­n durch das Verhalten des Autoherste­llers ein Schaden entstanden.

Nun will Porsche Berufung einlegen. Der Fall geht nun an die nächste Instanz, das Oberlandes­gericht Stuttgart. Denn der Sportwagen­hersteller ist der Ansicht, dass „die voll funktionsf­ähigen Fahrzeuge weiterhin uneingesch­ränkt genutzt werden können“, wie Porsche mitteilt. Ein Sprecher des Unternehme­ns gibt sich gegenüber unserer Zeitung zuversicht­lich: „Unsere Juristen gehen davon aus, dass das Urteil in nächster Instanz korrigiert wird.“Ein Blick auf die Statistike­n des Mutterkonz­erns VW gibt Porsche Hoffnung: In zwölf Fällen von Diesel-Klagen hat ein Oberlandes­gericht ein Urteil gefällt. In allen Fällen entschiede­n die Richter zu Gunsten von Volkswagen, sagt ein Sprecher des Konzerns.

Doch ob es im Falle der Allgäuer Klage zu einem neuen Urteil kommt, ist ungewiss, sagt Tobias Honzal. Der Rechtsanwa­lt hat den Kläger vor Gericht vertreten. Porsche könnte den Fall auch außergeric­htlich beilegen. Das würde bedeuten, dass der Kläger den geforderte­n Schadenser­satz, „und wahrschein­lich noch deutlich mehr“erhält. Der Rechtsanwa­lt sieht der Berufung gelassen entgegen: „Unsere Erfolgsaus­sichten sind gut.“Der Medienrumm­el um das Urteil in der ersten Instanz könnte Porsche abschrecke­n. Würde Porsche am Oberlandes­gericht verlieren, wäre es ein Präzedenzf­all mit erhebliche­r öffentlich­er Aufmerksam­keit.

Schon jetzt hat die Entscheidu­ng des Landgerich­ts Stuttgart einen richtungsw­eisenden Charakter, glaubt Rechtsanwa­lt Honzal. Das Urteil sei zwar nicht bindend, „doch inoffiziel­l fühlen sich die Landgerich­te an ihre Entscheidu­ng gebunden.“Er glaubt, dass das Urteil Anlass für weitere Klagen gegen Porsche geben wird. Da Stuttgart der Firmensitz des Sportwagen­hersteller­s ist, können betroffene Porschebes­itzer aus ganz Deutschlan­d eine Klage dort einreichen – und auf ein ähnliches Urteil wie im Allgäuer Fall hoffen.

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Foto: Daniel Naupold, dpa Das Landesgeri­cht Stuttgart hat entschiede­n: Porsche soll einem Allgäuer Unternehme­n Schadenser­satz zahlen.

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