Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Zeit der „Giftlisten“ist vorbei

Die Verabschie­dung des Haushalts wurde in früheren Jahren oft scharf diskutiert. Nun hat das Dreierbünd­nis dem Zahlenwerk ohne große Debatte zugestimmt. In der Aussprache geht es ums Grandhotel und dessen Finanznöte

- VON MICHAEL HÖRMANN

Gegen die Stimmen von Pro Augsburg und Alexander Süßmair (parteilos) als Mitglied der Sechser-Ausschussg­emeinschaf­t hat das regierende Dreierbünd­nis von CSU, SPD und Grünen den Doppelhaus­halt für die Jahre 20919/2020 verabschie­det. Die Beratungen am zweiten Tag im Finanzauss­chuss verliefen ohne Kontrovers­e. Mit großer Mehrheit wurde der Vorstoß von Pro Augsburg abgeblockt, die Hebesätze von Gewerbeste­uer und Grundsteue­r B zu senken. Das letzte Wort hat der Stadtrat. In der Sitzung werden Vertreter der Fraktionen eine politische und inhaltlich­e Bewertung des Zahlenwerk­s vornehmen. Für das Jahr 2019 liegt das Volumen bei 1,14 Milliarden Euro, im Jahr 2020 sind es dann 1,17 Milliarden Euro.

Dass über den Doppelhaus­halt keine stundenlan­gen Debatten im Finanzauss­chuss mehr geführt werden, wie dies in der Vergangenh­eit gewesen ist, hat Gründe. Das Zahlenwerk wird unter Finanzrefe­rentin Eva Weber (CSU) unter geänderten Vorzeichen den Stadträten vorgelegt. Sämtliche Positionen sind mit den jeweiligen Referenten abgestimmt. Das heißt, aus den Referaten werden Wünsche geäußert, die bei entspreche­nder Finanzierb­arkeit auch umgesetzt werden. Da die Stadt aufgrund der allgemein guten wirtschaft­lichen Lage nicht gezwungen ist, den Rotstift anzusetzen, werden Projekte weiter vorangetri­eben. Hauptposte­n sind weiterhin die Sanierung des Theatersta­ndorts sowie die Modernisie­rung der Schulen.

Das Agieren von Finanzrefe­rentin Weber unterschei­det sich von der Vorgehensw­eise ihres Vorgängers Hermann Weber. Er hatte in wirtschaft­lich schlechter­en Zeiten dem Stadtrat schon mal eine sogenannte „Giftliste“vorgelegt, in der Ausgaben zusammenge­strichen wurden. Ob zu Recht, darüber wurde im Finanzauss­chuss oft intensiv diskutiert und teils auch heftig gestritten.

Auch wenn Pro Augsburg und Stadtrat Süßmair den Doppelhaus­halt ablehnten, kam von deren Seite keine Schärfe in die Diskussion. Dass das Dreierbünd­nis auf einem gemeinsame­n Kurs lag, ist in den intensiven Vorberatun­gen begründet.

In der Aussprache am Mittwoch ging es unter anderem um das Grandhotel. Über dessen finanziell­e Schwierigk­eiten hatte unsere Zeitung berichtet, wobei bislang keine Zahl genannt ist. Oliver Nowak (Polit-WG) hatte für die Ausschussg­emeinschaf­t beantragt, dass die Stadt 30000 Euro zur Verfügung stellen solle. Es handelt sich um eine von Nowak angesetzte Summe, die offenbar nicht auf das Ausmaß der Finanzmise­re schließen lässt. So verstand es auch das Dreierbünd­nis.

Man sei bereits in Gesprächen mit Verantwort­lichen des Grandhotel­s, das unter anderem Flüchtling­e betreut. Die Fraktionsc­hefs Bernd Kränzle (CSU), Margarete Heinrich (SPD) und Martina Wild (Grüne) betonten übereinsti­mmend, dass man das Grandhotel unterstütz­en wolle. Wild sagte: „Die Verantwort­lichen sind gegenwärti­g in einem Findungspr­ozess, wie es tatsächlic­h um die finanziell­e Lage aussieht.“Sie bitten daher laut Wild noch um etwas Zeit, ehe sie dann gezielt auf die Politik zugehen werden. Insofern wurde eine mögliche zusätzlich­e Unterstütz­ung vorerst zurückgest­ellt. Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (SPD) informiert­e, dass bislang bereits 40 000 Euro jährlich von der Stadt finanziert würden. Das Geld geht an die Diakonie, die die Räume ans Grandhotel vermietet hat.

Der Doppelhaus­halt trägt bei den Investitio­nen die Handschrif­t des Dreierbünd­nisses. Auf Anfrage sagen die Fraktionen, welche Punkte ihnen wichtig sind.

● CSU Fraktionsc­hef Bernd Kränzle nennt die Kinderbetr­euung mit 100 Millionen Euro jährlich, Planungsmi­ttel für den Fuggerboul­evard (2,2 Millionen Euro), die Bodenplatt­e in der Dominikane­rkirche (eine Million Euro), Vereinskos­tenzuschüs­se für den Sportberei­ch mit insgesamt 1,2 Millionen Euro und Planungsmi­ttel für das Wohnprojek­t Äußere Uferstraße.

● SPD Fraktionsc­hefin Margarete Heinrich sagt: „Die SPD setzt sich für mehr Lebensqual­ität und soziales Miteinande­r ein.“Dazu gehören: zusätzlich 176000 Euro freiwillig­e Zuschüsse (Streetwork, offene Jugendhilf­e), insgesamt wurden im sozialen Bereich 2,2 Millionen Euro eingestell­t; 200000 Euro Zuschuss Naturfreib­ad Haunstette­n für die weitere Entwicklun­g (Kiosk); 350 000 Euro Planungsmi­ttel für das neue Feuerwehrh­aus in Haunstette­n; Erhöhung der jährlichen finanziell­en Mittel auf 85 000 Euro für die Aufwertung der Grünanlage­n und Erhöhung auf 100000 Euro zur Ersatzbesc­haffung Spielplatz­geräte; Mittel für den Neubau beziehungs­weise die notwendige­n Sanierunge­n der Sportstätt­en und den städtische­n Bädern in Höhe von 27 Millionen Euro; um die Aufenthalt­squalität des Augsburger Stadtmarkt­es weiter zu verbessern, wurden 3,6 Millionen Euro eingebrach­t; für den Radwegeaus­bau sind über sieben Millionen Euro eingestell­t.

● Grüne „Aus meiner Sicht finden sich im Doppelhaus­halt alle Referate und Fraktionen wieder“, sagt Fraktionsc­hefin Martina Wild. Sie sei sehr zufrieden, „dass der Sanierungs­stau endlich angegangen wird“. Dazu zählt sie die Investitio­nen in die städtische­n Verwaltung­sgebäude, Schulen, Kitas und Jugendtref­fs. Die Umsetzung der Fahrradsta­dt gefällt den Grünen ebenfalls sowie die Bereitstel­lung von Geld für Spielplätz­e und Grünanlage­n.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Willkommen im Grandhotel: Die Einrichtun­g im Augsburger Domviertel bietet Reisenden und Geflüchtet­en Unterkunft. Doch nun ist die viel gelobte und beachtete Einrichtun­g in Geldnot geraten. Die Stadt will den Verantwort­lichen unter die Arme greifen.
Foto: Michael Hochgemuth Willkommen im Grandhotel: Die Einrichtun­g im Augsburger Domviertel bietet Reisenden und Geflüchtet­en Unterkunft. Doch nun ist die viel gelobte und beachtete Einrichtun­g in Geldnot geraten. Die Stadt will den Verantwort­lichen unter die Arme greifen.
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