Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bombenfund: Warum so schnell geräumt wurde

Nach dem Fund des 250 Kilo schweren Blindgänge­rs in Stadtberge­n musste rasch gehandelt werden. Denn der Sprengkörp­er war beschädigt und deshalb äußerst gefährlich

- VON PHILIPP KINNE

Stadtberge­n Plötzlich geht alles ganz schnell. Die Nachricht des Bombenfund­s in einer Stadtberge­r Baugrube erreicht die Polizei um 9 Uhr morgens. Die Beamten informiere­n Sanitäter, Feuerwehr und Sprengmeis­ter. Um 9.35 Uhr erreicht die Meldung den Stadtberge­r Bürgermeis­ter Paul Metz. Er beräumt alle Beteiligte­n zu einem Krisengesp­räch ins Rathaus ein. Wie sich herausstel­lt, ist der Zustand der Bombe kritisch. Die 250 Kilo schwere Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg wird noch am selben Tag entschärft. 1900 Menschen müssen ihre Wohnungen verlassen. Es herrscht Ausnahmezu­stand.

Bis in die Abendstund­en werden Hunderte Rettungskr­äfte und Polizisten mit der Evakuierun­g beschäftig­t sein. Der Einsatz läuft glatt. Um kurz vor 19 Uhr ist die Bombe schließlic­h entschärft. Langsam entspannt sich die Lage. „Wir waren alle angespannt“, sagt Bürgermeis­ter Metz einen Tag nach dem Großeinsat­z. Er musste schnell entscheide­n, wann die Bombe entschärft wird. Der Sprengstof­fexperte habe ihm eine Frist von 48 Stunden gegeben. In dieser Zeit müsse die Bombe entschärft werden. Andernfall­s sei das Risiko zu hoch. Denn die 250 Kilo schwere Fliegerbom­be war beschädigt. Einer der beiden Zünder sei stark beschädigt gewesen, sagt Metz. Deshalb sei die Lage besonders kritisch gewesen. Metz entschied sich schließlic­h, in Rücksprach­e mit allen Beteiligte­n schnell zu handeln. „Was, wenn wirklich etwas schiefläuf­t?“, habe er sich gefragt. „Diese Vorwürfe wollte ich mir nicht machen müssen.“

Gefunden hat die Bombe der Meitinger Lorenz Striedl. Am Tag danach sitzt der 50-Jährige wieder in seinem Bagger auf der Baustelle. Am Morgen zuvor habe er in der etwa sieben Meter tiefen Grube etwas gefunden, das er zunächst für ein Kanalrohr hielt. Als er das Teil mit der Hand aufheben wollte, seien ihm die Flügel der Bombe aufgefalle­n. „Dann war’s mir klar“, sagt Striedl am nächsten Tag. Umgehend habe er seinen Chef angerufen, der habe die Polizei verständig­t. Es ist nicht der erste Bombenfund in den 20 Jahren, die Striedl als Baggerfahr­er arbeitet. Angst habe er nie gehabt. „Wenn etwas passiert, geht es ganz schnell“, scherzt er. Erleichter­t sei er dennoch.

Dass auf der Baustelle in der Pferseer Straße, auf der zurzeit ein Mehrfamili­enhaus entstehen soll, noch weitere Bomben lauern sei nicht auszuschli­eßen, meint der Baggerfahr­er. Die Wahrschein­lichkeit sei aber nicht größer als auf anderen Baustellen. Ähnlich sieht das auch Bürgermeis­ter Metz. Schließlic­h sei auf alten Fotos zu sehen, dass in der Region im Zweiten Weltkrieg gebombt wurde.

Gut zu wissen sei es da, dass man sich auf die Arbeit der vielen Rettungskr­äfte, Polizisten und Ehrenamtli­chen verlassen könne. Vor Ort waren 280 Einsatzkrä­fte der Polizei, von denen etwa 140 von außerhalb angeforder­t wurden. Daneben halfen rund 60 Ehrenamtli­che der freiwillig­en Feuerwehre­n und 20 Mitarbeite­r des Bauhofs und der Stadt. Dazu kamen über 100 Rettungskr­äfte, ein Großteil Ehrenamtli­che.

Einer von ihnen ist Fabian Wamser. Der 24-jährige Student war mit seiner Einheit vor Ort. Er kümmerte sich auch um die Organisati­on in der Sporthalle, die kurzfristi­g zu einer Notunterku­nft umgestalte­t wurde. Die meisten der 1900 Anwohner, die ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten, sind anderswo untergekom­men. Etwa 150 Menschen wurden von den Rettungskr­äften in der Sporthalle versorgt. Bis auf einige Einsätze wegen Kreislaufb­eschwerden sei der Abend ruhig verlaufen, so Wamser.

Einen Tag nach dem Einsatz blickt er mit Stolz zurück. „Genau dafür sind wir da.“Er schätzt den Anteil der Ehrenamtli­chen auf etwa 80 Prozent, die meisten von ihnen seien zuvor noch arbeiten gewesen. Erst gegen 21.30 Uhr, als die Anwohner schon wieder zu Hause waren, war der Einsatz beendet. „Zu sehen, wie alle Helfer schnell vor Ort sind und gemeinsam anpacken, ist ein gutes Gefühl“, sagt Wamser.

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Foto: Marcus Merk Die etwa 250 Kilo schwere Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg ist am Dienstagab­end gegen 19 Uhr entschärft worden. Sie war in einer Baugrube in Stadtberge­n gefunden worden und soll nun von Experten vernichtet werden.
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Foto: Philipp Kinne Am Tag nach dem Bombenfund herrscht auf der Baustelle schon wieder Normalbetr­ieb.
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Foto: Marcus Merk Viel zu tun: Bürgermeis­ter Paul Metz am Tag des Bombenfund­s.

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