Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Als Anfänger im Sportverein
Immer wieder wollen auch Erwachsene ohne Vorkenntnisse eine neue Sportart erlernen. Wie gehen die Vereine mit ihnen um: Sind Einsteiger willkommen oder eine Belastung?
Landkreis Augsburg Der Sportverein gilt noch immer als der Kitt der Gesellschaft: Er verbindet Engagement und Geselligkeit mit Sport und Kampfgeist. Wir beleuchten in unserer Themenwoche, welche Rolle diese Vereine für uns spielen – und wie leicht es Anfänger haben, die erst im Erwachsenenalter eine Sportart erlernen wollen.
Die Sporttasche ist gepackt, der Schläger noch eingeschweißt, die neuen Sportschuhe quietschen auf dem Hallenboden. Das allererste Training beginnt. Werden einen die anderen Spieler gut aufnehmen? Wird man als Anfänger überhaupt mithalten können? Viele Erwachsene möchten mit über 30, 40 oder 50 Jahren noch mal eine neue Sportart ausprobieren und sogar einem Verein beitreten – auch wenn sie keine Vorkenntnisse haben und vielleicht nur zum Spaß ab und zu das Training besuchen wollen. Wie schwierig gestaltet sich für sie der Eintritt?
Für Stefan Heß ist diese Situation nicht immer leicht. Der Cheftrainer in der Abteilung Badminton beim TSV Gersthofen spricht von einem Spagat: „Auf der einen Seite muss man einen Zusammenhalt zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen herstellen. Auf der anderen Seite ist es nicht so einfach, die Übungen im Training durchzusetzen, wenn nicht alle mitmachen können.“Im Badmintontraining der Erwachsenen sporteln zwar alle zusammen, trotzdem bräuchten die Neuen intensivere Begleitung, sagt Heß. Dafür müssten gleichzeitig natürlich auch genügend Trainer oder erfahrene Spieler da sein, die den Anfängern die Techniken erklären. „Manchmal müssen wir auch die Gruppen trennen in Spaßsportler und die Spieler, die für einen Wettkampf trainieren.“
Ähnliches berichtet auch Christian Nissl, der beim Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV) für die Vereinsentwicklung zuständig ist. Sicherheit ist es einfacher, wenn man mit einem Verein mitwächst, als wenn man erst später einsteigt.“Viele Vereine hätten oftmals gar nicht die Kapazitäten, wie etwa genügend Ehrenamtliche, Platz oder Zeiten, um eigene Angebote für Anfänger zu schaffen. „Doch ich bin mir sicher, dass jeder Verein sein Möglichstes für neue Mitglieder tun wird, die sich sportlich bewegen oder einfach mit Menschen Zeit verbringen wollen.“
Neue Sportler seien in der Gersthofer Badminton-Abteilung immer willkommen, sagt Stefan Heß: „Wir machen immer ein gemeinsames Aufwärmen für alle. Da kann jeder mitmachen, so gut, wie er eben kann.“Es gebe aber auch Sportler, die einfach nur zum Spaß spielen wollten. Die kämen dann einfach erst später dazu. „Auch wenn Badminton ein komplexer Sport mit vielen Lauf- und Schlagtechniken ist, ist es dort meiner Ansicht nach leichter, später einzusteigen, als zum Beispiel bei Fußball oder Handball“, sagt Heß.
So sieht das auch Andreas Kindel„Mit bacher, Vorstandsvorsitzender des TSV Neusäß. „Einzelsportarten sind eher prädestiniert dafür, dass Anfänger auch später einsteigen können. Denn dort beeinflussen die Neuen nicht die gesamte Teamleistung.“Auch bei Mannschaftssportarten wie Fußball und Handball sei es in Neusäß jederzeit möglich mitzutrainieren. „Allerdings wird im Ligabetrieb gegen fremde Vereine vorselektiert. Das heißt, es ist nicht sicher, dass Anfänger auch zum Einsatz kommen.“
Grundsätzlich pflegt Andreas Kindelbacher aber eine Willkommenskultur im Verein: „Vereinssport beruht auf einem Miteinander. Und es muss auch für Leute Platz sein, die Sport des Spaßes und der Bewegung willen machen wollen – unabhängig von Alter und Können.“Die Freude am Sport ist auch für Stefan Heß vom TSV Gersthofen wichtig. „Ich würde zwar auch gern manchmal leistungsorientierter trainieren. Aber wenn man nur noch darauf geht, sind die Sportler schnell unmotiviert, überfordert und verlieren den Spaß.“Auch wenn eine Grundmotivation da sein sollte, ist die Freude für Heß entscheidend – genauso wie die Vereinbarkeit mit dem Beruf und dem Privatleben. „Bei uns gibt es deshalb keine Verpflichtung, am Training teilzunehmen. Schule, Arbeit, Privates und Gesundheit kommen einfach vor dem Verein.“
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