Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wertingen ist eine besonders faire Stadt

Zum vierten Mal in Folge bekommt sie das offizielle Siegel als „faire Stadt“verliehen. Doch was verbirgt sich hinter der abstrakten Bezeichnun­g? Eine „Steuerungs­gruppe“spielt eine besondere Rolle

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Geht es nach Kurt Göpfrich, ist Wertingen ein leuchtende­s Beispiel für andere Städte in der Region. Denn in Sachen „Fairer Handel“und der Weiterverb­reitung dieses Gedankens ist die Zusamstadt den meisten Städten im Landkreis und auch darüber hinaus um einiges voraus.

Zum vierten Mal in Folge wurde Wertingen das Siegel „Faire Stadt“vom Verein „Transfair“verliehen. Was einigermaß­en dröge klingt, ist in Wahrheit ein beeindruck­ender Erfolg für eine Kleinstadt mit nicht einmal 10 000 Einwohnern. Denn Wertingen ist nicht nur seit 2012 als faire Stadt ausgezeich­net, sondern beherbergt auch ganze vier „faire Schulen“. Im ganzen restlichen Landkreis gibt es nur noch eine weitere solche Einrichtun­g, die Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik in Dillingen. Die Donaustadt ist auch selbst FairtradeS­tadt. Ansonsten gibt es keine Kommune oder Einrichtun­g im Kreis, welche das renommiert­e Siegel für sich beanspruch­en darf.

Um Fairtrade-Stadt zu werden, galt es, fünf Anforderun­gen zu erfüllen: Der Bürgermeis­ter und der Stadtrat trinken fair gehandelte­n Kaffee und halten die Unterstütz­ung des fairen Handels in einem Ratsbeschl­uss fest. In Geschäften und gastronomi­schen Betrieben werden Produkte aus fairem Handel angeboten, die Zivilgesel­lschaft leistet Bildungsar­beit und die lokalen Medien werden mittels Pressearbe­it über die Aktivitäte­n vor Ort informiert, um bei Interesse darüber zu berichten. Außerdem gibt es eine „Steuerungs- gruppe“, die alle Aktivitäte­n koordinier­t, die mit fairem Handel zusammenhä­ngen. „Fairer“Handel heißt dabei, dass die Erzeugung der Produkte, wie Kaffee, Wein oder Textilien, ohne Ausbeutung geschieht und die Produzente­n angemessen­e Löhne erhalten können. Damit diese Produkte und der dahinter stehende Gedanke in Wertingen noch populärer werden, trifft sich in Wertingen ungefähr vier Mal im Jahr die Steuerungs­gruppe. Dieser gehören Mitglieder des Stadtrates, der Schulen, der Kirchen sowie der freien Wirt- schaft an. Der Sprecher dieser Steuerungs­gruppe ist Kurt Göpfrich, der in Wertingen auch den Weltladen leitet und Mitglied beim Verband „Solidaritä­t für eine Welt“ist. Über die erneute Auszeichnu­ng freut er sich sehr. „Wir verstehen die bestätigte Auszeichnu­ng als Motivation und Aufforderu­ng für weiterführ­endes Engagement“, sagt er.

Das Engagement in Wertingen sei vielfältig: Als Beispiele nennt er das alljährlic­he faire Frühstück im Mai und im September, die Beteiligun­g an der Wertinger Nacht und an der Schlosswei­hnacht. Jährlich würden Angebote wie Konzerte, Theaterstü­cke oder Vorträge verwirklic­ht. Außerdem würden intern die rund 30 ehrenamtli­chen Mitarbeite­rinnen regelmäßig geschult. Die vier Fairtrade-Schulen seien besonders bemerkensw­ert für eine kleine Stadt wie Wertingen. „Da sind wir sicherlich führend“, sagt Göpfrich. Die Auszeichnu­ng der Schule hat formal nichts mit der Auszeichnu­ng der Stadt zu tun, doch geht in der Praxis das Engagement ineinander über. In Wertingen sind die Mittelschu­le, die Realschule, das Gymnasium sowie als jüngster Neuzugang die Montessori-Schule von dem Verband Transfair ausgezeich­net worden. Das bedeutet in der Praxis, dass dort zumindest einige fair gehandelte Produkte für die Schüler angeboten werden und ein Arbeitskre­is von Schülern und Lehrern eingericht­et worden ist. Das findet auch der Stadtrat Anton Stegmair (Freie Wähler), der sich für die Belange des Fairen Handels stark macht. Es sei auch das Ziel, die Grundschul­en zu fairen Schulen zu machen. Doch hier stoße die Anforderun­g eines Arbeitskre­ises mit Schülern und Lehrern auf praktische Probleme. Hier überlegt man sich in der Steuerungs­gruppe noch Lösungen.

Auch Bürgermeis­ter Willy Lehmeier äußerte sich freudevoll über die Auszeichnu­ng für das „Städtle“und die Arbeit der Steuerungs­gruppe: „Lokale Akteure aus Politik, Zivilgesel­lschaft und Wirtschaft arbeiten hier eng für das gemeinsame Ziel zusammen“, sagte Lehmeier. Er sei stolz, dass Wertingen Teil eines globalen Netzwerks des fairen Handels sei und seinen Beitrag leiste.

Kurt Göpfrich will das Engagement in Wertingen noch weiter fördern. Man leiste hier einen wichtigen Beitrag in globalen Zusammenhä­ngen. Er sieht in Wertingen auch den politische­n Willen dafür gegeben. Denn der faire Handel erstreckt sich in der Zusamstadt sogar bis hin auf den Friedhof: Seit einem Stadtratsb­eschluss von 2016 sollen dort nämlich keine Grabmale mehr aufgestell­t werden, deren Steine unter ausbeuteri­schen Bedingunge­n gefördert wurden.

 ?? Symbolfoto: Bernd Weißbrod/dpa ?? Wertingen ist zum vierten Mal in Folge als faire Stadt ausgezeich­net worden. Neben Dillingen ist sie die einzige Stadt im Landkreis mit dieser Auszeichnu­ng, die vom Verein „Transfair“vergeben wird. Außerdem gibt es in der Zusamstadt noch vier „Fair-TradeSchul­en“.
Symbolfoto: Bernd Weißbrod/dpa Wertingen ist zum vierten Mal in Folge als faire Stadt ausgezeich­net worden. Neben Dillingen ist sie die einzige Stadt im Landkreis mit dieser Auszeichnu­ng, die vom Verein „Transfair“vergeben wird. Außerdem gibt es in der Zusamstadt noch vier „Fair-TradeSchul­en“.

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