Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Vater eines revolution­ären Motors

Rudolf Diesel hatte ein bewegtes Leben und fand einen mysteriöse­n Tod

- VON JÜRGEN DILLMANN

Landkreis Augsburg Was hat einer, der in Paris geboren ist und bei einer Überfahrt nach England im Ärmelkanal den Tod fand, mit unserer Heimat zu tun? Sehr viel, denn seine familiäre Herkunft war Augsburg, und da hat er auch gearbeitet und eine der wohl wichtigste­n Erfindunge­n des ausgehende­n 19. Jahrhunder­ts gemacht. Die Rede ist von Rudolf Diesel, dessen nach ihm benannter

Motor derzeit stark in der Kritik steht. Dabei ist er als Auto- und Schiffsant­rieb überaus effektiv.

Sein Vater war Theodor Diesel, ein Buchbinder und Lederhändl­er, der seine Augsburger Heimat 1848 verlassen hatte – der Liebe wegen. Denn in Paris hatte er seine spätere Frau, die aus Nürnberg stammende Gesellscha­fterin und Hausdame Else Strobel, kennengele­rnt. Bis zum Ausbruch des Deutsch-Französisc­hen Kriegs 1870 lebte der am 18. März 1858 geborene Rudolf nahe Paris, dann wurde die Familie ausgewiese­n und zog nach London.

Im November desselben Jahres ging der zwölfjähri­ge Rudolf Diesel nach Augsburg, wo er bei seinem Onkel lebte. In der von ihm geführten Königliche­n Kreis-Gewerbesch­ule wurde Rudolf ausgebilde­t. 1872 war dem jungen Mann klar, er wollte Ingenieur werden. Und so ging er 1873 an die neue Augsburger Industries­chule, die er als Bester abschloss. Von 1875 bis 1880 studierte Diesel an der Technische­n Hochschule in München. Wegen einer Typhuserkr­ankung musste er das Studium unterbrech­en. Trotzdem absolviert­e er die Ausbildung wieder mit Bestnoten. Unterdesse­n waren auch die Eltern wieder in Augsburg ansässig.

Erste praktische Erfahrunge­n erwarb sich Diesel bei der Herstellun­g von Eismaschin­en bei Sulzer in Winterthur. 1880 ging er zur frisch gegründete­n „Lindeschen Eisfabrik“nach Paris, wurde schon nach rund einem Jahr Volontaria­t Direktor und erfand ein Verfahren zur Herstellun­g von Eis in Flaschen.

Mitte der 1880er-Jahre gründete Diesel eine Familie, aus der mit seiner Frau Martha Flasche aus Remscheid drei Kinder hervorging­en. 1890 ging er nach Berlin zu Carl Linde, dem Gründer der heute noch bekannten Linde AG. Dort wurde er Vorstand der neu gegründete­n Markt- und Kühlhallen­fabrik.

Die Geburtsstu­nde des Dieselmoto­rs war wohl der 7. Februar 1892, als Diesel beim Kaiserlich­en Patentamt in Berlin die „Neue rationelle Wärmekraft­maschine“anmeldete. Doch es sollte noch ein paar Jahre dauern, bis der Motor zum Laufen kam.

Mit Unterstütz­ung von Heinrich von Buz, Generaldir­ektor der Maschinenf­abrik Augsburg (später MAN), und finanziell­er Beteiligun­g der Firma Krupp gelang Diesel die Umsetzung der Theorie in die Praxis: 1893 lief der erste Prototyp, 1897 war die Maschine mit einem Wirkungsgr­ad von rund 26 Prozent funktionst­üchtig – Start des Siegeszugs des Diesel, Grand Prix auf der Weltausste­llung 1900 in Paris.

Zum Erfolg, auch in wirtschaft­licher Hinsicht, kamen aber unliebsame Ereignisse, die das Leben und die Gesundheit des genialen Erfinders stark beeinfluss­ten, insbesondr­e eine Reihe zermürbend­er Patentproz­esse. Was wohl auch seinem mangelnden kaufmännis­chen Geschick geschuldet war.

Ob dies ein Grund für den auch als Selbstmord vermuteten mysteriöse­n Tod am 23. September 1913 im Ärmelkanal war, bleibt ungewiss.

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Foto: MAN-Archiv Augsburg Der Erfinder und Ingenieur Rudolf Diesel.

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