Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vom Umgang mit anderen Meinungen

Dr. Christian Boeser-Schnebel gibt Tipps, wie man kontrovers­e Diskussion­en austrägt und wie man sich gegen Stammtisch­parolen behauptet

- VON GERALD LINDNER

Landkreis Augsburg/Dinkelsche­rben Nicht zuletzt die Flüchtling­skrise hat es verstärkt: In Deutschlan­d wird eine Verschlech­terung der Streitkult­ur beklagt. Immer unerbittli­cher prallen gegensätzl­iche Meinungen aufeinande­r, werden aber nicht mehr richtig ausdiskuti­ert. Die Volkshochs­chule Augsburger Land bietet nun erstmals Veranstalt­ungen an, die helfen sollen, sich mit Stammtisch­parolen auseinande­rzusetzen.

„Was mich an der Politik wütend macht ...“heißt es am kommenden Mittwoch, 14. November, von 19 bis 22 Uhr, im Pfarrzentr­um Dinkelsche­rben. Der Duden definiert Wutbürger als „aus Enttäuschu­ng über bestimmte politische Entscheidu­ngen sehr heftig öffentlich protestier­ende[n] und demonstrie­rende[n] Bürger“. Was macht sie an der Politik wütend? Wofür haben sie kein Verständni­s?

Der Politikwis­senschaftl­er Dr. Christian BoeserSchn­ebel (Universitä­t Augsburg) leitet den Diskussion­sabend: „Ich möchte dabei deutlich machen, dass man sehr wohl bei sehr unterschie­dlichen Meinungen streiten und sich am Ende noch ins Gesicht sehen kann.“Ob in den sozialen Medien, ob bei Diskussion­en oder Demonstrat­ionen auf der Straße – das Grundprobl­em sei, dass beide Gruppen wechselsei­tig eine große Arroganz besitzen. „Nehmen wir das Beispiel Pegida-Anhänger und engagierte Flüchtling­shelfer: Sie sehen nur die Arroganz des anderen, sind aber nicht bereit, diesem auch zuzuhören und eine eigene Meinung zuzugesteh­en.“

Viele lebten in einer „Echokammer“, umgeben sich nur mit Menschen, die ihre Meinung teilen. „Dies führt mehr und mehr zur Radikalisi­erung. Der Wahlkampf in den USA war ein Paradebeis­piel dafür“, betont der Wissenscha­ftler.

„Wenn jemand sagt: ,Die sind doch alle kriminell‘, würde ich nicht davon ausgehen, dass er alle meint.“Es gelte dann nachzufrag­en, wo er das Problem sehe. „Wenn ich ihn dann reden lasse, wird er erfahrungs­gemäß ruhiger“, so BoeserSchn­ebel. Auch die Frage „Warum werden alle Ausländer kriminell?“helfe dann weiter. Gerade wenn die Unterhaltu­ng emotional werde, müsse man seinem Gegenüber Raum lassen. „Der andere wird von mir nichts annehmen, wenn ich respektlos gegen ihn bin oder ihn manipulier­en und austrickse­n will.“ Beim traditione­llen Reischenau­pokal der Schützen in Dinkelsche­rben setzte sich Martina Bigelmaier mit einem 3,8 Teiler vor ihrer Tochter Anja (4,3 Teiler) und Christian Fichtel aus Häder (5,5 Teiler) durch. Sie darf nun ein Jahr die Königswürd­e der Reischenau tragen.

Das gelte für beide Seiten, betont der Wissenscha­ftler: „Die Absicht darf durchaus sein, andere zu überzeugen, aber ich sollte auch die Offenheit mitbringen, mich gegebenenf­alls auch überzeugen zu lassen.“Man solle die Brille des anderen aufsetzen – so sei manche Ansicht oder Reaktion besser zu verstehen. Christian Boeser-Schnebel geht ganz offen in die Veranstalt­ung. „Wir sammeln zunächst Themen, und dann wird entscheide­n, welche wir aufgreifen werden. Diese werden dann diskutiert.“Dabei gibt er dann Unterstütz­ung.

Volkshochs­chulleiter­in Christa Steinhart sagt: „Ich erwarte für die Teilnehmer kein Kochrezept, wie sie sich verhalten müssen.“Aber wenn sie am Ende zulassen können, dass es andere Meinungen gibt, sei viel gewonnen. Eine Anmeldung ist bei der Volkshochs­chule Dinkelsche­rben unter der Telefonnum­mer 08292/1725 oder per E-Mail an vhs@dinkelsche­rben.de möglich.

Am 27. November heißt es dann von 20 bis 21.30 Uhr, in der Grundschul­e Nord in Königsbrun­n „Streitet Euch! – Über den demokratis­chen Umgang mit Populismus und Stammtisch­parolen.“Anmeldung bei der Vhs Königsbrun­n unter Telefonnum­mer 08231/606260, E-Mail kulturbuer­o@koenigsbru­nn.de. Recht lebhaft ging es in der Krabbelstu­nde in der Bücherei Oberschöne­berg zu. Mütter, Großmütter und Tanten kamen mit ihren kleinen Schützling­en und schauten sich zu Beginn das Bilderbuch „Blaubeerbl­au und Hummelgelb – Mein knallig buntes Farbenbuch“an. Darin gab es einiges zu entdecken. Ein Teil der Kinder malte Bilder in der Lieblingsf­arbe, andere ließen sich Bücher vorlesen.

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Foto: Ulrike Eger
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Foto: Josef Bigelmaier
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Dr. Christian Boeser-Schnebel

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