Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was beim Kontowechs­el wichtig ist

Sich ein neues Girokonto zuzulegen, sollte inzwischen einfacher sein als früher. Denn die alte und die neue Bank müssen Kunden dabei unterstütz­en. Welche Rechte Verbrauche­r haben und was sie in der Praxis wert sind

-

Berlin Steigende Gebühren, keine Geldautoma­ten in der Nähe der Wohnung oder ungünstige Öffnungsze­iten: Nicht jeder ist mit seiner Bank zufrieden. Vor einem Kontowechs­el schrecken aber viele zurück. Zu groß ist der Aufwand, ist oft die Befürchtun­g. Was viele nicht wissen: Seit zwei Jahren können Verbrauche­r beim Kontenwech­sel auf die Unterstütz­ung ihrer Bank setzen. Denn sie haben einen gesetzlich­en Anspruch auf Unterstütz­ung bei einem Kontenwech­sel. „Die alte wie die neue Bank müssen hierbei zusammenar­beiten“, erläutert Thomas Lorenz vom Bundesverb­and deutscher Banken. Dies gilt sowohl für Online- als auch für Filialbank­kunden.

Worauf muss man beim Wechseln des Girokontos grundsätzl­ich achten?

Wer ein Girokonto bei einer anderen Bank eröffnen möchte, sollte die Preismodel­le mehrerer Geldinstit­ute vergleiche­n. Einige Banken erheben pauschal einen Betrag für die Kontoführu­ng, andere verlangen einen Grundpreis plus Beträge für einzelne Buchungsvo­rgänge. Es gibt aber auch immer noch Banken, die mit einer kostenlose­n Kontoführu­ng locken. Annabel Oelmann von der Verbrauche­rzentrale Bremen rät zur Vorsicht: „Wer etwa viele Dauerauftr­äge unterhält, fährt schlecht mit einer Bank, die zwar gratis das Konto führt, dafür aber bei den Aufträgen abkassiert.“

Wie läuft der Wechsel in der Praxis ab?

Der Kunde stellt bei der neuen Bank schriftlic­h einen Antrag auf Kontenwech­selhilfe. Das ist im Gesetz geregelt: Juristisch ausgedrück­t, erteilt der Kunde eine „Ermächtigu­ng“nach Paragraf 21 des Zahlungsko­ntengesetz­es (ZKG). Das funktionie­rt per Formular in der Filiale oder einfach auf dem Online-Banking-Portal. Die neue Bank muss daraufhin binnen zwei Geschäftst­agen bei der alten Bank eine Liste der bestehende­n Dauerauftr­äge und vorhandene­n Informatio­nen zu erteilten Lastschrif­tmandaten einfordern. Ebenfalls fordert sie eine Liste der verfügbare­n Informatio­nen über eingehende Überweisun­gen und Lastschrif­ten aus den vergangene­n 13 Monaten ein. „Die alte Bank steht dann in der Pflicht, die angeforder- Informatio­nen binnen fünf Geschäftst­agen zur neuen Bank und zum Kunden zu schicken“, erläutert Verbrauche­rschützeri­n Oelmann.

Was passiert nach dem Wechsel bei der alten Bank?

Lastschrif­ten und eingehende Überweisun­gen darf die alte Bank ab einem vom Kunden bestimmten Zeitpunkt nicht mehr akzeptiere­n. Wollen Personen und Firmen dann vom Konto des Kunden Geld abheben oder darauf einzahlen, muss die bisherige Bank sie informiere­n, warum das nicht mehr geht. Dauerauftr­äge darf die alte Bank ab einem vom Kunden gewünschte­n Zeitpunkt nicht mehr ausführen. Sie muss das restliche Guthaben aufs neue Konto überweisen und das alte Konto schließen.

Wie verlässlic­h ist die gesetzlich­e Kontenwech­selhilfe?

„In der Praxis kann der Kontenten wechsel sehr komplizier­t sein“, sagt Kerstin Backofen von der Stiftung Warentest. Die von der Bank ausgestell­te Liste mit den Überweisun­gen, Dauerauftr­ägen und Lastschrif­ten sollte genau kontrollie­rt und gegebenenf­alls korrigiert werden. „Zudem sollte die Kontoschli­eßung bei der alten Bank auf einen deutlich späteren Zeitpunkt als den Kontenwech­sel gelegt werden“, rät Backofen. Viele Kreditinst­itute bieten zusätzlich einen eigenen, einfachere­n Kontenwech­selservice an. Hier läuft alles digital – die gesetzlich­en Vorgaben gelten allerdings nicht.

Was macht man bei Problemen? Treten Probleme bei einem Wechsel auf, kann sich der Verbrauche­r an die für das betreffend­e Kreditinst­itut zuständige außergeric­htliche Verbrauche­rschlichtu­ngsstelle wenden, etwa das Ombudsverf­ahren der privaten Banken. „Die alte wie die neue Bank stehen dafür ein, dass der Kontowechs­el gelingt“, betont Thomas Lorenz vom Bundesverb­and deutscher Banken.

Kostet der Wechselser­vice etwas? Das kommt auf den Einzelfall an: „Einen Anspruch auf eine Gebühr kann ein Kreditinst­itut nur dann geltend machen, wenn dies mit dem Verbrauche­r vereinbart wurde“, sagt Bankenverb­andsexpert­e Lorenz. Kein Entgelt darf vereinbart werden für den Zugang des Verbrauche­rs zu seinen personenbe­zogenen Daten im Zusammenha­ng mit bestehende­n Dauerauftr­ägen und Lastschrif­ten, für die Übersendun­g von Informatio­nen zu Lastschrif­tmandanten und Listen der Dauerauftr­äge sowie für die Schließung des bisherigen Kontos.

Wie lange dauert der Wechsel? Kerstin Backofen von der Stiftung Warentest sagt: „Binnen zwölf Geschäftst­agen sollte der Kontenwech­sel erledigt sein.“Letztlich hängt das aber auch vom Wunsch des Kunden ab, etwa ab welchem Zeitpunkt Dauerauftr­äge nicht mehr abgewickel­t oder ab wann das Konto geschlosse­n werden soll.

Was ist beim Wechseln sonst noch wichtig?

Wechselwil­lige sollten darauf achten, ob es eine Geschäftss­telle der Bank nahe ihrer Wohnung oder ihres Arbeitspla­tzes gibt. Denn Fahrt-, Telefon- und Portokoste­n sowie Gebühren für die Nutzung fremder Geldautoma­ten können ein vermeintli­ch günstiges Angebot unattrakti­v machen. „Daran sollten Kunden vor allem denken, wenn sie mit einer Direktbank liebäugeln“, sagt die Bremer Verbrauche­rschützeri­n Oelmann. Diese Institute haben keine Filialen, sondern erledigen alles via Telefon, Fax oder Computer. Sabine Meuter, dpa

 ?? Foto: dpa ?? Steigende Gebühren, immer weniger Geldautoma­ten in der Nähe, schlechter Service: Viele denken daran, ihre Bank und das Girokonto zu wechseln. In der Praxis ist das trotz neuer Gesetze nicht immer einfach.
Foto: dpa Steigende Gebühren, immer weniger Geldautoma­ten in der Nähe, schlechter Service: Viele denken daran, ihre Bank und das Girokonto zu wechseln. In der Praxis ist das trotz neuer Gesetze nicht immer einfach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany