Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mord statt Kündigung

Was war das Motiv des Todespfleg­ers?

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München Ein Hilfspfleg­er soll an verschiede­nen Einsatzort­en in Deutschlan­d fünf alte Männer und eine Seniorin ermordet haben. Dies ergaben die Ermittlung­en gegen den 36 Jahre alten Mann aus Polen, der seit Februar in Untersuchu­ngshaft sitzt. Drei Morde soll der Hilfspfleg­er in Bayern, außerdem je einen in Schleswig-Holstein, Baden-Württember­g und Niedersach­sen begangen haben. In den Fokus rückt nun die Frage nach seinem Motiv.

Dem selbst an Diabetes erkrankten Hilfspfleg­er wurde im Januar 2017 Insulin verschrieb­en. Mit einem sogenannte­n Insulinpen spritzte er seit April 2017 auch zwölf betreuten Senioren das Medikament, obwohl diese das gar nicht brauchten – sechs Menschen starben an der Dosis. Der Beschuldig­te gestand die Taten, bestritt aber eine Tötungsabs­icht. Seit Mai 2015 hatte der Hilfspfleg­er sich nach den Erkenntnis­sen der Ermittler in Deutschlan­d um pflegebedü­rftige Personen gekümmert, zur 24-Stunden-Pflege zog er bei den Patienten auch ein. Bei diesen Einzügen ist den Ermittlern zufolge auch das Motiv des Mannes zu finden. Denn in der Regel habe er nach kurzer Zeit festgestel­lt, dass ihm „dieser Arbeitspla­tz nicht so liegt“, sagte Oberstaats­anwältin Anne Leiding. Die Gründe dafür seien unterschie­dlich, beispielsw­eise „dass die Gepflegten häufig Besuch empfangen, und er sich dadurch kontrollie­rt fühlt“, so Leiding. Andere Gründe: fehlendes WLAN, Essen, das ihm nicht schmeckte, oder dass er mehrfach in der Nacht aufstehen musste. Der 36-Jährige wollte demnach weg von den Arbeitsste­llen. Im Falle einer Kündigung hätte er jedoch teilweise mit vertraglic­hen Strafen rechnen müssen. Um diesen zu entgehen, habe er das Insulin verabreich­t, so die Ermittler. So wurden die Patienten zum Notfall, ins Krankenhau­s gebracht und er konnte von einem außerorden­tlichen Kündigungs­recht Gebrauch machen. „Nach unserem Stand der Ermittlung­en nahm er den Tod der Betreuten durchaus billigend in Kauf“, sagte Wimmer.

Noch seien die Ermittlung­en nicht abgeschlos­sen, man werde voraussich­tlich noch bis zum Frühjahr brauchen.

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