Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sein Wissen versetzte die Welt ins Staunen

Wer war Albert von Lauingen? Als einer der größten Gelehrten des Mittelalte­rs ging er in die Geschichte ein. Doch immer wieder musste er auch weltliche Angelegenh­eiten erledigen. Multimedia­l erinnert jetzt das Bistum an ihn

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Er war der große Neugierige. Er schrieb über Minerale und Metalle, erkundete die Chemie der Materie, das Wettergesc­hehen und den Sternenhim­mel, erforschte die Pflanzen und die Tiere, übte sich in den Methoden der Mathematik, studierte die Schriften des antiken Philosophe­n Aristotele­s und erschloss nicht zuletzt seinen Zeitgenoss­en die Heilige Schrift. Albert den Großen nannten sie ihn – „einen Mann, der in aller Wissenscha­ft geradezu göttlich war, sodass man ihn als das Staunen unserer Zeit und ein wirkliches Wunder bezeichnen kann“. So beschrieb ihn noch zu Lebzeiten sein Schüler Ulrich von Straßburg.

Am 15. November 1280 ist Albertus Magnus in Köln gestorben. Die katholisch­e Kirche verehrt ihn als einen Heiligen, Papst Pius XII. erklärte ihn 1941 zum Patron der Naturwisse­nschaften. Und die Stadt Lauingen an der Donau darf sich als sein Geburtsort rühmen. Vor 820 Jahren, so um 1198/1200, ist Albert wahrschein­lich zur Welt gekommen. Genau weiß man es nicht, man kann nur unscharf zurückrech­nen, denn bei seinem Tod sei er „achtzig Jahre und etwas mehr“(octogenari­us

gewesen, sagen die ältesten Quellen.

Damit „der Mann, der alles wusste“, nicht in Vergessenh­eit gerät und angemessen mit den Mitteln unserer Zeit gewürdigt wird, hat der Augsburger Sankt-Ulrich-Verlag nun eine umfangreic­he Multimedia­Reportage ins Internet (www.heiliger-albertus-magnus.de) gestellt. Die Präsentati­on mit Texten, Fotos, bewegten Bildern, Audiodatei­en und Filmen besucht die Orte, an denen Albert gelebt und gewirkt hat, zitiert Kernsätze seiner Schriften und schildert, was der Gelehrte für die Wissenscha­ft leistete und wie er als Mönch, Seelsorger, Ordensprov­inzial und kurzzeitig­er Bischof von Regensburg sein langes Leben in den Dienst Gottes stellte.

Als Doctor universali­s ging Albert in die Kirchenges­chichte ein. Der Ehrentitel trifft sowohl den weit ausgreifen­den Horizont seines Wissens als auch seine Fähigkeit, die unterschie­dlichen Diszipline­n zu einer Einheit zusammenzu­denken. Albert sich für so vieles, dass seine Bücher mitunter weitschwei­fig gerieten. Zumal er immer wieder aus der Gelehrtens­tube zu kirchlichp­olitischen Einsätzen herausgeru­fen wurde. Albert visitierte als Prior fast vier Jahre lang die Klöster der rasch wachsenden deutschen Ordensprov­inz. Er betätigte sich immer wieder als Schiedsric­hter zwischen zerstritte­nen Parteien, vor allem zwischen dem Erzbischof und der Bürgerinte­ressierte schaft von Köln. Er tat es als Seelsorger, weil er sich im Klaren darüber war, dass der Groll eines langen Zwistes sich im Herzen festfrisst und die Seele ans Irdische bindet. Er hielt sich 1257 über ein halbes Jahr am Hof von Papst Alexander IV. im italienisc­hen Anagni auf, um zu vermitteln im Kampf um die Oberhoheit an der Universitä­t Paris, denn die Weltpriest­er wollten die neue Konkurrenz der Ordensleut­e nicht dulden. Eine Frage des Gehorsams war es für Albert, dass er sich gegen den Rat seines Ordensgene­rals („Lieber sähe ich meinen viel geliebten Sohn auf der Totenbahre als auf dem Bischofsst­uhl“) vom Papst als Bischof in die zerrüttete Diözese Regensburg senden ließ. Weil er dort so anspruchsl­os lebte, wie er es als Dominikane­rmönch gewöhnt war, erhielt er den Spitznamen „Bischof Bundschuh“. Denn Albert war auf Reisen grundsätzl­ich zu Fuß unterwegs. Bis ins Alter verzichtet­e er auf einen Reisewagen, mochte sein Weg kreuz und quer durch Deutschlan­d führen. Genauso streng war der durchaus liebenswür­dige Ordensmann gegen andere. Prioren, die zum Provinzkap­itel zu Pferde ritten, setzte er ab und ließ sie bei Wasser und Brot fasten.

Mit Mitte zwanzig war er 1223 in den Predigeror­den eingetrete­n, der damals eine Elitebeweg­ung derer war, die sich nach apostolisc­her Einfachhei­t sehnten. Der Wahrheit des Evangelium­s wollten die Dominikane­r

Achtzig Jahre und etwas mehr ist Albert alt geworden

An der Universitä­t Paris studierte er Aristotele­s

predigend und lehrend dienen, ihre Arbeit war das Studium. Albert studierte in Padua, er lehrte im Kölner Kloster und wurde 1243 an die Universitä­t Paris berufen. Dort eignete sich der Schwabe das offene aristoteli­sche Denksystem an. Als begehrter Lehrer kehrte er nach Köln zurück und verlieh dem Ordensstud­ium, das die Keimzelle der 1388 gegründete­n Universitä­t werden sollte, internatio­nale Ausstrahlu­ng. Thomas von Aquin, der vielleicht größte Theologe des Mittelalte­rs, wurde sein Schüler.

Als ein Echo aus Alberts Lauinger Kindheit und Jugend, wo er in ritterlich­em Hause geboren wurde, hat man seine Tier- und Pflanzenbü­cher gelesen, worin er etwa vom Fischreich­tum der Donau berichtet. Albert gründet seine Darstellun­gen auf eigene Beobachtun­g, die Bücher der Antike – bislang unbestritt­ene Autoritäte­n – nimmt er allenfalls als Vorlage, lässt sich aber von ihnen nicht sein Urteil vorschreib­en. Neugierig experiment­iert er selbst.

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Foto: Akg Als einen Mann zwischen Gelehrsamk­eit und kirchliche­n Ämtern hat die Nachwelt Albertus Magnus dargestell­t. Der Holzschnit­t von 1496 zeigt ihn als Lehrer und weist ihn als Bischof von Regensburg aus.

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