Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Dürfen Bayerns Polizisten Tattoos zeigen?
Ein Beamter zieht vor Gericht. Er will sich „Aloha“auf den Arm stechen lassen
München Totenköpfe, Blumenranken oder ein Schriftzug? Was bayerische Polizisten auf der Haut tragen, sieht niemand. Noch dürfen die Beamten Tattoos nicht offen zeigen. Doch das könnte sich aber ändern. Ein Polizist klagt ab heute vor dem Verwaltungsgerichtshof München, weil er ihm das Polizeipräsidium Franken ein Tattoo auf dem Unterarm untersagt hat. Er will sich das Wort „Aloha“(hawaiianisch für „Hallo“oder „Liebe“) stechen lassen.
Ein solches Motiv könnte dafür sorgen, dass Menschen die Kompetenz eines Polizisten infrage stellen, sagt Michael Siefener, Pressesprecher des Bayerischen Innenministeriums. Das liege an der Kombination aus Uniform und Tattoo. „Polizisten brauchen ein neutrales und seriöses Auftreten, denn sie stehen für Recht und Gesetz“, sagt Siefener. Außerdem gehe es um die Sicherheit der Polizisten: Durch Tattoos könne die Schwelle sinken, Beamte anzugreifen. „Sie werden möglicherweise nicht mehr als Autoritätsperson wahrgenommen“, fürchtet Siefener. Deshalb sei es besser, die Motive nicht offen zu tragen.
Aber wo liegt die Grenze zwischen persönlichem Schönheitsempfinden und den Interessen der Arbeitgeber? Die lasse sich nur schwer ziehen, sagt Jurist Christian Götz von der Verdi-Bundesverwaltung: „Beim Aussehen gibt es immer zwei Sphären: die Privatsphäre der Arbeitnehmer und die Darstellung des Betriebs.“Aber: Das Unternehmen oder der Dienstherr habe das Recht, Vorschriften festzulegen, wie die Angestellten oder Beamten den Arbeitgeber repräsentieren. Das gelte insbesondere für Stellen, in denen die Arbeitnehmer viel Kundenkontakt haben, zum Beispiel bei der Bank oder in der Beratung, sagt Götz. Wer sich dennoch tätowiert auf eine solche Stelle bewirbt, könne Probleme bekommen. Lässt sich ein langjähriger Mitarbeiter sichtbar ein Bild unter die Haut stechen, „kann er versetzt werden oder ihm droht im Extremfall die Kündigung“, erläutert er. Eine gesetzliche Vorgabe gebe es in den meisten beruflichen Sparten aber nicht.
Anders ist das bei der Polizei: Laut einem Sprecher der Gewerkschaft der Polizei regelt das Polizeigesetz in jedem Land, wie die Beamten während der Arbeitszeit aussehen müssen. In Berlin und BadenWürttemberg beispielsweise dürfen Polizisten bereits offen Tattoos tragen. Gerade in Berlin sei es schwierig geworden, geeignete Bewerber zu finden, deshalb sei diese Vorschrift gelockert worden.
In Bayern gebe es noch genügend Polizistennachwuchs, der den Vorgaben entspricht, betont Siefener: „Hier haben wir keine Notwendigkeit, die Regel zu ändern.“Verdeckt dürfen die Beamten in Bayern aber längst auch tätowiert sein. „Insofern kam der Wandel in der Gesellschaft auch bei der Polizei schon an“, sagt Siefener. Das ist nicht verwunderlich – schließlich trägt einer Studie der Universität Leipzig zufolge jeder fünfte Deutsche ein Bild auf der Haut.