Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Es war damals einfach schick, zu helfen.“
In unserem Helferkreis in der Hammerschmiede sind auch etwa ein Viertel der Helfer geblieben. Aber wenn man etwas Bestimmtes sucht, zum Beispiel Einrichtungsgegenstände für eine Wohnung, dann kommt aus allen möglichen Ecken noch Unterstützung. Auch von jenen, die heute nicht mehr so aktiv sind.
Frau Geier, sie sind seit den 1980er-Jahren in der Flüchtlingsarbeit engagiert. Wie haben sie das Jahr 2015 erlebt?
Isabella Geier: Das war schon etwas Außergewöhnliches. Einfach von der Masse der Menschen, die plötzlich zu uns gekommen ist. In den 1980er-Jahren, als ich mit der Flüchtlingsarbeit begonnen habe, habe ich mich mehr um Einzelne gekümmert. Es gab damals ein Flüchtlingsheim nahe dem Lech. Wir hatten dann zum Beispiel eine Kinderspielgruppe und eine Frauengruppe. Und man war damals als Helfer auch mehr auf sich alleine gestellt. Dass überall Helferkreise entstanden sind, das war auch etwas Neues im Jahr 2015.
Birgit Ritter: Durch diese Helferkreise ist auch in den Stadtteilen viel passiert, das ist vielen gar nicht so bewusst. Es sind dabei viele Bekanntschaften und Freundschaften unter den Bewohnern der Stadtteile entstanden. Das bereichert viele. Man kennt jetzt andere, die ähnlich denken und mit denen man auch mal reden kann. So kann man sich auch gegenseitig stützen, wenn es Probleme gibt. Das finde ich für den sozialen Zusammenhalt und den gesellschaftlichen Frieden in unseren Stadtteilen sehr wichtig.
Man bekommt mit der Zeit ein großes interkulturelles Verständnis. Das ist eine Bereicherung. Und man lernt auch tolle Menschen kennen. Der erste Flüchtling, den ich intensiv begleitet habe, kam aus dem Iran. Er ist inzwischen schon lange Ingenieur bei einer Firma in München. Er ist verheiratet, hat Kinder, ein Haus. Wir sehen uns heute natürlich nicht mehr so oft, aber der Kontakt zu ihm besteht noch immer.
Evita Dabbelt: Es ist mir schon immer wichtig gewesen, etwas im sozialen Bereich zu machen. Es ist der Kontakt mit verschiedenen Menschen, die Menschlichkeit und auch die Dankbarkeit, die man spürt.
Birgit Ritter: Für viele Ehrenamtliche ist es ein Ansporn, dass sie etwas Sinnvolles tun, wozu sie aber nicht durch Job oder Familie verpflichtet sind. Sie wollen sich auch selbst ausprobieren.
Isabella Geier: Ich habe mir auch immer gedacht, wenn sich möglichst viele von uns engagieren und den Menschen, die hierher kommen, helfen, dann gibt es auch viel weniger Probleme.
Im Jahr 2015 gab es bei den Menschen viel Sympathie für die Flüchtlinge. Es war von einer „Willkommenskultur“die Rede. Das hat sich teilweise gewandelt. Es gibt Diskussionen, wie viel Zuwanderung unser Land verkraftet. Die AfD feiert Wahlerfolge. Spüren Sie, dass sich da in der Gesellschaft etwas verändert hat? Evita Dabbelt: Ich denke, es hängt sehr stark vom sozialen Umfeld ab, in dem man sich bewegt. Ich persönlich erlebe bisher keine Ablehnung, weil ich mich für Flüchtlinge einsetze. Aber ich bin hier in Augsburg natürlich ● Birgit Ritter, 55, arbeitet am Augsburger Freiwilligenzentrum und hat im Jahr 2015 das Projekt „Flüchtlingslotsen“aufgebaut. Dabei werden