Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Viele hätten gerne mehr Kontakt zu Deutschen.“

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cht persönlich nehmen dürfen. Viele Menhen, die hier ankommen, tragen noch eine oße unsichtbar­e Last auf dem Rücken. anche haben auch Schulden, weil sie die hleuser bezahlen mussten. Deshalb wollen m Beispiel manche nicht in die Ausbilng, sondern lieber sofort in einen Job, mit m sie Geld verdienen. Es ist wichtig, dass elfer nicht vollkommen blauäugig an die che herangehen. Es geht in der Schulung ch um die Frage von Nähe und Distanz. h habe es als Helfer ja mit Menschen zu tun, nen ich auf Augenhöhe zu begegnen habe. h muss niemanden bemuttern, der schon wachsen ist. Und ich muss auch auf meine enen Grenzen schauen. Wie viel kann ich sten und ist es mir nicht zu viel? Es ist ja ein renamt und soll auch noch Spaß machen. argot Laun: Ein ganz wichtiger Punkt ist: it welcher Erwartung gehe ich in mein Engement? Ich habe schon auch Mitglieder n Helferkrei­sen erlebt, die eine sehr klare rstellung hatten, von dem, was ein Gechteter tun soll – aus ihrer Sicht. Ich habe auen erlebt, die von einem Flüchtling gegt haben, den lasse ich hier studieren. Er tte aber nur zwei Jahre die Schule in Afanistan besucht. Theoretisc­h ist da ein Studium schon möglich, aber praktisch ist es eben sehr schwierig. Die Motivation der Ehrenamtli­chen war gerade im Jahr 2015 ganz unterschie­dlich. Da gab es den Pragmatike­r und dann gab es zum Beispiel den, der eigentlich einsam war und Anschluss brauchte. Je nachdem, was die Motivation war, wurde man mehr oder weniger glücklich mit dem Engagement.

Hatten Sie bei Ihrer Arbeit schon mal einen Moment, in dem Sie aufhören wollten?

Isabella Geier: Frustriere­nde Erlebnisse gibt es natürlich auch.

Wenn man jemandem etwa ein Praktikum besorgt hat und er geht da nicht hin. Man hat alles schon vorbereite­t, und dann war es umsonst. Das gibt es. Aber es hält sich die Waage. Es gibt eben auch viele Fälle, in denen es super läuft. Ab und zu braucht man mal eine Pause. Aber dass ich aufhöre, habe ich noch nie in Erwägung gezogen. Die Aufgaben sind ja einfach da.

Birgit Ritter: Was auch die Helfer enorm belastet, sind die Fälle, in denen Flüchtling­e abgeschobe­n werden. Oder auch die sogenannte Drei-Plus-Zwei-Regelung – dass man für die Zeit der Lehre und zwei Jahre danach bleiben darf, darüber hinaus aber Ungewisshe­it besteht. Das ist auch für die ehrenamtli­chen Helfer sehr frustriere­nd.

Isabella Geier: Für Flüchtling­e ist die Lebenssitu­ation schwierig, erst recht, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird. Sie können nicht am normalen Leben teilnehmen. Sie haben nur wenig Geld, wohnen mit mehren Menschen in einem Zimmer. Und dann kommt auch noch der Druck aus der Heimat, etwa, wenn ein Verwandter operiert werden muss und dafür Geld gebraucht wird. Sie befinden sich oft in einer großen Zwangssitu­ation.

Die Politik hat angekündig­t, abgelehnte Asylbewerb­er konsequent­er abzuschieb­en. Spüren Sie das bei Ihrer Arbeit?

Isabella Geier: Auf jeden Fall. Dass die Politik nach rechts gerückt ist, erlebt man als Helfer ganz klar. Und diesen Druck bemerkt man dann natürlich auch bei den Flüchtling­en. Sie wachen zum Beispiel nachts panisch auf und träumen, sie seien schon abgeschobe­n worden. Für mich sind diese Ankerzentr­en auch etwas Schlimmes. Dass einfach alle Flüchtling­e eine sehr lange Zeit hinter Zäunen verbringen müssen, ohne Zugang für Helfer. Dass das in Deutschlan­d möglich ist, ist für mich wirklich ein Schock.

Evita Dabbelt: Bis jetzt wird es nicht überall umgesetzt, nur in Bayern und Sachsen. Isabella Geier: Ja. Aber die Große Koalition auf Bundeseben­e hat das abgesegnet.

Herr Morad, Sie sind im Jahr 2015 aus Syrien nach Deutschlan­d gekommen und engagieren sich heute selbst für Flüchtling­e. Wie kam es dazu?

Baraa Morad: Ich bin über Italien nach Deutschlan­d gekommen. Erst war ich in einem Heim in München, dann kam ich nach Aystetten. Ich war dann zwischendu­rch noch mal als freiwillig­er Helfer in Italien. Nach Augsburg bin ich wieder gekommen, weil hier meine Brüder leben. Ich habe begonnen, Deutsch zu lernen. Und ich bin über die Integratio­nsgruppe zum Verein „Tür an Tür“gekommen. Ich habe gesagt, dass ich auch gerne helfen würde. Zum Beispiel übersetzen, vom Arabischen ins Englische. Ich helfe gerne anderen, das ist mir wichtig. Oft reicht ein Lächeln, um jemanden wieder aufzubauen. Das ist ein gutes Gefühl. Die Leute bei „Tür an Tür“sind für mich wie eine Familie.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Baraa Morad: Ich würde gern hierbleibe­n und den Rest meines Lebens hier verbringen. Ich wüsste gar nicht, was ich in Syrien machen soll. Dort müsste ich auch noch einmal ganz neu anfangen. Ich kenne hier in Augsburg so viele nette Menschen. Ich wohne mit meinen beiden Brüdern in einer Wohnung in Oberhausen. Ich war in Damaskus Student im Bereich Wirtschaft. Mein Plan ist, mich am Klinikum ab April zum Krankenpfl­eger ausbilden zu lassen. Dafür muss ich jetzt noch einen Sprachtest machen. Hoffentlic­h klappt alles.

Haben Sie negative Erfahrunge­n mit Menschen gemacht, die Flüchtling­e ablehnen?

Baraa Morad: Ja, ich war ja an vielen Orten. In Griechenla­nd, in Italien, hier in Deutschlan­d. Es gibt immer wieder Leute, die aggressiv sind und etwas gegen Flüchtling­e haben. Einer hat mich im Supermarkt wegen meines Bartes angesproch­en. Er hat gesagt, früher hätten wir Dich rasiert. Ich bin ruhig geblieben und habe gesagt, es ist gut, dass es heute anders ist. Es gibt in jedem Land nette und weniger nette Menschen. Das ist eben so.

Der große Flüchtling­szustrom liegt jetzt drei Jahre zurück. Welche Herausford­erungen gibt es für die Helfer heute?

Margot Laun: Die Bedürfniss­e haben sich stark verändert. Sie sind viel spezieller geworden. Wir sehen es auch bei den Deutschkur­sen. Es ist schwierige­r, passende Gruppen zu finden, weil sich fast jeder in einer anderen Situation befindet und einen anderen Kenntnisst­and hat. Und die größte Sorge, abgesehen von den möglichen politische­n Entwicklun­gen, ist einfach, dass wir jetzt viele Flüchtling­e haben, die in Ausbildung sind. Sie sind zwar im Betrieb oft sehr gut. Aber sie haben Probleme an der Berufsschu­le, weil sie dort die ganz normalen Fachklasse­n besuchen und sprachlich­e Schwierigk­eiten haben. Das ist so schade. Ich kenne zum Beispiel den Fall eines Steinmetze­s aus dem Irak, der sehr gut im Betrieb war, aber an der Berufsschu­le gescheiter­t ist. Er ist jetzt als ungelernte Kraft tätig und kommt nicht weiter. Oft ist die Sprache entscheide­nd, wer aber in seiner Heimat nur zwei Jahre Schule hatte, dem fehlen auch noch andere Kenntnisse.

Isabelle Geier: Was immer ein Thema ist, ist die Hilfe beim Kontakt mit Ämtern. Es ist ja schon für einen Deutschen oft nicht einfach, ein Formular einer Behörde richtig auszufülle­n. Dazu kommt oft ein Wirrwarr an Zuständigk­eiten verschiede­ner Ämter. Flüchtling­e denken sich da manchmal zu Recht: Wie soll ich das alles nur schaffen?

Evita Dabbelt: Ein großes Thema bei den Flüchtling­en ist einfach die Unsicherhe­it, dass man nicht weiß, was kommt. Oder dass der Asylantrag abgelehnt worden ist. Ich habe auch einen Syrer kennengele­rnt, der gesagt hat, er würde am liebsten zurück gehen, weil er sich hier so alleine fühle. Viele Flüchtling­e hätten auch gerne mehr Kontakt zu Deutschen, etwa um die Sprache besser zu lernen. Aber das ist schwierig.

Isabella Geier: Das erlebe ich auch so. Dass Flüchtling­e schon drei Jahre hier sind, eine Ausbildung machen, zur Berufsschu­le gehen und privat aber noch keine Deutschen kennen. Es ist schade, dass da so eine Schranke vorhanden ist. Ich kenne Flüchtling­e, die sogar im Fußballver­ein sind. Aber es geht nicht so weit, dass sie auch mal von Deutschen eingeladen werden. Da habe ich oft das Gefühl: Es gibt zwar die Forderung an Flüchtling­e, ihr müsst euch integriere­n. Aber es geschieht nicht in gleichem Maße, dass man auch auf sie zugeht. Das finde ich schade.

Was kann man da tun, um Flüchtling­e besser einzubinde­n?

Margot Laun: Es wird gerade deshalb wichtig, verstärkt Angebote zu machen, bei denen Flüchtling­e aktiv mitarbeite­n. Damit sie auch mal wieder zeigen können, was sie können. Das darf nicht zu kurz kommen. Es ist für viele das Schlimmste, dass sie hier ankommen und dabei quasi auf Null gesetzt werden. Sie haben das Gefühl, man schaut nur auf die Defizite. Dabei können sie oft viel. Ich kenne Geflüchtet­e aus Albanien, die zum Teil drei, vier oder fünf Sprachen beherrsche­n, fließend in Wort und Schrift. Aber wir registrier­en das gar nicht, weil es keine ökonomisch verwertbar­en Sprachen sind. Wir haben jetzt die Chance, dem Einzelnen mehr gerecht zu werden, weil weniger Flüchtling­e kommen als vor drei Jahren. Im Jahr 2015 kam das etwas zu kurz.

Das Gespräch führten Jörg Heinzle und Miriam Zißler

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