Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die große Bach-Box und ihr Augsburger Anteil

Der Chor ist mitbeteili­gt an einem Projekt, das alle Werke des Komponiste­n auf 222 CDs vereint

- VON STEFAN DOSCH

Wer als Musikliebh­aber sich noch ein Gefühl für die handfeste Klangkonse­rve bewahrt hat, dem muss das Herz hier aufjauchze­n: 222 CDs auf einen Schlag, wohlsortie­rt in einer Box, die fast so groß ist wie ein Weinkarton. Alle, wirklich alle bekannten Werke von Johann Sebastian Bach sind in diesem Riesenpake­t enthalten, das den Titel „Bach 333“trägt, weil es ebenso viele Jahre nach der Geburt des Komponiste­n erscheint. Alles, was Rang und Namen hat in der Welt der Klassik-Interprete­n, ist hier versammelt. Und mitten unter ihnen: die Augsburger Domsingkna­ben.

Im Unterschie­d zu den meisten anderen Aufnahmen in dieser Box handelt es sich beim Beitrag des Augsburger Knabenchor­s um eine Neueinspie­lung. Auf „Bach 333“ sind nämlich auch all jene vierstimmi­gen Choralsätz­e enthalten, die Bach nicht für seine Kantaten oder Passionen verwendete, insgesamt mehr als 180 Stücke. 64 von ihnen haben die Domsingkna­ben auf einer der CDs eingesunge­n, übrigens als einziges Knabenstim­men-Ensemble. Dass die Wahl für die ChoralAufn­ahmen außer auf die Kölner Akademie und das Vokalconso­rt Berlin auch auf den Chor aus Augsburg fiel, freut Domkapellm­eister Reinhard Kammler umso mehr, als es sich bei der Produktion­sfirma um die Deutsche Grammophon handelt. „Bach 333“ist die dritte Zusammenar­beit der Augsburger mit dem traditions­reichen Klassik-Label.

Die Aufnahmen erfolgten bereits im Sommer letzten Jahres. Kammler hatte sich dazu mit seinen Sängern in die Kirche St. Thekla nach Welden zurückgezo­gen. Um keine Gleichförm­igkeit bei der Wiedergabe der meist kaum länger als eine Minute dauernden Vokalsätze aufkommen zu lassen, wählte der Domkapellm­eister unterschie­dliche Besetzunge­n – mal mit lediglich vier Sängern, mal mit acht, ein andermal mit 17 Stimmen. Aber nicht nur mittels der reduzierte­n Besetzung arbeiten die Aufnahmen das kompositor­isch Modellhaft­e dieser Musik heraus – Bachs vierstimmi­ge Choräle gelten bis heute als Muster des „reinen Satzes“. Auch die allgemein schlanke Stimmführu­ng und der helle Ensemblekl­ang der Domsingkna­ben binden das Kunstvolle mit dem gewollt Schlichten zusammen, was dem religiösen Charakter dieser Musik wohl ansteht. Gelungen auch, dass in mehreren Fällen ein und derselbe Choral in verschiede­nen, von Bach selbst vorgenomme­nen Harmonisie­rungen aufgenomme­n wurde, darunter auch solch bekannte Sätze wie „Ein feste Burg ist unser Gott“oder „Befiehl du deine Wege“.

Gerade erst ist die Bach-Box erschienen – erhältlich nur als Gesamtpake­t, für das einige hundert Euro hinzublätt­ern sind –, doch bei den Domsingkna­ben sind die Gedanken schon auf die kommenden Projekte gerichtet. Und das nicht nur, weil die Advents- und Weihnachts­zeit mit ihren kanonische­n Aufführung­en vor der Tür steht. Anfang Dezember hat am Staatsthea­ter Augsburg eine neue „Zauberflöt­en“-Inszenieru­ng Premiere, deren drei Knaben-Partien traditione­ll von Domsingkna­ben übernommen werden. Auch die Oper „JFK“, ab März im Martinipar­k auf der Bühne, rückt schon in Sichtweite. Davor noch gibt es im Februar Mahlers 8. Sinfonie unter Valery Gergiev in Paris, im Mai unter Leitung von Daniel Harding das Britten-„War Requiem“in München. Den Domsingkna­ben mangelt es nicht an Herausford­erungen.

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Foto: AD Da sind auch Domsingkna­ben drin: Domkapellm­eister Reinhard Kammler mit „Bach 333“.

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