Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie die ausquartierten Senioren jetzt leben
21 Bewohner vom Oberen Graben sind in Einrichtungen im Antonsviertel untergebracht. Manche vermissen die Innenstadt, andere finden die gute Luft toll. Demnächst dürfen sie kurz in ihr Zuhause, um ein paar Dinge zu holen
Die 21 Senioren, die am Freitagabend in einer Hauruck-Aktion aus dem Haus am Oberen Graben 8 ausquartiert werden mussten, dürfen demnächst kurz in ihr früheres Zuhause zurückkehren, um noch einige persönliche Dinge zu holen. Medikamente, ein Kamm oder Kleidungsstücke stehen auf der Wunschliste, die sich manche Senioren gemacht haben. Vorher muss allerdings noch ein Statiker grünes Licht geben.
Mit einem Bus sollen die Senioren vom Antonsviertel, wo sie im Servatiusstift sowie in Bungalows für Betreutes Wohnen untergebracht sind, an den Oberen Graben gebracht werden. Die Aktion war schon am Wochenende im Gespräch gewesen, konnte so kurzfristig aber nicht durchgeführt werden. Wie berichtet, hatte die Stadt das Haus in der Altstadt, in dem ein Betreutes Wohnen untergebracht ist, am Freitagabend in aller Eile wegen statischer Probleme geräumt.
Die Senioren haben sich inzwischen mehr oder weniger mit der Situation arrangiert. „Ich nehme es mit Humor. Und außerdem ist die Luft hier draußen besser als in der Innenstadt und es ist schön grün zwischen all den Bäumen“, sagt Anneliese Binninger. Andere Senioren vermissen hingegen das Leben in der Innenstadt. „Ich will möglichst schnell zurück. Hier fühlt man sich wie am Ende der Welt“, sagt eine Tischnachbarin beim Frühstück. Eine andere Frau fürchtet angesichts der momentanen Unsicherheit, wie es mit dem Gebäude weitergeht, gar nicht mehr zurückkehren zu dürfen – allerdings geht die davon aus, das Haus retten zu können.
Um den Bewohnern die Zeit zu vertreiben, können sie an Aktivitäten der dortigen Einrichtungen teilnehmen. Am Mittwoch war etwa ein Bücherei-Nachmittag geplant. Der Großteil der ausquartierten Bewohner lebt, nachdem sie am Wochenende im Dorint-Hotel untergebracht waren, in Bungalows in der Fritz-Hintermayr-Straße. Die Bungalowsiedlung des Wohnungs- und Stiftungsamtes aus den 60er Jahren für Betreutes Wohnen wird momentan nach und nach saniert. Einige Wohnungen waren im Hinblick auf den nächsten Sanierungsabschnitt frei, sodass dort kurzfristig Platz war.
Allerdings ist die Ausstattung karg. Aus dem Servatiusstift wurden Pflegebetten hinübergebracht, sonst gibt es einen Tisch, einen Stuhl und einen Schrank. „Wir haben nicht einmal Geschirr und Besteck dort“, so eine Seniorin. Fürs Erste ist das aber auch noch nicht nötig gewesen, weil die Senioren alle drei Mahlzeiten aus dem Servatiusstift bekommen und in einem Gemeinschaftsraum essen können. Nach und nach soll wieder auf die gewohnte Selbstversorgung umgestellt werden. KüStadt chenzeilen sind in den Bungalows vorhanden. „Wir mussten am Anfang etwas improvisieren“, sagt Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD). Mitarbeiter der Sozialverwaltung und der Altenhilfe legten Sonderschichten ein, um die Situation für die Bewohner zu lösen. „Jetzt werden sich die Dinge nach und nach einspielen“, hofft Kiefer. Man werde nochmal Angehörige abtelefonieren, um sie über den Aufenthaltsort zu informieren, am Donnerstag sollen alle Bewohner mit einem mobilen Notruf ausgestattet werden, wie sie ihn am Oberen Graben hatten.
Bis voraussichtlich Ende dieser oder Anfang kommender Woche will die Stadt ein Konzept erarbeiten lassen, wie das Haus am Oberen Graben gesichert werden kann. Die Senioren werden wohl für mehrere Wochen ausquartiert bleiben, bis die Sicherungsarbeiten erledigt sind. Ob sie noch in diesem Jahr wieder in ihre Apartments am Oberen Graben zurückkehren können, ist ungewiss.
Auch am Mittwoch liefen noch statische Untersuchungen in dem Gebäude. Erste Ergebnisse vergangene Woche hatten nahegelegt, dass vor allem das südliche Ende, an dem es keine Anschlussbebauung gibt, von den Schäden betroffen ist. Die Stadt vermutet, dass der aufgeschüttete Untergrund (an dieser Stelle verlief früher der Stadtgraben) zu den Setzungen beigetragen haben könnte. Aus diesem Grund wurde das nördlich anschließende Gebäude Oberer Graben 4 untersucht. Wie gestern Abend bekannt wurde, gab der Statiker für dieses Gebäude inzwischen Entwarnung. Die Standsicherheit sei nicht beeinträchtigt. Das Haus steht zwar auch auf dem Untergrund, ist allerdings neueren Baudatums.