Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schuster-Areal: Die Rotbuchen müssen weg
Warum sich die Mehrheit der Stadträte über den Protest von Hunderten von Neusässern hinweg setzt, die die Bäume retten wollten
Neusäß Nachvollziehen kann Martin Mayr diese Entscheidung nicht. Er hatte sich gemeinsam mit seiner Frau Katja für den Erhalt einer kleinen Gruppe von Rotbuchen in der Fliederstraße eingesetzt. Die Bäume sollen für die Neubauten auf dem Schuster-Areal fallen. „Bei dem großen Baufeld, da kann man doch anders planen, wenn mal will“, ist Mayr weiter überzeugt. Und er ist mit dieser Meinung nicht allein: Im September hatte er auf dem Neusässer Wochenmarkt Unterschriften für sein Vorhaben gesammelt. Gut 300 bekamen die Mayrs für ihre Initiative „Grüne Mitte für die Stadt Neusäß“zusammen. „Da mussten wir gar nicht lange Überzeugungsarbeit leisten“, berichtet Martin Mayr.
Die Unterschriften sind längst bei der Stadtverwaltung. Sie kamen zu den Fragen und Anregungen, die Bürger zur jüngsten Auslegung der Pläne für das Schuster-Areal machen konnten. Dort sollen, nach jahrelangen Vorverhandlungen, rund 120 neue Wohnungen, Praxen und in der Mitte ein erweiterter Hotelkomplex entstehen. Die Wohnungen, ein Teil davon wird mit öffentlichen Geldern gefördert, liegen ganz zentral in der Mitte von Neusäß in direkter Nähe zum Bahnhof.
Sie sollen der gleichbleibend großen Nachfrage nach Wohnungen in der Stadt nachkommen. Im nördlichen Teil des Grundstücks sind die ersten Gebäude schon im Bau. Über viele Jahre war das Grundstück zwischen Hotel Schuster und der Fliederstraße mehr oder weniger sich selbst überlassen, Martin Mayr hat beobachtet, dass sich in der kleinen Baumgruppe Spechte und andere Vögel niedergelassen hätten, wohl auch Fledermäuse. Auch die Ortsgruppe des Bund Naturschutz hatte sich für den Erhalt der Bäume starkgemacht. Dennoch bleibt es auch nach der jüngsten Abwägung aller Archivfoto: Marcus Merk Anregungen dabei: Um das Bauprojekt in der gewählten Form umsetzen zu können, müssen die beiden Rotbuchen fallen.
Auch die ebenfalls von mehr als 50 Anwohnern monierte Stellplatzordnung bleibt wie gehabt. Verkehrszählungen hätten keine übermäßig hohe Belastung ergeben, sagte Bauverwaltungsleiter Gerald Adolf, die geplante verkehrsberuhigte Zone in der Fliederstraße spreche sogar für eine Entlastung. Für drei Gebäude des Ensembles befindet sich dort auch die Tiefgaragenzufahrt.
Obwohl der Widerspruch „Baum versus Gebäude“, wie es Gerald Adolf nannte, hier kaum aufzulösen sei, hatten sich vor wenigen Tagen noch einmal Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt und das Bauamt aus Neusäß vor Ort getroffen. Gemeinsam sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, die Bäume möglicherweise doch noch zu erhalten. Am Ende war klar: Möglich wäre das nur dann, wenn sich das gesamte Projekt stark verändern würde, etwa Gebäude völlig anders ausgerichtet würden. Zudem würden nicht allein die Häuser die Bäume belasten, sondern vor allem die Tiefgarage darunter. „Wir müssen da ehrlich sein: Die Bäume werden es an dieser Stelle nicht schaffen“, so Stadtbaumeister Dietmar Krenz.
Stattdessen sei mit der Unteren Naturschutzbehörde vereinbart worden, beim konkreten Bauantrag für die Erweiterung des Hotels auf eine stärkere Aufforstung im Hotelpark zu drängen. Diese neue Baumgruppe, die allerdings aus bautechnischen Gründern erst nach Abschluss der Bauarbeiten gepflanzt werden kann, könnte dann auch als optische Trennung zwischen Wohngebäuden und Hotel dienen. Eine komplette Umweltverträglichkeitsprüfung sei für das Projekt übrigens nicht nötig, habe das Landratsamt bestätigt, so Adolf.
Am Ende sah das auch die Mehrheit der Gemeinderäte so. Inge Steinmetz-Maas (FW) sah einen unverhältnismäßigen Eingriff“in das Vorhaben, sollten die Bäume erhalten bleiben. Ulla Schwinge-Haines (Grüne) bat abschließend jedoch darum, dass zu solch einem Vor-OrtTermin, dessen Inhalt so viele Menschen bewege, Vertreter der Fraktionen eingeladen würden. Die beiden Vertreter der Grünen stimmten am Ende gegen die Planungen auf dem Schuster-Areal in ihrer jetzigen Form. Die Pläne werden noch einmal ausgelegt.