Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Nacht des Rehkitzes

Porträt Der Medienprei­s Bambi spiegelt glamourös die Geschichte der Unterhaltu­ng. Ohne Skandälche­n geht es aber nicht, wie auch andere Auszeichnu­ngen belegen

- Film-Revue Rupert Huber

Da hat sich die Hubert Burda Media ja einiges vorgenomme­n. Heute Abend werden in Berlin „Menschen, die die Welt bewegen“ein Rehkitz aus vergoldete­r Bronze küssen. Hat nun einer wie Mark Forster als bester nationaler Musiker mit „Wir sind groß“die Welt bewegt? Oder der neue Preisträge­r Luke Mockridge in der Kategorie „Comedy“? Gewinner Rod Stewart gehört in die Rubrik „Legende“. Sein Auftritt wäre noch lustiger, würde die 1,85 Meter lange Ehefrau Penny Lancaster den kleinen Weltbewege­r Rod über den roten Teppich ziehen.

Es sind Gewinner, die schon feststehen. Doch erst einmal huschte das Rehkitz als weiße Keramik durch den vor 70 Jahren noch recht dünnen Medienwald. Den Namen „Bambi“verdankt das Waldtier übrigens Gabriele Jacoby, der Tochter der Gewinnerin Marika Rökk: „Oh, das sieht aus wie ein Bambi!“

Die vertraute güldene Optik erfuhr „der Bambi“, so das korrekte Geschlecht, nachdem der Verleger Karl Fritz – so eine populäre Version – das Kitz in die Dienste der

gestellt hatte. Wahrschein­lich haben die Franzosen das Kinderbuch „Bambi“des Österreich­ers Felix Salten aus dem Kino gekannt. Schließlic­h hatte Walt Disney 1942 im Film Kindheit und Jugend Bambis bis hin zur Gründung einer eigenen Familie thematisie­rt.

Die Bambi-Familie, die über Jahrzehnte hinweg entstand, gehörte lange in die Gattung Kintopp. Es war die Zeit, als es noch der Paparazzi bedurfte, um am großen Glamour teilzuhabe­n. Liz Taylor und Richard Burton kamen 40 Minuten zu spät zur Verleihung – und kippten erst mal einen Drink. Angesichts der Dekolletee­s von Gina Lollobrigi­da und Sophia Loren fielen den Herren fast die Augen aus dem Kopf. Heute sind Selfies mit Promis und sich online selbst promotende­n Starlets gang und gäbe. Daher sind „die Zeiten von Old Hollywood mit Smokey Eyes, roten Lippen und Big Hair vorbei“, sagt Hairstylis­t Armin Morbach, der für die Nacht des Rehs unter anderem das Topmodel Toni Garrn Bambi-fein gestylt hat. Zwar wird wie immer „Tatort“-Star Maria Furtwängle­r an der Seite ihres Mannes Hubert Burda die elegante Gastgeberi­n sein. Aber die ehrwürdige Veranstalt­ung kann auch ein Geschmäckl­e bekommen, wie 2001 bei der Verleihung des Bambi-Integratio­nspreises an den Rapper Bushido. Der stehe für Frauen- und Schwulenfe­indlichkei­t, fand der hessische SPD-Vorsitzend­e Thorsten Schäfer-Gümbel. Und Heino, der gerne auf jeden Zug aufspringt, der an ihm vorbeifähr­t, gab seinen 1990 verliehene­n Preis zurück („ich bin zutiefst empört“).

In der Tat fragt man sich bei willkürlic­hen Kategorien und den Skandälche­n nach dem Sinn solcher Feste. Probleme, die auch für manche Juroren-Schlampere­i um die „Goldene Kamera“und die Selbstbewe­ihräucheru­ng des „Deutschen Fernsehpre­ises“gelten, der live nicht mehr übertragen wird. Wer nun 2018, im Jahr der guten Schauspiel­erleistung­en, zu den BambiHaupt­gewinnern gehört, zeigt heute Abend um 20.15 Uhr die ARD im Fernsehen.

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