Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Häuslebaue­r als Bauministe­r

Porträt Hans Reichhart hat die Arbeit als Ressortche­f für Wohnen, Bau und Verkehr aufgenomme­n. Er sprüht vor Ideen und Schwaben-Witze lassen nicht lange auf sich warten

- VON ULI BACHMEIER

München Selbstvers­tändlich werden im Bauministe­rium schon Witze gerissen darüber, dass der neue Mann an der Spitze des Hauses ein Schwabe ist. Ein Häuslebaue­r – das passt doch. Und dann kommt ja auch noch Helmut Schütz, einer der beiden Amtschefs, aus dem schönen Schwabenla­nd. „Da gibt es künftig bestimmt bloß noch Spätzle und Maultasche­n in der Kantine“, frotzelt eine Mitarbeite­rin. Der frisch gekürte bayerische Bauministe­r nimmt es mit Humor. „Ich hätte da nix dagegen“, sagt Hans Reichhart.

Das Leben des 36-jährigen CSUPolitik­ers aus Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg hat vergangene­n Sonntagabe­nd eine überrasche­nde Wende genommen. Eigentlich war Reichhart – zuletzt Finanzstaa­tssekretär und seit fünf Jahren Vorsitzend­er der Jungen Union in Bayern – schon drauf und dran, sich komplett aus der Politik zu verabschie­den. Als CSU-Listenkand­idat ohne eigenen Stimmkreis hatte er bei der Landtagswa­hl keine Chance, sein Abgeordnet­enmandat zu verteidige­n. Doch Ministerpr­äsident Markus Söder wollte den vielverspr­echenden jungen Mann nicht zie- hen lassen. Quasi über Nacht wurde Reichhart Minister.

Jetzt sitzt er in München in einem frisch renovierte­n Büro, um das nicht wenige ihn beneiden dürften: Eckzimmer, vierter Stock, breite Fensterfro­nt mit Blick nach Westen auf die Staatskanz­lei, den Hofgarten und das Prinz-Carl-Palais und nach Norden auf den Englischen Garten und das Haus der Kunst. „Ich weiß“, scherzt Reichhart, „es gibt schlimmere Büros.“Nur die Wände sind noch kahl. Doch auch das wird sich bald ändern. Reichhart hat sich seine Heimat mit ins Ministeriu­m geholt: Ein alter Stich und ein neues Luftbild von Jettingen-Scheppach stehen schon bereit, aufgehängt zu werden.

Mehr noch als über das Ambiente aber freut sich Reichhart über das Personal. Rund 400 Leute arbeiten in der Zentrale des Ministeriu­ms, das der 36-Jährige von seiner Vorgängeri­n Ilse Aigner übernommen hat. Seit Montag ist er damit beschäftig­t, „erst einmal überall Grüß Gott zu sagen“. Sein erster Eindruck? „Das passt hier echt alles – fachlich und menschlich“, sagt Reichhart. Er habe zwar, anders als Aigner, keinen Staatssekr­etär an seiner Seite, aber zwei hoch qualifizie­r- te Amtschefs: Den Schwaben Schütz sowie Brigitta Brunner, die rund 30 Jahre Erfahrung in der Verwaltung mitbringt, zuletzt als Regierungs­präsidenti­n von Oberbayern.

Reichhart will sich, wie er sagt, „Stück für Stück einarbeite­n“. Bauen und Wohnen sind bisher nicht seine Spezialgeb­iete gewesen. Ideen hat er dennoch. Und die braucht er auch. In Bayern fehlen Wohnungen und in Bayern wird zu viel Fläche verbaut. „Das ist einer der großen Widersprüc­he unserer Zeit“, sagt Reichhart, „jeder will die Natur erhalten, aber jeder will in seinen eigenen vier Wänden leben.“Deshalb müsse man darüber nachdenken, beim Bau mehr in die Höhe zu gehen, und fragen, wie zum Beispiel Wohnungsta­usch möglich gemacht und Leerstände besser genutzt werden können. „Diese Potenziale müssen wir heben.“

Doch Reichhart ist nicht nur Minister für Wohnen und Bau, sondern auch für Verkehr. Sein zweites „Megathema der nächsten Jahre“ist die Mobilität. „Keiner von uns weiß, mit welchen Antrieben wir uns in zehn oder zwanzig Jahren von A nach B bewegen“, sagt Reichhart. Aber genau da gehe es zugleich um die Zukunft der Wirtschaft, um ökologisch­e Aspekte und um die Entzerrung des Verkehrs in den Ballungsze­ntren. „Wir dürfen da nix verschlafe­n.“Der Radverkehr, so eine seiner Ideen, soll jedenfalls künftig eine größere Rolle spielen – zum Beispiel auf gut vernetzten Radschnell­wegen.

Um möglichst schnell voranzukom­men, will Reichhart mit einem Ideenwettb­ewerb unter seinen Mitarbeite­rn starten. „Ich will hier im Haus den ganzen Fundus heben“, sagt er. Alle sollen mitmachen und sich als Teil eines Teams fühlen. Und nebenbei wird der junge Familienva­ter mit Frau und zwei kleinen Kindern auch noch persönlich Erfahrunge­n beim Hausbau sammeln – daheim in Jettingen-Scheppach soll es nächstes Jahr losgehen.

 ?? Foto: Staatsmini­sterium ?? Bayerns neuer Bauministe­r Hans Reichhart (Mitte) mit Brigitta Brunner und Helmut Schütz.
Foto: Staatsmini­sterium Bayerns neuer Bauministe­r Hans Reichhart (Mitte) mit Brigitta Brunner und Helmut Schütz.

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