Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Klinikum: Einigung im Pflege-Streit ist perfekt
Soziales Ein unbefristeter Streik von Schwestern und Pflegern ist damit endgültig vom Tisch. Nach einer Bedenkzeit stimmten Personal und Krankenhausleitung der Vereinbarung zu, die deutliche Entlastung bringen soll
Augsburg Nach jahrelangem zähen Ringen ist der Weg für eine Entlastung des Pflegepersonals am Augsburger Klinikum nun endgültig frei: Wie berichtet hatten die KlinikumsLeitung, die Gewerkschaft Verdi und Arbeitnehmervertreter vor zwei Wochen zwar eine Einigung erzielt, besiegelt war diese aber noch nicht. Wie die Gewerkschaft Verdi gestern nach der Auszählung einer Abstimmung mitteilte, stimmten 98 Prozent der am Klinikum beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder für die Annahme der Vereinbarung. Damit ist ein unbefristeter Streik endgültig vom Tisch. Die Mitarbeiter hatten, um Druck zu machen, zuvor in einer Urabstimmung erklärt, unbefristet die Arbeit niederlegen zu wollen. OP-Ausfälle und eingeschränkter Betrieb auf etlichen Stationen wären vermutlich die Folge gewesen.
Auch das Klinikum hatte noch eine entsprechende Bedenkzeit auserbeten, um auch mit dem Wissenschafts- und dem Finanzministerium Rücksprache zu halten. Hintergrund ist, dass der Freistaat ab kommendem Jahr das Klinikum übernimmt und dann auch die Mehrkosten zu tragen hat.
Gestern Nachmittag bestätigte auch das Klinikum, dass die Vereinbarung kommen wird. Unklar war zunächst, was an Mehrkosten fürs Krankenhaus anfällt. Ein Teil des Pakets dürfte auch über das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz der Bundesregierung, das zusätzliche Pflegekräfte vorsieht, finanziert werden. „Die getroffene Vereinbarung mit Verdi ist grundsätzlich eine gute Sache und wird sowohl unseren Pflegemitarbeitern wie auch unseren Patienten zugutekommen“, sagte der Vorstand des Klinikums Augsburg nach Abschluss der Verhandlungen in einer Erklärung.
„Das Verhandlungsergebnis ist auf große Zustimmung gestoßen; es ist ein Meilenstein für die Entlastung von Beschäftigten in den bayerischen Krankenhäusern“, so VerdiGewerkschafter Stefan Jagel. Nachdem in Augsburg eine Vereinbarung zwischen Krankenhaus und Gewerkschaft zustande kommen wird, die mit einem Tarifvertrag vergleichbar ist, dürften Entlastungsmaßnahmen auch an den anderen bayerischen Unikliniken gefordert werden. Klinikum und Verdi einigten sich in Augsburg auf folgende Eckpunkte:
● Regelbesetzung Innerhalb von 18 Monaten müssen für alle Stationen verbindliche Standards bei der Personalbesetzung gebildet sein, die eingehalten werden müssen. Ist dies nicht möglich, weil etwa alle Reserven krankheitsbedingt aufgebraucht sind, können aufschiebbare Arbeiten liegengelassen werden. In letzter Konsequenz sind Bettensperrungen angesagt.
● Mehr Personal Am Klinikum sollen 2019 und 2020 100 zusätzliche Vollkraftstellen geschaffen werden. Allerdings tut sich das Klinikum angesichts des Fachkräftemangels aktuell mit der Besetzung von vorhandenen Stellen schwer.
● Belastungsausgleich Pflegekräften steht ein freier Tag Belastungsausgleich zu, wenn sie innerhalb eines Monats sieben Schichten zu arbeiten hatten, in denen ihre Abteilung unterbesetzt war.
● Ausbildung Für die Anleitung der Pflegeschüler gibt es zusätzliche Stellen. Azubis auf Station werden nicht aufs Personal angerechnet. In der Vergangenheit hatten Pflegeschüler kritisiert, dass die Ausbildung zu kurz komme, weil sie auf Stationen teils voll mitarbeiten mussten.
Personalratsvorsitzende Eva-Maria Nieberle sagte, die Vereinbarung sei sowohl fürs Personal als auch für die Versorgung der Patienten gut. Indem das Klinikum attraktiver Arbeitsplatz werde, sinke auch die Fluktuation und es werde einfacher, Bewerber zu finden. In der Vergangenheit hatten Pflegekräfte auch gegenüber unserer Zeitung über teils deutliche Überlastung geklagt. Für einzelne Patienten bleibe kaum Zeit. Allerdings stellt sich das Bild je nach Station im Klinikum unterschiedlich dar.