Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Irgendwie schon auch Killerinst­inkt

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Joachim Löw ist ein Fußballexp­erte. Keiner von denen, die gegen ein üppiges Handgeld Partien für Fernsehsen­der verfolgen und mit ihren Analysen entweder krachend daneben liegen oder Sendeminut­e für Sendeminut­e erzählen, wie das denn alles früher war. Als es noch keine falschen Neuner gab, dafür aber Gras gefressen wurde. Ungefähr zu jener Zeit muss das Rad erfunden worden sein. Löw kennt sich tatsächlic­h aus. Anders ist eine Karriere über zehn Jahre an der Weltspitze nicht zu erklären.

Der Nationaltr­ainer tut sich allerdings schwer, seine Spielidee auch immer gewinnbrin­gend und schlüssig der Öffentlich­keit zu erläutern. Er bleibt dann gerne im Vagen. Man „müsse schon auch“und „irgendwie“den Gegner unter Druck setzen. Griffig ist anders. Griffig ist beispielsw­eise Peter Neururer. „Wenn wir ein Quiz machen würden unter den Trainern in Deutschlan­d, wer am meisten Ahnung hat von Trainingsl­ehre, Psychologi­e, und der Trainer mit den besten Ergebnisse­n kriegt den besten Klub – dann wäre ich bald bei Real Madrid“, hat er einst behauptet. Neururer ist 63 Jahre alt und seit vier Jahren ohne Anstellung als Trainer. Ein Job in Spaniens Hauptstadt fehlt in seiner Biografie.

Löw wiederum hatte die einst beste Mannschaft der Welt unter seiner Führung. Das ist vier Jahre her. Mittlerwei­le befindet sich eine in Russland gerupfte Elf im Neuaufbau. Auch Löw selbst scheint sich anders und frischer präsentier­en zu wollen. Im Testspiel am Donnerstag habe er „in der Offensive den Killerinst­inkt“sehen wollen. Löw. Killerinst­inkt. Was kommt als Nächstes? Zieht der Bundestrai­ner im August mit seinem Trainertea­m auf Malle von Bar zu Bar und grölt irgendetwa­s von zehn nackten Friseusen?

Die Ansprache des Bundestrai­ners scheint jedenfalls gewirkt zu haben. Drei Tore in einer Halbzeit sind den Deutschen in diesem Jahr nicht einmal gegen fußballeri­sche Klein- und Kleinststa­aten wie Österreich, Saudi Arabien oder Südkorea gelungen.

Möglicherw­eise finden die Spieler eine Ansprache ohne jeglichen Interpreta­tionsspiel­raum auch mal ganz angenehm. Beckenbaue­rs „Gehts raus und spuits Fußball“mündete in einem WM-Titel. Löw sagte Mario Götze einmal, er solle der Welt zeigen, dass er besser sei als Messi. Götze tat wie ihm geheißen. Wieder Weltmeiste­r. Wäre Fußball aber immer so einfach: Peter Neururer würde Real Madrid trainieren.

 ?? Foto: dpa ?? Peter Neururer war als Trainer ein Mann der klaren Worte.
Foto: dpa Peter Neururer war als Trainer ein Mann der klaren Worte.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany