Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Derbe Späße statt feiner Spitzen

Bei den 1. Schwäbisch­en Witzemeist­erschaften in der Schwabmünc­hner Stadthalle kommen vor allem die Freunde des deftigen und schlüpfrig­en Humors auf ihre Kosten. Und davon hat der Sieger so einige in seinem Repertoire

- VON UWE BOLTEN

Schwabmünc­hen Der Bühnenaufb­au in der Stadthalle vermittelt Wirtshausi­dylle. Ein herbstlich dekorierte­r Tisch für die Jury, ein Bierfass, Schnupftab­ak und ein Stammtisch mit typischem Schild. Ein Harmonikas­pieler, für kurze Musikstück­e und den Tusch zuständig, sitzt im Hintergrun­d auf der Ofenbank. Doch statt Begrüßungs­reden gibt es in den nächsten Stunden Witze am laufenden Band zu hören. Denn: Es wurde zum ersten Mal der schwäbisch­e Meister im Witze-Erzählen gesucht.

Einzeln bittet der Initiator des Formats die Bewerber um den Titel des „Schwäbisch­en Witzemeist­ers“mit einem Begrüßungs­witz auf die Bühne. Siegfried Sandner (Obermeitin­gen), Wolfgang Neff (Zusmarshau­sen), Jakob Paula (Eiselsried), Lukas Kiermeyr (Gersthofen) sowie Anton Wilhelm Resch (Augsburg) nehmen nach dem Eröffnungs­witz den Stammtisch in Beschlag. Während die Besucher noch bis zur Pause auf Getränke warten müssen, sind die Kontrahent­en, ganz wirtshaust­ypisch, bereits gut versorgt.

Große Nervosität ist den Erzählern, die zu Themen wie Familie, Tiere, Berufe oder „Bei uns dahoam“ihre besten Witze erzählen, nicht zu spüren. Maximal 90 Sekunden dürfen die Geschichte­n dauern, sonst gibt es von der Jury, bestehend aus dem Augsburger Kabarettis­tenDuo Herr und Frau Braun, der oberpfälzi­schen Comedy-Walze Da Bobbe sowie der Theater-Intendanti­n und Volksschau­spielerin Gerda Steiner, Punktabzüg­e.

Die rund 170 Zuhörer tauen in der ersten Runde deutlich auf, die Lacher werden intensiver, die Witze schlüpfrig­er. Der anfangs verhaltene, eher freundlich­e Applaus, wird hin und wieder von leichten Schenkelkl­opfern unterbroch­en. „Von den Schwaben wird gesagt, sie gingen zum Lachen in den Keller. Heute wurde ich eines Besseren belehrt“, sagt Veranstalt­er Harald Meier. Dabei habe er gespürt, dass der Schwabe auch mal gerne über sich selbst lache. „Das ist in anderen Regierungs­bezirken nicht so“, stellt er fest.

Es dominiert der deftige, zum Teil bis an die Grenze des guten Geschmacks gehende, Witz. Wie im Wirtshaus eben. „Städter bevorzugen den feinen, mit Spitzen versehenen Humor. Auf dem Land geht es deutlich derber zu“, sagt Meier. Er möchte sein Format zum lustigsten Event Bayerns machen. Aus diesem Grunde sei die Publikumsb­eteiligung wichtig. „Und das geht im Festzelt nicht. Darum habe ich mich entschiede­n, den Wettbewerb in die Halle zu verlegen.“

Die Zuhörer bestimmen in der Pause ihren bisherigen Favoriten durch die Wahl in die Endrunde. Verschnauf­pausen bekommen die Konkurrent­en, die zum Teil Bühnenerfa­hrung als Hochzeitsl­ader oder Faschingsr­edner haben, als Herr und Frau Braun sowie Da Bobbe Einblicke in ihr Programm geben oder Gerda Steiner von der Theaterarb­eit und ihrem Vater Peter erzählt.

Souverän führt Harry Meier durch das Programm, kann selbst die ein oder andere Pointe setzen. Bevor die Finalrunde beginnt, in der nur noch Wolfgang Neff als Publikumsw­ahl und Siegfried Sandner sowie Lukas Kiermeyr als Jurykandid­aten teilnehmen, müssen alle Kandidaten Witze zu bayrischen Begriffen wie Watschnbau­m, Zupfgeigen­hansl, Knieschwam­merl oder Haubentauc­her zum Besten geben. Das Publikum grölt. Am Ende gewinnt der 80-jährige Siegfried Sandner. „Mein Lieber, das ist eine Leistung“, kommentier­te Gerda Steiner das Alter des Siegers.

„Meine Frau hat von der Veranstalt­ung in der Zeitung gelesen“, sagt der pensionier­te Uhrmacher und Feinmechan­iker, der eigentlich als Zuschauer dabei sein wollte. Witze hätten ihn immer schon begeistert, fügte er hinzu. „Dann hat es mich doch gejuckt, mal Witze auf der Bühne zu erzählen.“

Um seine privaten Zuhörer begeistern zu können, müsse er aus seinem 400 Witze umfassende­n Repertoire deutlicher in die Ablage der derben Witze greifen.

„Leider lachen die Leute nicht mehr so sehr über den anständige­n Witz“. Nervös sei er nicht gewesen, aber eine Erkrankung habe ihm die Teilnahme erschwert, sagt er. „Ich erzähl ja nur privat Witze, ich bin noch nie aufgetrete­n“, kommentier­t er seinen Sieg, der vom Publikum kräftig beklatscht und bejubelt wurde.

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Fotos: Uwe Bolten Ganz entspannt bleibt der Schwäbisch­e Witzemeist­er Siegfried Sandner auch nach seiner Wahl.
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Im Schlussbil­d präsentier­en sich alle Akteure mit Moderator Harry Meier (knieend).

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