Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Feuer zerstört Pilskneipe im Schloss
180 Freiwillige löschen in Emersacker. Frühmorgens schlagen die Flammen aus den Fenstern in einem älteren Gebäudeteil. Für ein Tier im Lokal kommt die Hilfe zu spät. Der Schaden geht in die Millionen
Emersacker Auf rund eineinhalb Millionen Euro beläuft sich der Schaden, der durch einen Brand am frühen Montagmorgen im Schloss Emersacker entstanden ist. Etwa 180 Männer und Frauen von fast einem Dutzend Feuerwehren aus der Region beteiligten sich an den Löscharbeiten in einem Teil der früheren Brauerei – nur wenige Meter vom Gerätehaus der Emersacker Retter entfernt.
Als die erste Feuerwehr nach der Alarmierung gegen 5.50 Uhr vor dem sogenannten Mansardengebäude stand, hatten die Flammen bereits die alten Fehlbodendecken des ungenutzten ersten und zweiten Stockwerks und dann das historische Dachgebälk erfasst.
Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand ging das Feuer von der Küche von Jonny’s Kneipe mit Pfiff aus – so heißt das Lokal im Erdgeschoss. Vermutlich gab es dort einen Defekt an einem technischen Gerät. Am Sonntagabend soll noch Gastbetrieb gewesen sein.
Auffällig war in der Kneipe der u-förmige lange Tresen, hinter dem der Betreiber stand. In Emersacker wird er als Lebenskünstler beschrieben, der nicht nur als Gastwirt von sich Reden machte. Mit einer über acht Meter langen, weißen StretchLimousine chauffiert er Hochzeitspaare, Junggesellen oder Partygäste. Der Betreiber, der früher als Automechaniker und auch als Bierfahrer arbeitete, hatte 1998 das Lokal übernommen. Damals war es noch eine Pizzeria. Er baute sie um und brachte seinen Stil ein.
Papageiendame gehörte zum Inventar der Kneipe
Stunden nach dem Feuer war vom sonst golden-glänzenden Interieur der Pilskneipe nur noch wenig zu erkennen. Die Einrichtung war bis zu Unkenntlichkeit verbrannt. Die Feuerwehrenmänner räumten am späten Vormittag das Inventar aus – zu Müll geschmolzen, zu nichts mehr zu gebrauchen. Alles kam sofort auf einen Container – die Gerippe von Stühlen und Barhockern genauso wie der Reste von Kühlschränken, Wandverkleidungen, Musikanlagen und die Voliere, in der der über 14 Jahre alte Papagei Karina saß – eine ältere, lieb gewonnene Dame, die das Feuer nicht überlebte.
Die Freiwilligen der Feuerwehr aus Wertingen zogen an der Nordseite des Schlosses Dachziegel und verkohlte Bretter und Balken vom Dach. „Wir müssen an alle Glutnester kommen“, sagte Kreisbrandrat Zinsmeister. Dafür wurden auch alle Fehlböden und Wände geöffnet. Mit zwei Drehleitern wurde außerdem eine große grüne Plane übers Dach gezogen, um es in den kommenden Wochen vor Regen oder Schnee zu schützen.
Stunden nach den Löscharbeiten lag immer noch der beißende Brandgeruch in der Luft. Und zum Teil auch in den Gebäuden: vor allem im Saalgebäude gegenüber. Dort befindet sich unter anderem die Arztpraxis von Ute Knüppe und die Krankengymnastikpraxis von Paul Neher. „Wir hatten Glück im Unglück“, sagte gestern Juniorchef Michael Neher. Die gut durchgelüftete Praxis soll ab Dienstag wieder öffnen, sofern es die Feuerwehr erlaubt.
Schlimmer traf es den Gemeindesaal unterm Dach: Dorthin war der Rauch wie durch einen Kamin gezogen. Auf den Böden und an den Wänden hing gestern der Ruß, der sich mit der Feuchtigkeit zu einem klebrigen Film verbunden hatte. Bürgermeister Michael Müller wurde es ganz schwer ums Herz, als er am Vormittag den Saal unter die Lupe nahm. „Das war ein SchmuckAlfred stück“, sagte er. Das komplette sogenannte Saalgebäude sei erst vor acht Jahren für 1,8 Millionen Euro saniert worden. Unter anderem musste ein komplett neues Treppenhaus mit Fahrstuhl für Barrierefreiheit eingebaut werden.
Die Gemeinde hatte 1989 von der Fugger-Stiftung das gesamte Areal gekauft, das unter Denkmalschutz steht – damals eine umstrittene Entscheidung.
Heute sind im ehemaligen Schloss das Rathaus von Emersacker mit Sitzungssaal, Musikräume und die Volkshochschule und verschiedene Praxen untergebracht. Als die Sanierung begann, befand sich noch das Inventar der ehemaligen „Stiftungsbrauerei Emersacker-Blumenthal“in den Gemäuern – unter anderem zwei große Sudkessel. Diese wurden mit einem Kran ausgebaut und dann zum Brauerei-Museum nach Hof transportiert.
Ins Brauereigebäude mit Sudhaus wurde dann das neue Feuerwehrhaus gebaut. Im ehemaligen Eiskeller kam auch ein Jugendraum unter. Und aus dem früheren Bräustüble wurde schließlich Jonny’s Kneipe.