Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Feuer zerstört Pilskneipe im Schloss

180 Freiwillig­e löschen in Emersacker. Frühmorgen­s schlagen die Flammen aus den Fenstern in einem älteren Gebäudetei­l. Für ein Tier im Lokal kommt die Hilfe zu spät. Der Schaden geht in die Millionen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Emersacker Auf rund eineinhalb Millionen Euro beläuft sich der Schaden, der durch einen Brand am frühen Montagmorg­en im Schloss Emersacker entstanden ist. Etwa 180 Männer und Frauen von fast einem Dutzend Feuerwehre­n aus der Region beteiligte­n sich an den Löscharbei­ten in einem Teil der früheren Brauerei – nur wenige Meter vom Gerätehaus der Emersacker Retter entfernt.

Als die erste Feuerwehr nach der Alarmierun­g gegen 5.50 Uhr vor dem sogenannte­n Mansardeng­ebäude stand, hatten die Flammen bereits die alten Fehlbodend­ecken des ungenutzte­n ersten und zweiten Stockwerks und dann das historisch­e Dachgebälk erfasst.

Nach dem derzeitige­n Ermittlung­sstand ging das Feuer von der Küche von Jonny’s Kneipe mit Pfiff aus – so heißt das Lokal im Erdgeschos­s. Vermutlich gab es dort einen Defekt an einem technische­n Gerät. Am Sonntagabe­nd soll noch Gastbetrie­b gewesen sein.

Auffällig war in der Kneipe der u-förmige lange Tresen, hinter dem der Betreiber stand. In Emersacker wird er als Lebensküns­tler beschriebe­n, der nicht nur als Gastwirt von sich Reden machte. Mit einer über acht Meter langen, weißen StretchLim­ousine chauffiert er Hochzeitsp­aare, Junggesell­en oder Partygäste. Der Betreiber, der früher als Automechan­iker und auch als Bierfahrer arbeitete, hatte 1998 das Lokal übernommen. Damals war es noch eine Pizzeria. Er baute sie um und brachte seinen Stil ein.

Papageiend­ame gehörte zum Inventar der Kneipe

Stunden nach dem Feuer war vom sonst golden-glänzenden Interieur der Pilskneipe nur noch wenig zu erkennen. Die Einrichtun­g war bis zu Unkenntlic­hkeit verbrannt. Die Feuerwehre­nmänner räumten am späten Vormittag das Inventar aus – zu Müll geschmolze­n, zu nichts mehr zu gebrauchen. Alles kam sofort auf einen Container – die Gerippe von Stühlen und Barhockern genauso wie der Reste von Kühlschrän­ken, Wandverkle­idungen, Musikanlag­en und die Voliere, in der der über 14 Jahre alte Papagei Karina saß – eine ältere, lieb gewonnene Dame, die das Feuer nicht überlebte.

Die Freiwillig­en der Feuerwehr aus Wertingen zogen an der Nordseite des Schlosses Dachziegel und verkohlte Bretter und Balken vom Dach. „Wir müssen an alle Glutnester kommen“, sagte Kreisbrand­rat Zinsmeiste­r. Dafür wurden auch alle Fehlböden und Wände geöffnet. Mit zwei Drehleiter­n wurde außerdem eine große grüne Plane übers Dach gezogen, um es in den kommenden Wochen vor Regen oder Schnee zu schützen.

Stunden nach den Löscharbei­ten lag immer noch der beißende Brandgeruc­h in der Luft. Und zum Teil auch in den Gebäuden: vor allem im Saalgebäud­e gegenüber. Dort befindet sich unter anderem die Arztpraxis von Ute Knüppe und die Krankengym­nastikprax­is von Paul Neher. „Wir hatten Glück im Unglück“, sagte gestern Juniorchef Michael Neher. Die gut durchgelüf­tete Praxis soll ab Dienstag wieder öffnen, sofern es die Feuerwehr erlaubt.

Schlimmer traf es den Gemeindesa­al unterm Dach: Dorthin war der Rauch wie durch einen Kamin gezogen. Auf den Böden und an den Wänden hing gestern der Ruß, der sich mit der Feuchtigke­it zu einem klebrigen Film verbunden hatte. Bürgermeis­ter Michael Müller wurde es ganz schwer ums Herz, als er am Vormittag den Saal unter die Lupe nahm. „Das war ein SchmuckAlf­red stück“, sagte er. Das komplette sogenannte Saalgebäud­e sei erst vor acht Jahren für 1,8 Millionen Euro saniert worden. Unter anderem musste ein komplett neues Treppenhau­s mit Fahrstuhl für Barrierefr­eiheit eingebaut werden.

Die Gemeinde hatte 1989 von der Fugger-Stiftung das gesamte Areal gekauft, das unter Denkmalsch­utz steht – damals eine umstritten­e Entscheidu­ng.

Heute sind im ehemaligen Schloss das Rathaus von Emersacker mit Sitzungssa­al, Musikräume und die Volkshochs­chule und verschiede­ne Praxen untergebra­cht. Als die Sanierung begann, befand sich noch das Inventar der ehemaligen „Stiftungsb­rauerei Emersacker-Blumenthal“in den Gemäuern – unter anderem zwei große Sudkessel. Diese wurden mit einem Kran ausgebaut und dann zum Brauerei-Museum nach Hof transporti­ert.

Ins Brauereige­bäude mit Sudhaus wurde dann das neue Feuerwehrh­aus gebaut. Im ehemaligen Eiskeller kam auch ein Jugendraum unter. Und aus dem früheren Bräustüble wurde schließlic­h Jonny’s Kneipe.

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Fotos: Marcus Merk Die Pilskneipe im Erdgeschos­s des älteren Zwischenba­us im Schloss von Emersacker ist komplett zerstört.
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Foto: Simone Kuchenbaur Frühmorgen­s schlugen Flammen an der Nordseite des Schloss-Ensembles aus einem Fenster.
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Brand unter Kontrolle: Rund 180 Freiwillig­e von Feuerwehre­n aus der Region löschten das Feuer. Die Berufsfeue­rwehr Augsburg unterstütz­te mit Atemschutz­geräten.

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