Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mit Peter Eder ging’s auf Brautschau
„Literatur in der Werkstatt“präsentierte Ludwig Thoma in Gersthofen
Gersthofen Lesungen nach dem Motto „Literatur in der Werkstatt“gehören inzwischen zum festen Bestandteil des Programms der Kolpingsfamilie Gersthofen. Diesmal waren wieder Peter Eder als Rezitator und seine Frau Inge mit perlmuttfarbenem Akkordeon zu Gast bei Patricia und Hermann Steiner.
Ausgesucht hat sich Peter Eder Geschichten von Ludwig Thoma (1867–1921), dem bayerischen Schriftsteller, der in seiner Mundart schrieb und die Geschehnisse der Menschen genau beobachtete. Bei Geschichten wie „Der Kohlenwagen“, „Reisebericht nach Tirol“über österreichische „Zustände im Coupé“erfuhren über 50 Kolpingmitglieder humorvoll und ausführlich von den Lebensumständen dieser Zeit. Der Bauernstand lag Thoma sehr am Herzen. In zwei Geschichten über „Brautschau“und „Heiratsvermittlung“las Peter Eder in bestem bayerischen Dialekt aus einem Vertrag über Austrag mit Wohnung, viel pekuniärer Mitgift (15000 Mark) und so und so viele Hühner, Enten, der Taubenschlag. Denn: „Ein Ehevertrag ist ein Vertrag wie jeder andere, alles gehört geregelt.“Ein Heiratsvermittler bekam 190 Mark „Schmuserlohn“.
Die Gründung des Vereines „Rauch-Club Kraglfing“war ein besonderes Ereignis, bis nach zwei Jahren endlich die Fahne als „Symbolium“für alle Bürger im Ort ein sichtbares Zeichen dieses Männerklubs darstellte. Beim Begräbnis des Josef Sailinger nach seinem plötzlichen Tod beäugten die Menschen am Sarg genau die noble Kleidung der Witwe sowie die anschließende Trauerfeier im Hause des „Realitätenbesitzers“ und lästerten darüber. Als Zugabe hörten die Kolpingmitglieder die 1911 verfasste, wohlbekannte Geschichte des Postboten Aloisius Hingerl in „Ein Münchener im Himmel“.
Thoma begann in Dachau als Rechtsanwalt zu arbeiten, ließ sich von den Schwestern Marie und Bertha sowie der Haushaltshilfe seiner gestorbenen Mutter Viktoria Pröbstl den Haushalt führen. Seine Kanzlei brachte ihm immer mehr bäuerliche Mandanten. Aus deren Rechtsfällen schöpfte der Autor so manche Ideen für seine literarische Arbeit.
Warm und gemütlich war’s in der Schreinerei bei Steiners, liebevoll und herbstlich geschmückt von Traudl Lenz. Danach entwickelten sich bei Getränken und Gebäck angeregte Gespräche.