Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Haftstrafe für falschen Staatsanwalt
Augsburger Amtsgericht verurteilt Reichsbürger aus Buttenwiesen zu drei Jahren. Der 55-Jährige wehrt sich – und droht mit einer Klage
Buttenwiesen/Augsburg Nächste Runde im Strafverfahren gegen Steffen P.: Der 55-Jährige, er bezeichnet sich selbst als Oberreichsanwalt des Deutschen Reiches, wurde jetzt wegen Urkundenfälschung und missbräuchlicher Verwendung von Berufsbezeichnungen vom Augsburger Amtsgericht erneut zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt.
Der Angeklagte, geboren in Riesa, wohnhaft in Buttenwiesen, wird der sogenannten Reichsbürgerszene zugerechnet, was er selbst von sich weist. Er sieht sich selbst, so machte er dem Gericht klar, als Repräsentant des nach wie vor existierenden Deutschen Reiches, das weiterhin handlungsfähig sei. Die Legitimation der Schöffenkammer um Richter Dominik Wagner stritt Steffen P. für sich ebenso ab wie die Zuständigkeit von Staatsanwältin Wagner (mit dem Richter nicht verwandt).
Das Gericht bezeichnete er, ganz in Schwarz gekleidet, lässig lächelnd im Stuhl sitzend, als „Firma“. Aus seiner Ansicht vom weiterhin bestehenden Deutschen Reich hatte der Angeklagte für sich das Recht abgeleitet, Dokumente wie Ausweise, Reisepässe, Diplomatenausweise oder Führerscheine anfertigen zu lassen und an Sympathisanten zu verkaufen. Als er mit seinem Ansinnen bei der Bundesdruckerei abblitzte, fand er in einem Selbstständigen aus seiner Heimatgemeinde einen geeigneten Helfer. Bei einer Durchsuchung bei dem 64-Jährigen hatte die Polizei eine Datei mit einer Liste gefunden, auf der rund 650 Aufträge für diverse Dokumente verzeichnet waren. Der Angeklagte stritt nicht ab, diese Dokumente in Auftrag gegeben zu haben. Auch, dass er in 213 Fällen, die jetzt verhandelt wurden, für die Dokumente 4600 Euro eingenommen hatte, war unbestritten.
Zweiter Anklagepunkt: Steffen P. soll sich im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren im Jahr 2016 in Nördlingen gegenüber Polizeiund Justizbeamten unberechtigt als Staatsanwalt bezeichnet haben. Auch das stritt er ab. Es sei unter seiner Würde, sich als Staatsanwalt zu bezeichnen, sein Titel laute Oberreichsanwalt, was er auch gegenüber den Polizisten so gesagt habe. Ein als Zeuge geladener Polizeibeamter war sich „hundertprozentig sicher“, dass der Angeklagte sich als Staatsanwalt betitelt habe. Er sollte nicht der Letzte gewesen sein, dem der 55-Jährige nach seiner Freilassung mit einer Klage drohte.
Der Handlanger des Angeklagten, der 64-jährige Selbstständige, konnte das Gericht erfolgreich davon überzeugen, wegen ausstehender anderer Verfahren nicht aussagen zu müssen, um sich nicht selbst zu belasten. Also wurde die Aussage verlesen, die der gelernte Drucker seinerzeit bei der Polizei gemacht hatte und wo er unzweifelhaft geschildert hatte, wie es zu den Druckaufträgen durch den Angeklagten gekommen war. Der forderte das Gericht auf, ihm doch beschlagnahmte Originaldokumente vorzulegen. Anhand derer könne er nachweisen, dass diese von staatlichen Stellen als gültig anerkannt worden seien. Nicht nötig, so die Staatsanwältin, da unstrittig sei, dass die Dokumente nicht von amtlichen Stellen hergestellt worden und somit ungültig seien. So sah es auch das Gericht.
In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, gebildet als Gesamtstrafe aus den 213 Fällen der Urkundenfälschung
213 Fälle von Urkundenfälschung
Er werde nötigenfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen
und jenem der falschen Verwendung einer Berufsbezeichnung. Rechtsanwalt und Pflichtverteidiger Stefan Mittelbach scheiterte mit seinen Bemühungen, seinen Mandanten vor einer weiteren Verurteilung zu bewahren.
Das Gericht schloss sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an und verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, weil er veranlasst habe, die unechten Urkunden herzustellen und diese verkauft habe. Auch die Berufsbezeichnung habe er nach Überzeugung des Gerichts fälschlich verwendet.
Bereits im April war Steffen P. vom Gericht in Augsburg zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Derzeit sitzt er in Gablingen im Gefängnis. In seinen letzten Worten berief er sich erneut auf die Existenz des Deutschen Reiches und drohte allen Verfahrensbeteiligten anderer Meinung, er werde sie verklagen. Noch im Gerichtssaal kündige er zudem Revision an, er werde nötigenfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.