Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn das Haus zum Kraftwerk wird

Ein Gebäude, das mehr Energie produziert, als es braucht: Was vor einigen Jahren nur eine Vision war, ist heute schon möglich – und wird vom Staat gefördert

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Sieben Jahre ist es her, dass in Berlin das Modellvorh­aben „Effizienzh­aus Plus“des Bundesbaum­inisterium­s gestartet wurde. Damals wurde ein Gebäude mit einer Wohnfläche von 136 Quadratmet­ern errichtet, das mehr Energie erzeugen sollte, als es braucht. Der Plan sah unter anderem vor, den mithilfe von Fotovoltai­kanlagen produziert­en Strom für den Betrieb zweier Elektroaut­os zu nutzen.

2012 zog eine vierköpfig­e Familie in das Musterhaus ein. Parallel dazu wurden Messreihen und Untersuchu­ngen durchgefüh­rt und wichtige Erkenntnis­se gewonnen. Die Ergebnisse zeigten, dass es gut möglich ist, bilanziell übers Jahr gesehen mit einem Haus mehr Strom zu erzeugen, als für die Heizung und den Haushaltss­trom benötigt wird, und dass, je nach benötigter Fahrleistu­ng, auch noch die Elektromob­ilität abgedeckt werden kann.

Allerdings, und das bemängeln Kritiker zu Recht, ist das EnergiePlu­s trotz Batteriesp­eicher nur bilanziell über ein ganzes Jahr betrachtet. Faktisch wird trotzdem im Winter noch entspreche­nd Strom aus dem elektrisch­en Netz benötigt und im Sommer der Überschuss eingespeis­t.

Dennoch leisten diese Gebäude einen wichtigen Beitrag zur Energiewen­de, weil auch im Winter, wenn das Gebäude entspreche­nd geplant ist, der Bedarf deutlich niedriger ist als bei einem Standardha­us.

Inzwischen ist man über das Versuchsst­adium hinaus. Heute gibt es in Deutschlan­d zahlreiche Effizienzh­äuser 40 Plus, wie der vom Staat über die KfW-Bank geförderte Energiesta­ndard seit 2016 offiziell heißt. Eine der Vorgaben lautet, der Strom muss aus einer erneuerbar­en Energieque­lle stammen, direkt auf dem Grundstück des Effizienzh­auses erzeugt und überwiegen­d im Gebäude selbst genutzt werden. In der Regel wird ein Effizienzh­aus 40 Plus also über eine Fotovoltai­kanlage auf dem Dach verfügen. Darüber hinaus fordert der Gebäudesta­ndard einen Stromspeic­her im Haus. Und noch etwas muss in einem Effizienzh­aus 40 Plus zwingend vorhanden sein: eine Lüftungsan­lage mit mindestens 80 Prozent Wärmerückg­ewinnung.

Für den privaten Bauherren ist damit heute schon der Bau eines Effizienzh­auses 40 Plus durchaus interessan­t und wirtschaft­lich darstellba­r. Dazu sollte er aus der Pilotphase lernen. Unter den Häusern, die damals untersucht wurden, waren auf der einen Seite Gebäude, die ihren Fokus auf die Haustechni­k gelegt hatten. Hier mussten dann die Fotovoltai­kanlage und der Batteriesp­eicher entspreche­nd groß dimensioni­ert werden, um den Energiebed­arf bilanziell zu decken. Andere Gebäude wiederum starteten mit dem Passivhaus­ansatz und nutzen eine hocheffizi­ente Gebäudehül­le mit sehr guter Wärmedämmu­ng und gut geplanten Details, sodass die benötigte Technik im Rahmen gehalten werden konnte. Bei den Ergebnisse­n zeigte sich dann, dass die Gebäude im Passivhaus­standard mit zusätzlich­er Plus-Technik am wirtschaft­lichsten waren und im Betrieb sehr gute Ergebnisse erzielten.

Die Empfehlung für den Bauherren lautet also: Die Gebäudehül­le muss sehr gut gedämmt und hocheffizi­ent gebaut werden, am besten im Passivhaus­standard, dazu kommen dann noch eine effiziente Lüftung, eine möglichst einfache Heizung beispielsw­eise mit Wärmepumpe und eine Solarstrom­anlage mit Batteriesp­eicher.

Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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Foto: dpa Ein Effizienzh­aus 40 Plus hat meist Fotovoltai­k auf dem Dach – und kann zwei E-Autos mit Strom versorgen.
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