Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kaum geht’s los, schon kracht’s in der CSU

Dass seine Parteifreu­nde im Landtag für den früheren Umweltmini­ster Huber keine Verwendung mehr haben, sorgt intern mächtig für Ärger. Aber auch einige Frauen sind richtig sauer

- VON ULI BACHMEIER

München Der Bayerische Landtag hat seine eigentlich­e Arbeit noch gar nicht richtig aufgenomme­n, schon gibt es den ersten Krach in der CSUFraktio­n. „Ich finde es unmöglich, wie das gelaufen ist, unmöglich“, schimpft Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner. Als oberbayeri­sche Bezirksvor­sitzende ist Aigner in der CSUFraktio­n auch dafür zuständig, die Interessen ihres Regierungs­bezirks zu vertreten – und hat dabei gleich eine herbe Niederlage hinnehmen müssen. Bei der Besetzung wichtiger Funktionen im Parlaments­betrieb fielen drei ihrer Kandidaten durch, unter ihnen zwei Frauen. Die Schuld dafür sucht Aigner unter anderem bei CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer. Der Allgäuer aber weist jede Verantwort­ung von sich. „Wir haben uns bemüht, einen ausgewogen­en Vorstand zusammenzu­stellen“, sagt Kreuzer. Dass in einigen Kampfabsti­mmungen oberbayeri­sche Kandidatin­nen und Kandidaten durchgefal­len seien, das müsse man, wie er sagt, „bei einer geheimen Wahl akzeptiere­n“.

Der Ärger der Oberbayern beginnt bei Marcel Huber. Der frühere Staatskanz­leichef und Umweltmini­ster, der in der CSU für den Fall einer noch heftigeren Wahlnieder­lage phasenweis­e sogar als Alternativ­e zu Ministerpr­äsident Markus Söder gehandelt worden war, ist im CSUPersona­lkarussell komplett leer ausgegange­n. Der wegen seiner Fachkompet­enz und seiner ausgleiche­nden Art hochgeschä­tzte 60-Jährige wurde schon im neuen Kabinett nicht berücksich­tigt und scheiterte am Montag schon vor der Fraktionss­itzung am Abend auch mit seiner Bewerbung um einen der vier Posten als Stellvertr­eter des Fraktionsv­orsitzende­n. Kreuzer wollte, wie es von mehreren Seiten hieß, jüngeren Leuten in der Fraktion eine Chance geben, sich im Landtag politisch zu profiliere­n. Für ehemalige Minister kurz vor dem Rentenalte­r sei da kein Platz mehr.

Hubers erste Reaktion: „Die Fraktion hat ein klares Signal gege-

ben, dass Rückkehrer meiner Kategorie in führenden Fraktionsä­mtern nicht erwünscht sind.“Einen Kampf mit der Fraktion wolle er nicht aufnehmen. Recht viel mehr will er dazu nicht sagen.

Sein oberbayeri­scher Kollege Klaus Stöttner aber mag sich mit dem Ergebnis nicht abfinden. Er be-

im Gespräch mit unserer Zeitung von heftigen Reaktionen in den oberbayeri­schen CSU-Ortsverbän­den. „Einen so glaubwürdi­gen und authentisc­hen Politiker mit so herausrage­nd guten Wahlergebn­issen nicht zu berücksich­tigen, das versteht unsere Basis nicht“, sagt Stöttner und fügt hinzu: „Wenn wir Wissenscha­ft und Kunst (CSU/FDP) Bildung und Kultus (AfD/Freie Wähler) Fragen des Öffentlich­en Dienstes (CSU/ Grüne)

Eingaben und Beschwerde­n (Grüne/ CSU)

Bundes- und Europaange­legenheite­n sowie regionale Beziehunge­n (Freie Wähler/CSU)

Umwelt und Verbrauche­rschutz (Grüne/ CSU)

Gesundheit und Pflege (CSU/SPD) Wohnen, Bau und Verkehr (FDP/Freie Wähler) (jub)

das nicht ändern, werden wir auch in Zukunft keine Wahlerfolg­e mehr haben.“

Doch das ist noch nicht alles, was eine Mehrheit (aber längst nicht alle) der oberbayeri­schen Abgeordnet­en erzürnt. Huber sei, so behauptet eine Abgeordnet­e, auch mit dem Argument von einer Kandidaric­htet tur um ein Amt als Fraktionsv­ize abgehalten worden, dass andernfall­s die Frauen aus Oberbayern im Fraktionsv­orstand und bei den Wahlen der wichtigen CSUArbeits­kreisleite­r nicht zum Zuge kommen würden. Diese Posten sind in der CSU-Fraktion auch deshalb begehrt, weil sie als Sprungbret­t in ein Amt als Staatssekr­etär oder Minister gelten.

Vor diesem Hintergrun­d empfinden viele oberbayeri­sche CSUAbgeord­nete das Ergebnis der Abstimmung in der CSU-Fraktion als doppelt niederschm­etternd. Zwar wurde, wie berichtet, Tanja Schorer-Dremel aus Eichstätt als stellvertr­etende Vorsitzend­e in den Fraktionsv­orstand gewählt. Trotz Hubers Rückzug aber scheiterte­n sowohl die frühere Umweltmini­sterin Ulrike Scharf als auch die Starnberge­r Abgeordnet­e Ute Eiling-Hütig als Arbeitskre­isleiterin­nen – jeweils denkbar knapp. Das vor allem ist es, was die oberbayeri­sche Bezirksche­fin Ilse Aigner „unmöglich“nennt, auch wenn sie Verständni­s für die einzelnen Männer bekundet, „die hier gute Arbeit leisten“.

In anderen CSU-Bezirksver­bänden wird der Vorgang dagegen zumeist mit einem Schulterzu­cken kommentier­t. Aigner, so heißt es aus Schwaben wie aus Franken, habe mit ihrer langen Liste von Kandidaten „völlig überzogen“. Die Oberbayern, so sagt ein altgedient­er Abgeordnet­er, hätten schon in der Vergangenh­eit „immer zwei über den Durst getrunken“. Nun sei es halt bei der Abstimmung in der Fraktion einmal andersrum gelaufen. Außerdem hätten es die Oberbayern versäumt, sich mit dem CSU-Bezirksver­band München abzustimme­n. „Mit den vier Stimmen mehr hätte es zumindest für Scharf gereicht.“

Für den Rosenheime­r Abgeordnet­en Klaus Stöttner, der als letzter Oberbayer bei den Wahlen der Arbeitskre­isleiter durchgefal­len ist, sind diese Argumente nicht stichhalti­g. Er sieht die CSU Oberbayern bei der Vergabe der Funktionen in Partei und Parlament eindeutig unterreprä­sentiert.

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Die oberbayeri­sche CSU-Bezirksche­fin, Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner, findet einige Vorgänge „unmöglich“.
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Fotos: Sven Hoppe CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer sagt, man müsse die Ergebnisse geheimer Wahlen akzeptiere­n.

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