Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was sich auf der Baustelle am Schmiedber­g tut

Eigentlich sollte der Umbau des Gebäude-Komplexes in diesem Jahr fertig werden. Es dauert länger, denn die Arbeiter machten zahlreiche Entdeckung­en – lästige aber auch kuriose

- VON CHRISTOF PAULUS

Wer im Hohen Weg steht und nach Osten schaut, sieht seit Langem ein ähnliches Bild: Baugerüste, Arbeiter, Maschinen. Ein ganzes Haus wurde abgerissen. Bald wird sich das Bild ändern, wie Geza Varga und Wolfgang Fratz sagen. Einige Bauabschni­tte werden allerdings mit wohl einem Jahr Verspätung fertig gestellt – denn bei den Arbeiten erwiesen sich die Gebäude als eine wahre Fundgrube.

Geza Varga ist der Architekt des Gebäudes, Wolfgang Fratz Vertreter der Bauherren. Vor einigen Jahren kaufte das Immobilien­unternehme­n ALS die Gebäude am Schmiedber­g zwischen Hohem Weg und Belzmühlgä­ßchen, 2015 begannen die Arbeiten an den sanierungs­bedürftige­n Häusern. Von einer Plane geschützt lehnt ein schwerer Stein unter der Galerie in Richtung Schmiedber­g an der Häuserwand, eine halb verdeckte Inschrift darauf weist noch auf die früheren Nutzer der Gebäude hin: die Handwerksk­ammer. Sie wird nicht wieder hierhin ziehen, zu Fuß drei Minuten vom Rathaus und einen sehr kurzen Steinwurf von den Stadtwerke­n entfernt. Der Bezirk Schwaben ist es, der das Gebäude mieten wird.

Der vom Hohen Weg abgewandte Teil des Gebäudekom­plexes wird dann Mitte des nächsten Jahres fertig sein, der Teil direkt an der Straße erst zum Ende des Jahres.

Vorgesehen war die Fertigstel­lung eigentlich bereits noch in diesem Jahr. „Mit Ausnahme eines Bombenfund­es aus dem Krieg haben wir eigentlich alles durchgemac­ht“, erklärt Wolfgang Fratz. Seine gute Laune hat ihn das nicht gekostet: Damit müsse man eben rechnen und leben, sagt er.

Die größte Aufgabe für Architekt Varga dürfte die Wand gewesen sein, die es mittlerwei­le gar nicht mehr gibt: Es stellte sich heraus, dass diese seinerzeit ohne Fundament in die Höhe gezogen wurde, sich mittlerwei­le nach außen hin zu neigen begann und der Mörtel schlecht war, wie Varga erzählt. Dies war allerdings nicht einmal ein großes Problem – bis jedoch das angrenzend­e, mittlere der drei Häuser in der Reihe am Hohen Weg abgerissen wurde. Die Wand war nicht mehr tragfähig, das Gebäude musste gesichert und die Wand abgetragen werden.

Zu allem Überfluss ging auch noch die beauftragt­e Baufirma pleite. „Ein Glücksfall“, wie Fratz rückblicke­nd aber sagt. Er und Varga sind mit der erneuten Vergabe das Auftrages glücklich, überschlag­en sich mit Lob für die Arbeiter: „Sie sind richtig produktiv und fleißig“, sagt Varga. Das hält sie jedoch nicht davon ab, die Baustelle einen „Griff ins Klo“zu nennen – doch nicht etwa, weil es dort drunter und drüber gehen würde, sondern wegen eines weiteren Fundes im Bereich des Innenhofes: Fünf Latrinen habe man ausgegrabe­n, sagt Varga, ebenso wie mit starken Schadstoff­en kontaminie­rtes Material. All diese Funde seien schon Jahrhunder­te alt, unter anderem wohl Überreste einer Apotheke, die hier früher gestanden haben könnte. „Arsen und ähnliches Material haben sie einfach hinterm Haus weggeworfe­n“, mutmaßt Varga. All das habe behördlich überprüft werden müssen, genauso wie der Denkmalsch­utz lange nach möglicherw­eise schützensw­erter Bausubstan­z gesucht habe. „Jetzt dürften uns aber keine weiteren Verzögerun­gen mehr dazwischen kommen“, ist Fratz optimistis­ch. Zeitdruck vom Bezirk Schwaben als Mieter sollten die Beiden aber keinen spüren.

„Solche Verzögerun­gen muss man bei Bauvorhabe­n in der Größe immer in Kauf nehmen“, sagt Birgit Böllinger vom Bezirk Schwaben. Die Verwaltung sei auch in den bisherigen Räumlichke­iten gewährleis­tet, der Umzug zum Schmiedber­g wird eben dann erfolgen, sobald er möglich ist. Eine andere Option bleibt auch dem Sushi-Restaurant nicht, das als Nutzer des Hauses vorgesehen ist, das in der noch klaffenden Abbruchlüc­ke wieder neu aufgebaut werden soll. Gleich hinter dem Gebäude soll ein neuer Innenhof entstehen, darunter eine Tiefgarage. Weil Varga befürchtet, dass durch die alte Kanalisati­on in der Umgebung das Wasser nicht mehr aus dem Hof ablaufen kann, wenn es stark regnet, hat er außerdem speziell dafür ein Ablaufbeck­en bauen lassen.

Jetzt hoffen Varga und Fratz noch darauf, dass auch die benachbart­e Baustelle im tiefer gelegenen Bereich des Schmiedber­gs bald fertig wird, auch wenn sie mit diesem Vorhaben nichts zu tun haben – denn die Umgebung „ihres“Baus würde das sicher aufwerten. Schon jetzt kann man vom Dach des Gebäudes weit über die Dächer der Stadt blicken. Und weiter unten wird sicher auch der Stein mit der Inschrift der Handwerksk­ammer seinen Platz finden.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Architekt Geza Varga und Wolfgang Fratz, Vertreter des Bauherren, an der Baustelle am Schmiedber­g.
Foto: Annette Zoepf Architekt Geza Varga und Wolfgang Fratz, Vertreter des Bauherren, an der Baustelle am Schmiedber­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany