Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Nadelprobe im Wohnzimmer
Verlieren die Christbäume in diesem Jahr ihr Kleid früher? Produzenten im Norden schlagen Alarm
Landkreis Augsburg An Weihnachten ist der trockene Sommer gedanklich längst Vergangenheit. Trotzdem könnte er noch Ärger machen: Verlieren die Christbäume in diesem Jahr früher als sonst ihre Nadeln? „Das ist unklar“, sagt Ulrich Zott vom gleichnamigen Obsthof in Ustersbach. Er befasst sich seit vielen Jahren leidenschaftlich mit den kleinen Bäumen. Er hat in Skandinavien sogar Kurse belegt, um mehr über den optimalen Christbaum herauszufinden. Nach dem Rekordsommer steht für Zott fest: Wer auf Nummer sicher gehen und keine Nadelprobe riskieren will, besorgt sich am besten einen frischen Baum aus der Region.
Auf den Standort kommt es an
Ob dauerhafte Hitze und Trockenheit den Bäumen zu schaffen machen, sei vor allem eine Frage des Standorts, meint Rudolf Buchner. Er hat bei Fischach eine Christbaumkultur. „Der Boden bei uns hält das Wasser besser“, erklärt er. Sein Kollege Martin Link aus Heretsried ergänzt: „Bei kiesigen und sandigen Böden könnte es für Bäume eng werden.“Er hat bereits von der schwierigen Situation vieler Christbaumproduzenten aus dem Sauerland gehört.
Nach mehreren Wochen fast ohne Regen bangten die Betreiber von großen Weihnachtsbaumplantagen im Sommer um ihre Jungpflanzen. Der Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger schlug Alarm und rechnete je nach Standort mit Ausfällen von bis zu 70 Prozent – die könnten dann in einigen Jahren für die Kunden spürbar werden.
Drohen auch Ausfälle im Augsburger Land? Wohl kaum. „Da wir bis Ende Juni ausreichend Niederschläge bekommen haben, und unsere Böden Wasser gut speichern, stehen die eigenen Kulturen gut da“, sagt Hubert Droste, der Leiter des Forstbetriebs Zusmarshausen der Bayerischen Staatsforsten, der sich um rund 14000 Hektar kümmert. Der Forstbetrieb verkauft seit vielen Jahren Christbäume unter anderem auf dem Weihnachtsmarkt im Kloster Oberschönenfeld. Ein Teil des Erlöses wird an die Kartei der Not gespendet.
Sich gar nicht erst auf ein Risiko beim Nachwuchs einlassen will Ulrich Zott. Der Ustersbacher sucht deshalb nach Alternativen. Wer beispielsweise auf den Lieblingsweihnachtsbaum der Deutschen – die Nordmanntanne – verzichten will, könne auch der sogenannten Frasertanne den Vorzug geben.
Die Baumart aus Nordamerika habe laut Zott mehrere Vorteile: „Sie schaut der Nordmanntanne ähnlich. Sie hält ihre Nadeln. Und sie versprüht ein zitroniges, waldartiges Aroma.“Zott schwärmt von der Baumart: „Alle Kunden, die sie bisher hatten, wollen sie wieder haben.“
Die Frasertanne ist übrigens nicht der einzige Neuling, den sich Zott geholt hat. Immer wieder greift er zu Exoten, um zu prüfen, wie sie sich im Augsburger Land machen. Auch die Staatsforsten hat eine große Versuchreihe begonnen – es geht allerdings nicht um Christbäume, sondern um die forstliche Zukunft Bayerns. Sie wächst auf einer Fläche von gut 5000 Quadratmetern, versteckt im Lindacher Forst zwischen Biburg und Horgau, heran.
Im Frühjahr wurden dort Baumarten gepflanzt, die in 100 Jahren dem prognostizierten Klimaänderungen gewachsen sein sollen. Die Experten hoffen, dass sie in der Zukunft das Spektrum der Nadelholzarten in Süddeutschland einmal erweitern können. Die Wahl für den besonderen Versuch fiel auf Atlasund Libanonzeder sowie Türkentanne, weil sie jetzt schon unter Klimabedingungen wachsen, die für Schwaben in einigen Jahrzehnten erwartet werden. Der Türkentanne gefällt’s offenbar nicht auf dem Versuchsfeld der Bayerischen Staatsforsten: Die meisten der kleinen Pflänzchen sind im Frühjahr verkümmert.