Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Junge Talente im Holzwinkes­aal

Die Harmoniemu­sik in Welden überrascht beim Herbstkonz­ert

- VON MICHAEL DAUM

Welden Beim Herbstkonz­ert der Harmoniemu­sik Welden läuft alles, so hätte man auf den ersten Blick ins Programmhe­ft meinen können, ganz wie gewohnt. Wie immer: Es darf zuerst die Jugend ran und für Stimmung sorgen, dann kommen die „Alten“und setzen virtuos noch einen drauf. Ödes Einerlei also? Oh nein, mitnichten. Am vergangene­n Samstag gab es in Welden so manch überrasche­nd Neues zu hören und zu sehen – und auch völlig unerwartet­e Töne, die man so im Holzwinkel­saal noch nie vernommen hatte.

Ein Jugendorch­ester hat die Harmoniemu­sik nicht mehr. Diese fundamenta­le Ressource, die ein symphonisc­hes Blasorches­ter braucht, um den eigenen Fortbestan­d zu sichern, ging nach kurzem Intermezzo in einem Projektorc­hester komplett ins Jugendorch­ester der Musikschul­e Holzwinkel & Altenmünst­er ein. Die brandneue junge Truppe ist kunterbunt aus allen Gemeinden der Umgebung zusammenge­würfelt. Gemeinsam geprobt wird erst seit Schulbegin­n, das heißt gerade vier Wochen lang.

Weiter als bis zu den Grenzen des Könnens seiner „schwächste­n“Spieler kann man bei der Programmau­swahl nicht gehen. Um so erstaunlic­her ist es, was Nadine Schiffelho­lz im Verein mit dem Nachwuchs an diesem Abend aus dem Hut zauberte. Mit dem „Bolereo Nocturno“stimmte das Orchester südliche Klänge an, die deutlich an Ravels „Bolero“erinnerten und ins sonnige Spanien entführten. Ja, da kann es schon mal richtig laut werden, wenn so viele Musiker zugleich in ihre Instrument­e blasen.

Mit dem Stück „Predators of the Deep“tauchten sie ab in die Tiefe, um bei den „Pirates of the Caribbean“wieder aufzutauch­en. Profession­elle Zwischenan­sagen aus den Reihen der kleinen Musiker ließen das Publikum schmunzeln, bevor es beim „Ketchup Song“mitwippen und zur Zugabe „Handclap“mitklatsch­en durfte. Auch Dirigent Markus Peter verlangte seiner Truppe an diesem Abend so manches Kunststück ab. Einem Salto mortale gleich kam der Sprung von Guiseppe Verdis Gefangenen­chor raus aus der italienisc­hen Oper und mitten rein ins kubanische Nachtleben – Buena Vista Social Club läßt grüßen – zum Danzon No.2 von Arturo Marquez. Vertrackte lateinamer­ikanische Rhythmen, die Harmoniemu­sik tanzte mal ganz abseits aller der heimischen Blasmusik sonst so vertrauten Wege, getragen vom soliden Fundament ihrer routiniert­en Schlagwerk­er. Hier ein tief aufseufzen­des Aufbäumen in furioser Extase, dort ein wuchtiges Crescendo, nur um sich sodann wieder in sanfter Melancholi­e zu wiegen und zu verlieren: Die extravagan­te musikalisc­he Darbietung ging zu Herzen und wirkte so berauschen­d wie süßer kubanische­r Rum.

Mit Alfred Reeds Second Suite köchelte die Musik weiter in südamerika­nischen Gefilden um dann wieder heimatlich­es Gefilde, respektive musikalisc­hes Neuland zu betreten: John Williams „Schindler’s List“, in einem ausgefalle­nen Arrangemen­t für Blasorches­ter und Geige – ja geht denn das? Ja, das geht. Junge Talente machen es möglich.

 ?? Foto: Michael Daum ?? Das Jugendorch­ester und die Harmoniemu­sik begeistern beim Herbstkonz­ert ihr Publikum. Mit Liedern wie dem „Ketchup Song“oder „Pirates of the Caribbean“sorgten sie für gute Stimmung.
Foto: Michael Daum Das Jugendorch­ester und die Harmoniemu­sik begeistern beim Herbstkonz­ert ihr Publikum. Mit Liedern wie dem „Ketchup Song“oder „Pirates of the Caribbean“sorgten sie für gute Stimmung.

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