Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gar nicht so schwer: Chinesisch für Anfänger
Die Gymnasien in Diedorf und Neusäß bieten seit Kurzem gemeinsam die Sprache an. Das Ziel: Schon im Sommer sollen die Jugendlichen einfache Sätze sprechen können
Diedorf Was ist denn das für eine Sprache? Keine Grammatik, keine Zeiten, nicht einmal Buchstaben? Ganz klar: Das ist Chinesisch und „einfach cool“, wie Teilnehmer des neuen Wahlkurses in dieser Sprache finden. Seit Beginn des Schuljahres lernen 17 Gymnasiasten des Neusässer Justus-von-Liebig-Gymnasiums und des Diedorfer SchmuttertalGymnasiums diese Sprache. Schon Ende des Schuljahres sollen sie so weit sein, dass sie auf der Straße in China einfache Alltagsdialoge führen könnten, hat sich Lehrerin Yelai Chen vorgenommen.
Sie ist der Dreh- und Angelpunkt des Projekts. Erst durch ihre Bewerbung sei ihr die Idee für das Angebot des Wahlfachs Chinesisch gekommen, erzählt die Mitarbeiterin der Schulleitung am Neusässer Gymnasium, Birgit Schöffler. Weil es vom Kultusministerium zusätzliche Mittel für die Kooperation zweier Nachbargymnasien gibt, konnte sie schnell auch ihren Kollegen Alexander Petrovici vom Schmuttertal-Gymnasium für ein Angebot dieses ungewöhnlichen Wahlfachs begeistern. Das könnte der Startpunkt für ein freundschaftliches Miteinander der beiden Schulen sein, hofft dieser.
Und so lernen nun seit ein paar Wochen Gymnasiasten der achten und neunten Jahrgangsstufe beider Gymnasien zusammen Hochchinesisch, also Mandarin – und das zusätzlich zu ihrem regulären Stundenplan. Freilich sei da die faszinierende Kultur des Landes China sicher oft ein Beweggrund, glaubt Alexander Petrovici. Neugier und Begeisterung, das sei aber doch sicher bei den meisten der Grund für den Wahlkurs. Der findet abwechselnd ein paar Wochen in Neusäß und dann in Diedorf statt.
Die Chinesisch-Lehrerin Yelai Chen ist bereits seit 20 Jahren in Deutschland, das sie als ihre zweite Heimat betrachtet. Sie unterrichtet die Schüler in Mandarin. „Manche finden die Sprache höchst melodiös, andere finden die Schriftzeichen so bildhaft und möchten den Zugang dazu lernen“, erklärt sie. Für die Schüler selbst ist da aber noch etwas anderes. So finden die einen es einfach cool, so eine außergewöhnliche Sprache zu lernen, andere sind fasziniert von der alten Kultur mit langer Geschichte und wollen tiefer eintauchen.
Momentan sind die Schüler bei Lektion drei und werden mit der notwendigen Umgangssprache vertraut gemacht. Sie lernen dabei, wie man sich vorstellt, „Danke schön“, „guten Tag“oder „Auf Wiedersehen“stehen momentan an vorderster Stelle, und so heißt es auch freundlich zur Begrüßung schon gewandt „Ni hao“. „Dazu“, so erklärt Chen, „lernen die Jugendlichen leichte Schriftzeichen und warum sie gerade so kombiniert werden.“Für jemanden, der gar kein Chine- sisch kann, sind die Schriftzeichen sehr schwer, denn Teile der Schriftzeichen werden wie Bausteine verwendet und damit jongliert.
Die Sprache an sich sei aber keineswegs schwer. Sie hat keine Grammatik. Begriffe wie Plural, Zeiten, Fälle oder Konjugation sind im Chinesischen nicht vorhanden. Ziel am Ende des Schuljahres ist es, die Umgangssprache so zu beherrschen, dass die Schüler, wenn sie auf der Straße einem Chinesen begegnen, einfache Dialoge führen können.
Warum sollten junge Deutsche nun nach Meinung von Chen Chinesisch lernen? „Für Deutschland ist es immer klarer geworden, dass viele Unternehmen von Chinesen übernommen wurden, auch ist es sicher sehr positiv, wenn sie die werdende Weltsprache einmal beherrschen“, erklärt sie.
Schon länger mit Chinesisch beSchüler fasst sich Noah Marz, er lernte bereits in Privatstunden bei Yelai Chen. Als außergewöhnlich guter Schüler war er mit dem normalen Unterrichtsstoff nicht immer ausgelastet, sodass seine Mutter ihm vorschlug, Chinesisch zu lernen. Jetzt besucht er seit diesem Schuljahr das neu angebotene Wahlfach. Natürlich hat er jetzt einigen Vorteil, da ja schon ein gewisses Grundwissen vorhanden ist. Aber auch für den Zwölfjährigen gibt es noch etwas zu lernen, nämlich dass er mit dem Zug von Neusäß nach Diedorf fahren muss.
Seine Mitschülerin Katharina Neuß ließ sich von Yelai Chen bei der Vorstellungsstunde begeistern. Sie findet die Sprache jedenfalls „cool“, auch wenn die Aussprache doch sehr schwer ist. „Es ist aber etwas ganz anderes, wenn man sagen kann, man beherrsche Chinesisch“, erklärt sie.