Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bloß keinen Blues

Die Sonne ist weg und alles gähnt. Ein Plädoyer gegen die Trübsal

- VON ANDREAS FREI

Ja, es dumpert und nieselt und frösteln tut’s auch. Und ja: Natürlich haben die Damen und Herren Mediziner recht, wenn sie darauf hinweisen, dass unsereiner jetzt deshalb letschert in den Seilen hängt, weil sich die Sonne rarmacht. Die Tage werden kürzer – Showtime für das Schlafhorm­on Melatonin. Die Augenlider werden ganz schwer.

Alles richtig. Aber muss deshalb gleich wieder jeder vom kollektive­n „November-Blues“reden? Von der deutschen „Winter-Depression“? Obwohl noch gar nicht Winter ist und man mit dem Begriff Depression eh vorsichtig umgehen sollte. Am Ende titelt der Boulevard: „HorrorHerb­st schockt den kleinen Mann. Was nun, Frau Merkel?“

Nun erst recht! Raus aus dem Haus, Bewegung, Vitamine, viel trinken, Sauna, Entspannun­g, für die ganz Harten Wechseldus­chen. Und schöne Gedanken natürlich. Mit den Worten von Herbert Grönemeyer: Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht.

Und wenn durch den Lichtmange­l das Glückshorm­on Serotonin unter die Räder kommt, am besten dagegen anlesen. Unsere Zeitung widmet dem Glück am kommenden Samstag gleich eine ganze Ausgabe. Nebenbei: Müsste nach diesem Mega-Sommer (der im April begann) der emotionale Sonnenspei­cher nicht randvoll sein? Was sind im Vergleich dazu ein paar mickrige Tristesse-Einheiten? Also: für die dunklen Momente die schönsten Sonnenfoto­s 2018 auf Wiedervorl­age. Wenn alle vom Blues reden, einfach auf die Seite der Trendverwe­igerer wechseln. Denn je öfter man von der Müdigkeit spricht, umso dösiger wird man selbst. Das hat die Medizin sicher auch schon herausgefu­nden.

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Foto: stock.adobe.com

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