Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fünf Rettungseinsätze, die in Erinnerung bleiben
Seit zehn Jahren gibt es die zentrale Leitstelle bei der Augsburger Feuerwehr. Wer in unserer Region die 112 wählt, der landet hier. Die Mitarbeiter am Telefon erleben dramatische Geschichten – und immer wieder auch Kurioses
Augsburg Wenn es brennt oder jemand schnell medizinische Hilfe benötigt, dann wählt man die 112. Die Nummer ist bekannt. Weniger bekannt dagegen ist der Ort, an dem die Notrufe angenommen werden. Seit zehn Jahren gibt es die zentrale Rettungsleitstelle bei der Berufsfeuerwehr in Augsburg. Die Mitarbeiter sitzen in der Feuerwache an der Berliner Allee, sie sind zuständig für die Stadt und den Kreis Augsburg sowie für die Kreise Aichach-Friedberg, Dillingen und Donau-Ries. Über zwei Millionen Notrufe sind in den zehn Jahren hier eingegangen. Darunter waren zahlreiche dramatische und teils auch kuriose Fälle.
Bergsteiger in Georgien in Not
Im September 2015 geht bei der Leitstelle in Augsburg ein besonderer Notruf ein. Am Telefon ist der Bruder eines Bergsteigers, der bei einer Tour in Georgien in eine Notlage geraten ist. Der Bergsteiger hat seinen Bruder, der im Raum Augsburg lebt, per Satelliten-Telefon kontaktiert. Er sagt, er sei verletzt und befinde sich in einem Basislager auf 3100 Metern Höhe. Ein Mitarbeiter der Leitstelle telefoniert daraufhin sofort mit der georgischen Botschaft in Berlin, danach noch mit der deutschen Botschaft im georgischen Tiflis. In Zusammenarbeit mit der Rettungsleitstelle in Traunstein und der schweizerischen Rettungsflugwacht werden die Koordinaten, die der verunglückte Bergsteiger mitgeteilt hat, genau abgeglichen. Aufgrund der genauen Koordinaten kann der Verletzte metergenau lokalisiert werden. Rund 45 Minuten nach dem Notruf ist ein georgischer Rettungshubschrauber in der Luft. Die Besatzung findet den Verletzten und versorgt ihn. Weil sie wegen des schlechten Wetters nicht sofort wieder abfliegen kann, erfolgt dann am nächsten Morgen der Transport ins Krankenhaus.
Ein Baby wird wiederbelebt
Im Juni 2012 erlebt eine Mitarbeiterin der Leitstelle einen Einsatz, den sie nicht vergessen wird. Abends, gegen 20 Uhr, geht der Notruf ein. Die verzweifelten Eltern eines acht Wochen alten Kindes sind dran. Die Mitarbeiterin der Leitstelle hat zuvor mehrere falsche Notrufe erhalten. Doch nun erkennt sie sofort, dass dieser Anruf ernst ist. Es meldet sich ein besorgter Vater. Er sagt, sein Kind atme nicht mehr, es sei auch kein Puls mehr feststellbar. Auf den Notarzt zu warten, könnte zu lange dauern. Sofort beruhigt die Leitstellen-Mitarbeiterin deshalb die Eltern und gibt per Telefon Anweisungen, wie sie das Baby wiederbeleben können. Der Mann gibt die Anweisungen an seine Frau weiter. Die Mutter kann die präzise Anleitung für ihr acht Wochen altes Baby perfekt umsetzen. Dann kommen die Retter und übernehmen. Das Baby wird ins Krankenhaus gebracht. Die Leitstellen-Mitarbeiterin bekommt später die Rückmeldung aus dem Krankenhaus: Dem Baby geht es soweit gut, es atmet und schreit wieder. Die Mutter bedankt sich noch von der Klinik aus bei der telefonischen Helferin.
Kommissar Zufall hilft mit
Ein kleines Kind aus Gersthofen „probiert“im Dezember 2014 den Notruf aus. Was es dabei nicht ahnt: Der Feuerwehr ist gerade der Hund der Familie zugelaufen. Es spielt sich so ab: Die Gersthofer Feuer- wehr wird an einem Samstag gegen 15 Uhr zu einem entlaufenen Dalmatiner gerufen. Die Helfer bringen den jungen Hund zuerst zum Feuerwehrhaus, bevor sie ihn ins Tierheim fahren wollen. Fast gleichzeitig wählte ein kleines Kind die 112. Ein Mitarbeiter der Leitstelle nimmt den Anruf entgegen – und hört am Ende der Leitung eine sehr junge Stimme. Der Mitarbeiter fragt den kleinen Notrufer, ob seine Eltern da seien. Das Kind bestätigt das – und legt auf. Der Mann aus der Leitstelle ruft die angezeigte Telefonnummer zurück, um sicherzustellen, dass keine Gefahr vorhanden ist. Er erreicht den Vater und bittet ihn, dem Kind zu erklären, dass man die Feuerwehr nicht einfach so anrufen darf. Der Vater bestätigt das. Und nutzt gleich die Gelegenheit, die Feuerwehr um Hilfe zu bitten. Seinen Kindern sei nämlich gerade der Hund entlaufen – ein junger Dalmatiner. Das Ergebnis: eine schnelle Familien-Hund-Zusammenführung.
Wenn ein Rauchmelder nervt
Rauchmelder sollen laut piepsen und damit Leben retten. Dumm nur, wenn sie ohne Feuer losgehen und nicht mehr aufhören wollen. So geht es einem Mann im Juli 2013 in Augsburg. Der Rauchmelder geht vermutlich wegen eines technischen Defekts los. Da das Gerät eine fest eingebaute Batterie hat, weiß er sich nicht anders zu helfen, als das extrem laut piepsende Gerät abzumontieren und kurz auf einem Sims vor einem Dachgeschossfenster zwischenzulagern. Allerdings bleibt der Rauchmelder dort nicht liegen, sondern kullert über die Dachschräge in die Dachrinne und fällt ins Fallrohr, wo er stecken bleibt. Das Blechrohr verstärkt das ohrenbetäubende Piepen auch noch. Der Wohnungsbesitzer versucht zunächst, sich eine Hebebühne auszuleihen, hat aber damit keinen Erfolg. Schließlich ruft er die Berufsfeuerwehr – auch wenn es gar nicht brennt. Deren Einsatzkräfte fischen mithilfe der Drehleiter den lärmenden Rauchmelder aus dem Fallrohr.
Eine Katze als Brandstifter?
Die Ursache für einen Einsatz im Februar 2010 in der Augsburger Altstadt ist kurios. Offenbar aktiviert eine Katze in einer menschenleeren Wohnung beim Herumstreifen das elektronische Bedienfeld eines Herdes. Es entsteht Rauch, der einen Rauchmelder auslöst. Ein Nachbar hört den Alarm und wählt den Notruf. Brandschäden entstehen durch den rechtzeitigen Einsatz nicht. Die Feuerwehr bringt zudem einen Hund aus der Wohnung in Sicherheit – er wird aber nicht als Brandstifter verdächtigt.