Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Warum Schwaben ein Logistikzentrum ist
Der Raum Augsburg gehört zu den bedeutendsten Logistikregionen in Deutschland und hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Das hat Vorteile, sorgt aber auch für Herausforderungen
Es gibt nur eine Branche, deren Ausfall wir alle sehr schnell merken würden: die Logistikbranche. Können Waren nicht mehr verteilt werden, bleiben die Regale leer. Trotz dieser Notwendigkeit, hat die Branche ein Imageproblem. Sie benötigt Flächen, belastet die Umwelt und gilt als hemdsärmelig. Aber sie wächst. In Deutschland gibt es 23 Logistikregionen. Augsburg und der Wirtschaftsraum Schwaben ist eine davon. „Bereits zehn Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Schwaben sind in diesem Bereich tätig. Damit liegt der Raum Augsburg auf Platz drei aller 23 Logistikre-gionen in Deutschland“, sagt Ingrid Eibner, Geschäftsführerin des „LogisticCluster Schwaben e.V.“(LCS). Im Wirtschaftsraum Augsburg beträgt die Quote der Beschäftigten rund 6,3 Prozent.
Der „Cluster“(räumliche Zusammenballung) verbindet Wirtschaft, Universitäten und Politik, um den Wirtschaftsraum Schwaben zu stärken. Er wurde 2011 gegründet. 35 Prozent der Arbeitnehmer sind bei Logistik-Dienstleistern beschäftigt. 65 Prozent arbeiten bei Herstellern, mit hausinterner Logistik. „Es gibt aber Hersteller, die ihre Produkt-Endmontagen für Massenwaren bereits beim Logistiker durchführen lassen“, sagt Eibner. Für Arbeitnehmer von Ledvance und Fujitsu, die ihren Logistik-Arbeitsplatz verloren haben oder ihn möglicherweise verlieren werden, könnte es ein gutes Zeichen sein. Denn die Branche sucht Personal.
Warum wächst die Logistik aber gerade in Schwaben so stark? „Wir haben hier überproportional viele produzierende Unternehmen in der Region. Und die produzierten Waren müssen bewegt werden“, sagt Peter Stöferle, Geschäftsfeldleiter Handel, Verkehr und Logistik, bei der Industrie und Handelskammer Schwaben (IHK). Die IHK begleitet Wirtschaft und Politik auch in standortpolitischen Fragen. So war sie maßgeblich an der Gründung des Güterverkehrszentrums (GVZ) beteiligt. Das GVZ ist ein kommunaler Zweckverband der Städte Gersthofen, Neusäß und Augsburg. Ihr Geschäftsführer Ralf Schmidtmann be- treut die „GVZ Entwicklungsmaßnahmen GmbH“. Sie ist momentan der sichtbarste Teil dieser Entwicklung. Kurz vor der Autobahnabfahrt Augsburg-West an der Autobahn 8. Es gilt bei allen Beteiligten als Schlüsselprojekt. „Auf dem GVZGelände wird 2019 auf zehn Hektar Größe ein Containerbahnhof entstehen. Die Gesamtfläche ist 112 Hektar groß und 90 Prozent der Ansiedlungsfläche ist verkauft“, sagt Schmidtmann. „Augsburg liegt an zwei großen innerdeutschen NordSüd Güterverkehrsbahnstrecken und bekommt so endlich eine Anbindung an die Seehäfen. Darin steckt eine unglaubliche Chance für die Region“, erklärt Stöferle. Der Transport auf der Schiene entlastet die Straßen und nennt sich branchenintern Bi-Modales-System. Doch mit dem Wachstum fehlt es zunehmend an Personal. Amazon in Graben bei Augsburg, eher Händler als Logistiker, belegt immerhin ein Prozent des Arbeitsmarktanteils im Bereich der einfachen Tätigkeiten.
Die Anforderungen an den Logistiker haben durch die zunehmende Automatisierung aber zugenommen. Zur Stärkung der Branche wurden 2011 an der Hochschule Augsburg drei planmäßige Stellen für Professoren im Bereich Wirtschaft und Logistik eingerichtet. Es werden Masterstudiengänge angeboten. Für Nichtakademiker und ambitionierte Logistiker gibt es einen berufsbegleitenden Studiengang. Dauer zwei Semester. Dazu sagt Professor Florian Waibel von der Hochschule Augsburg: „Wir wollen in diesem Zertifikatsstudium analytisches und strukturiertes Denken fördern. Wichtig ist das Zusammenspiel von analogem und digitalem Handeln und vernetztes Denken über den eigenen Arbeitsplatz hinaus.“
Aktuelle Zahlen des „Frauenhofer SCS-Instituts“belegen, dass 28 Prozent der Stellen in der Logistik in Schwaben von Frauen besetzt werden. Fünf Prozent mehr als deutschlandweit.
Die Branche sucht dringend Personal