Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Von wegen typisch Mutter, typisch Vater!
Die Sozialpädagogen Doris Zahn und Kurt Nießner erklären: Es geht um die Teamarbeit in der Familie und die Akzeptanz unterschiedlicher Zugänge und Stile
Landkreis Augsburg Maike hat mit Ehemann Torsten zwei Kinder: Sohn Luca ist fünf, Tochter Leni ist zwei. Um die Betreuung der Kinder zu gewährleisten, ist Maike zuhause und hat noch nicht wieder begonnen, in ihrem Beruf als Arzthelferin zu arbeiten. Tagsüber kümmert sie sich um die Kinder. Wenn Leni in den Kindergarten kommt, möchte auch Maike wieder arbeiten. Papa Torsten verbringt vor allem an den Wochenenden viel Zeit mit seinen Kindern. Dann zeigt sich in der Familie vor allem diese Rollenaufteilung: Mit Papa Torsten dürfen die Kids auch ruhig mal sehr mutig werden, während Mama Maike eher vorsichtig mit den Herausforderungen umgeht, die sie ihren Kindern zumutet.
Ob dieses Verständnis von Erziehung in einer Familie noch heute ist oder ob der Klischee-Anteil in diesem Beispiel überwiegt, das wagen Doris Zahn und Kurt Nießner, Diplom-Sozialpädagogen von der St. Gregor Kinder-, Jugendund Familienhilfe, nicht zu entscheiden, denn die Intention in ihrer Veranstal- tung über die Rollen von Vätern und Müttern ist eine andere.
„Es geht nicht darum, auf Rollen festgelegt zu werden“, erklärt Kurt Nießner und ergänzt: „Es geht darum, zu verstehen, dass Mütter sowie Väter in ihrer ganz eigenen Verschiedenheit wichtig sind.“Geschlechterunterschiede seien vorhanden und wertvoll.
Diese gilt es anzuerkennen und abzuwerten. Beide Pole – der beschützende, fürsorgliche Part und auch das explorative Ausprobieren – sind in der Kindererziehung wichtig und machen Elternschaft auch zu einem großen Stück aus. „Wir sind ein Team“, sollte das Gefühl sein, das bei den Kindern ankommt, erklärt Doris Zahn. Unabhängig davon, wer welchen Part übernimmt.
Um diesen wichtigen Teil der Erziehungsarbeit gemeinsam bestreiten zu können, sei es wichtig, die gleiche Linie zu haben, so die Sozialpädagogin, und das bedeute: „Eltern müssen im Gespräch bleiben.“Zwar herrsche oft Konsens über die Werte, die vermittelt werden sollen, doch das „Wie“bleibe häufig unvorherrschend ausgesprochen. Praxisbeispiele dafür gibt es zuhauf. Meist werden dabei unterschiedliche Toleranzschwellen der Eltern deutlich. Ein Beispiel: Wird die Aufforderung der Eltern, den Tisch abzuräumen, hartnäckig ignoriert, gibt es zweierlei Reaktionen darauf. So kann ein Elternteil das schmutzige Geschirr auf dem Tisch besser aushalten, während das andere vielleicht dazu tendiert, den Tisch selber abzuräumen. An diesem Beispiel aus dem Familienalltag zeigt sich auch: „Es geht immer darum, eine gute Mischung zu finden“, erklärt Kurt Nießner.
Die Abkehr vom Konkurrenzdenken zwischen Müttern und Vätern sollte einem gemeinsamen Weg weichen, auf dem die Unterschiedlichkeit von Müttern und Väter auf ganz natürliche Art und Weise dazu gehört. Das wünschen sich die Sozialpädagogen, in ihrem Vortrag vernicht mitteln zu können. Und damit legen sie auch den Grundstein für ein ganz neues Rollenverständnis fernab von der strengen Aufteilung in die Mutterund Vaterrolle, hin zu dem Bewusstsein, dass unterschiedliche Zugänge und Stile sich ergänzen können und sollen.